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Mittwoch, 31. August 2011

Planet Mars (4) - Oberfläche des Mars, Albedokarten

Oberfläche des Mars

Der Planet Mars ist durch den Einsatz interplanetarer Raum-sonden mittlerweile in verschiedenen Maßstäben vollständig kartographiert worden. Die zugrundeliegenden Aufnahmen sind in speziellen Archiven erfaßt, zu Landkarten verarbeitet und, was besonders erfreulich ist, für jedermann über das Internet zugänglich. So kann sich auch ein Amateur an topographischen und geologischen Untersuchungen beteiligen, die sonst nur Fachleuten vorbehalten sind. Einen kompletten fotografischer Marsatlas auf der Grundlage der Mars-Global-Surveyor-Aufnahmen findet man  z.B.  unter 

http://www.msss.com/mars_images/moc/moc_atlas

oder bei Google-Mars  unter der URL

http://www.google.com/mars

Es lohnt sich, dort öfters einmal vorbeizuschauen.

Besonders eindrucksvoll sind die perspektivischen Aufnahmen der HRSC-Kamera (High Resolution Stereo Camera) der ESA-Sonde Mars-Express, die einen wahrhaft beeindruckenden Blick auf den roten Planeten ermöglichen. Viele neue Erkenntnisse über den geologischen Istzustand sowie über die geologische Entwicklung des Mars verdankt man gerade diesen Aufnahmen. Insbesondere die daraus mit moderner Computertechnik hergestellten Anaglyphen (das sind zweifarbige Bilder, die mit einer Rot-Blau-Brille die Landschaft dreidimensional zeigen) lassen die Landschaften des Mars auf eine völlig neue Art erleben und vermitteln dabei zugleich Einsichten, die sich aus „platten“ Bildern nur mit Mühe gewinnen lassen. Auf jeden Fall beweisen die Bilder, daß es gerade nicht so ist, daß es sich bei Mars nur (ähnlich wie Dune) um einen kalten, eintönigen Wüstenplaneten handelt, wie man noch in den 60ziger Jahren, also in der Frühzeit der Erforschung des Planeten mit Raumsonden, vermutete. Die Vielfalt der Landschaftsformen, die sich den Kameras von „Mariner“, „Viking Orbiter“, „Mars Global Surveyer“, „Mars Odyssey“ und insbesondere „Mars-Express“ sowie des „Mars Reconnaissance Orbiters“ offenbarten, hat nicht nur viele Fachleute überrascht. Die Bilder wurden auch von der Öffentlichkeit dankbar wahrgenommen und dienten nicht zuletzt als ein wahres Aushängeschild der modernen Astronautik und Planetenforschung. Sie zeigen alles andere als einen toten Planeten, wenn auch die landschaftsformenden Ereignisse, wie wir heute wissen, weit in der Vergangenheit liegen.  Über sie wird im Folgenden zu berichten sein.

Der Mars von der Erde aus - Albedokarten und die Nomenklatur der Marsoberfläche
In der Oppositionszeit läßt sich der Mars von der Erde aus am günstigsten beobachten, da zu dieser Zeit die Entfernungen minimal werden. Nur sind aufgrund der Bahnexzentrizitäten diese Oppositionen nicht alle gleich günstig. In früheren Jahrzehnten waren deshalb die sogenannten Periheloppositionen, wo die Entfernung Erde - Mars bis auf 55.8 Millionen Kilometer schrumpfen kann, für die teleskopische Marsforschung besonders interessant. Sie wurden z.B. zur Erstellung von Albedokarten und zur spektroskopischen Untersuchung ausgewählter Gebiete auf dem Mars genutzt. Auch unter den Amateurastronomen sind sie sehr beliebt, da man dann schon mit verhältnismäßig kleinen Fernrohren Oberflächendetails auf der sonst sehr kleinen orangefarbenen Marsscheibe wahrnehmen kann. Während der besonders günstigen Marsopposition von 2003 gelangen z.B. Amateurastronomen mit relativ bescheidenen Teleskopen unter Verwendung von Webcams und CCD-Kameras Marsaufnahmen, die sich mit den Fotos des Hubble-Teleskopes durchaus messen können…


Marskarte, gezeichnet von Giovanni Schiaparelli nach Beobachtungen im Zeitraum zwischen 1877-1886. Die meisten auf dieser Karte benutzten Bezeichnungen gelten heute noch.

