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Sonntag, 23. Oktober 2011

Planet Mars (18) - Impaktbecken


Impaktbecken
In der Liste der Superlative des Mars stehen die riesigen Einschlagsbecken Hellas (Durchmesser ~1520 km), Isidis (Durch-messer ~1200 km), Argyre (Durchmesser ~1000 km) und vielleicht Vastitas Borealis, die „große nördliche Tiefebene“, zu Recht mit an der Spitze. Sie entstanden in der Frühzeit des Mars im Zeitalter des „Großen Bombardements“ jeweils beim Einschlag eines mehrere Hundert Kilometer großen Planetoiden.  Obwohl seitdem schon weit mehr als 3.5 Milliarden Jahre vergangen sind, stellen diese Becken noch heute eindrucksvolle morphologische Strukturen dar (auf der Erde wären sie dagegen schon längst spurlos verschwunden), die man selbst mit einem mittleren Amateurfernrohr bei einer günstigen Opposition auf der kleinen Planetenscheibe identifizieren kann. Den Planetenbeobachtern vor GIOVANNI SCHIAPARELLI (1835-1910) war z.B. „Hellas“ (der Name stammt von Schiaparelli) als „Lockyer Land“ bekannt, eine Bezeichnung (sie stammt von R.A.PROCTOR), die heute weitgehend vergessen ist.
Die drei größten (sicheren) Impaktbecken auf dem Mars


Große Impaktbecken sind bei den größeren Gesteinsplaneten des Sonnensystems eigentlich nichts Besonderes. Sie prägen als kreisförmige Maria bekanntlich die Mondvorderseite. Und auf dem Merkur ist das Caloris-Becken eine in diesem Zusammenhang durchaus erwähnenswerte Struktur.  Auch die Erde und die