Bereits den ersten Beobachtern, die mit ihren Fernrohren Mars betrachteten, fiel auf, daß bestimmte dunkle Strukturen bestän-dig sind und sich deshalb als feste Markierungen auf der Planetenscheibe eignen. Auf die Idee, alle diese Beobachtungen (die meist in Form von Zeichnungen festgehalten wurden) zu sammeln um daraus so etwas wie eine Marskarte zu entwickeln, kam aber erst 1869 dem englische Astronom RICHARD ANTHONY PROCTOR (1838-1888). Er entwickelte die erste „Landkarte“ in Mercator-Projektion und begründete damit die Topographie des Mars. Seine Arbeiten wurden 1875 von FRANCOIS J.TERBY (1846-1911) fortgesetzt, welcher insbesondere die Marszeichnungen von JOHANN HIERONYMUS SCHRÖTER (1745-1816) einer Neubearbeitung unterzog. Größere Fortschritte brachte aber erst die sehr günstige Perihelopposition von 1877, die der italienische Astronom GIOVANNI SCHIAPARELLI (1835-1910) ausschließlich zur Erarbeitung einer für die damalige Zeit sehr genaue Marskarte nutzte. Er ersetzte dabei auch die Benennungen von PROCTOR (der besonders die Namen von Astronomen in Verbindung mit Begriffen wie „Ozean“, „Kontinent“, „Land“ und „See“ zur Benennung auffälliger Oberflächenschattierungen verwendet hat) durch neue, meist der griechischen Antike entlehnte Begriffe, die bis heute Gültigkeit behalten haben.


Marszeichnungen von Giovanni Schiaparelli aus dem Oppositionsjahr 1877

Wie Beobachter vor ihm, unterscheidet SCHIAPARELLI dunklere Gebiete, die er analog zum Mond unter dem Begriff „Meere“ zusammenfaßt, sowie hellere Strukturen, die er als „Marskontinente“ bezeichnet. Dazu kommen noch die Polkappen, die eine jahreszeitlich bedingte Größenänderung zeigen. Darüber hinaus sind noch die „Marskanäle“ zu erwähnen, die, soweit sie reproduzierbar waren, auch eigenständige Namen erhalten haben.


Bezeichnung
Beschreibung
Beispiele
Terra (Terrae)
Landschaften, Kontinente
Noachis Terra, Terra Cimmeria, Tyrrhena Terra
Planitia (Planitiae)
Tieflandebenen
Elysium Planitia, Acidalia Planitia
Planum (Plana)
Plateaus oder Hochlandebenen
Sinai Planum, Aurorae Planum, Solis Planum
Sinus
Bucht, bogenförmige Struktur
Sinus Meridiani, Aurorae Sinus
Mare (Maria)
Meere, Senken, Becken
Mare Sirenum,   Mare Cimmerium
Mons (Montes)
Berge, Gipfel, Bergketten
Nix Olympica  (Olympus Mons), Phlegra Montes
Patera
Vulkangipfel
Hadriaca Patera,  Uranius Patera, Alba Patera
Tholus
Schildvulkan
Tharsis Tholus, Uranius Tholus
Chasma (Chasmata)
Canyon, Kluft
Candor Chasma,  Ophir Chasma, Chasma Boreale
Vallis (Valles)
Canyon, Kanal
Valles Marineris,  Kasai Valles, Dao Vallis
Fossa (Fossae)
Furche, Graben
Medusa Fossae,  Acheron Fossae
Labyrinthus (Labyrinthi)
Sich schneidende Täler oder Canyons
Noctis Labyrinthus, Ademas Labyrinthus
Mensa
Tafelberg
Ausonia Mensa,  Sacra Mensa, Protonilus Mensae


Ausgewählte Landschaften
Das zuerst bei einer globalen Bestandsaufnahme auffällt, ist die morphologische Zweiteilung der Marsoberfläche, die man als hemisphärische Dichotomie bezeichnet. Der größte Teil der südlichen Hemisphäre sowie Teile der Nordhalbkugel bestehen überwiegend aus Hochlandgebieten (1000 bis 4000 m oberhalb der „Nullhöhe“, welche auf der Erde der Meereshöhe entspricht), die eine auffallend große Dichte von Impaktkratern aufweisen, was bedeutet, daß sie offensichtlich sehr alt sein müssen.  Der größte Teil der Nordhalbkugel liegt dagegen in Nullhöhe oder darunter, mit Ausnahme der eindeutig vulkanischen Gebieten. Dazu gehören die mächtige Tharsis-Aufwölbung mit ihren riesigen Schildvulkanen (Olympus Mons, Höhe ca. 24 km) sowie das kleinere Elysium-Gebiet bei ca. 210° westlicher Länge und 25° nördlicher Breite. Dieser Teil der Marsoberfläche weist im Gegensatz zu den Hochlandgebieten nur eine geringe Dichte von Einschlagkratern auf.  Im Unterschied zu den „Highlands“ handelt es sich hier um jüngeres Material, welches das Ursprüngliche überdeckt oder verdrängt hat. Mars Express konnte 2006 in diesem Gebiet mittels seines MARSIS-Radars eine ganze Anzahl auf der Oberfläche unsichtbarer Einschlagskrater  feststellen, die ein ähnliches Alter aufweisen wie die Hochlandgebiete der südlichen Marshalbkugel.

Südlich des Marsäquators findet man zwei riesige Impaktbecken: Hellas und Argyre. Der Durchmesser des nahezu kreisförmigen Hellas-Beckens beträgt ca. 1800 Kilometer. Mit einer Tiefe von fast 4000 Metern gegenüber der Nullhöhe ist der innere Teil von Hellas - Hellas Planitia - eine der tiefsten Impaktstrukturen die man im Sonnensystem kennt. Argyre ist dagegen nur etwa halb so groß, aber mit einem Durchmesser von ca. 900 Kilometer immer noch eine äußerst imposante Impaktstruktur, die ähnlich wie das Mare Orientale auf dem Mond in einige konzentrische Ringstrukturen zerfällt. 

Die Polgebiete des Mars sind von Eiskappen bedeckt, deren Größe jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen ist. Bei günstigen Oppositionen kann man sie bereits in kleinen Fernrohren als auffälliges Oberflächendetail wahrnehmen. Die Nordkappe (Planum Boreum) hat die Gestalt eines breiten Doms, ist ungefähr 1 Kilometer dick und hat einen Durchmesser von rund 650 Kilometern. Ihr höchster Punkt fällt ziemlich genau mit dem Durchstoßungspunkt der Rotationsachse zusammen und überragt das umgebende Land um ca. 3000 Meter.

Die Südkappe (Planum Australe) ist weniger auffällig, da sie kleiner ist (ca. 450 Kilometer Durchmesser, aber rund 3000 Meter dick). Ihr Zentrum fällt interessanterweise nicht mit dem wahren Südpol zusammen.

Tharsis – Land der Riesenvulkane
Eine der wohl eindrucksvollsten Landschaften auf dem Mars ist die Tharsis-Region mit ihren imposanten Schildvulkanen, die alles in den Schatten stellen, was man von der Erde her in dieser Beziehung kennt. Benannt wurde sie nach dem antiken Königreich Tartessos (westlich von Gibraltar gelegen), von der man vermutet, daß sie mit der biblischen Landschaft Tarsis identisch ist. Sie hat einen Durchmesser von ungefähr 5000 Kilometer und erhebt sich im Mittel 10 Kilometer über die nördlichen Ebenen. 

Tharsis stellt eine dramatische Ausbeulung des Mars dar, auf der noch zusätzlich 13 und z.T. überaus gewaltige Schildvulkane aufgesetzt sind.  Auf seiner Nordwestflanke findet man z.B. die drei mächtigen Schilde Ascraeus Mons, Pavonis Mons und Arsia Mons. Nordwestlich davon erhebt sich mit Olympus Mons der mächtigste Vulkan des Sonnensystems: Höhe ca. 24 Kilometer in bezug auf die nördliche Ebene (oder genau 21200 Meter über der Referenzhöhe, wie die Messungen des Orbiter Laser Altimeters (MOLA) des Mars Global Surveyor (MGS) zeigen), 550 Kilometer Basisdurchmesser, wobei dessen Rand überraschenderweise ein z.T. 6000 Meter hoher Steilhang abschließt. Auf dem Gipfel findet man ausgedehnte Calderastrukturen mit einer Ausdehnung von ca. 66 x 83 Kilometer, die aus sieben sich überlappenden kreis¬förmigen und unterschiedlich großen Einbrüchen bestehen. 


Zentralregion des Tharsis-Plateaus mit den wichtigsten topographischen Strukturen

Ein extrem flacher und deshalb auf dem ersten Blick unscheinbarer Schildvulkan ist Alba Patera nordöstlich von Olympus Mons. Er überragt die Umgebung zwar nur um knapp 4 Kilometer und ist auch bei einem Basisdurchmesser zwischen 450 und 1600 Kilometern (je nachdem, in welcher Höhe man die Basis ansetzt) extrem flach (Böschungswinkel zwischen 0.1° bis maximal 2°). Volumenmäßig ist er jedoch der größte Vulkan des Sonnensystems.  

An seinen Flanken findet sich ein kompliziertes System von ringförmigen Brüchen, die darauf hinweisen, daß die Tharsis-Aufwölbung auch nach dem Abklingen der vulkanischen Tätigkeit noch nicht abgeschlossen war. Der Ausfluß der Laven erfolgte während seiner Aktivitätsperioden oft innerhalb von Lavaröhren, die sich radial von der Gipfelcaldera ausgehend über die Flanken des Vulkans erstrecken. Sie sind sehr lang (manche lassen sich bis über eine Länge von 100 km verfolgen) und verhinderten damit ein schnelles Auskühlen und damit Erstarren der Laven.


Plastisch treten die Riesenvulkane auf Tharsis  auf dieser Aufnahme hervor . Quelle NASA

Der wichtigste Unterschied zwischen den Schildvulkanen auf dem Mars und denen auf der Erde ist zweifellos ihre Größe und ihre geringe Hangneigung. Nur die bedeutend geringere Masse des Mars und die offensichtlich größere Krustendicke (man schätzt sie unter Olympus Mons auf ca. 250 km) verhindert, daß derartige Vulkanbauten unter ihrem eigenen Gewicht kollabieren. Dadurch, daß es auf dem Mars im Gegensatz zur Erde keine beweglichen Platten gibt, hatten die Vulkane auch mehr Zeit für ihren Aufbau, bis sie ihre heutige Größe  erreichten. Auf der Erde – und man kann das sehr schön am Beispiel des Hawaii-Archipels beobachten – ist so etwas nicht möglich, da durch die Plattenbewegungen der Kraterschlot nur geologisch kurze Zeit über dem „hot spot“ mit der Magmakammer verbleibt. Die mögliche Aktivitätsdauer wird auf diese Weise durch die Plattendrift effektiv begrenzt. Außerdem waren die Eruptionsraten, d.h. die Menge des bei einem Ausbruch geförderten Materials auf dem Mars bedeutend größer, was sich wahrscheinlich auch durch die geringe Oberflächenschwerkraft erklärt. 

Nächstes Mal: Olympus Mons etc.

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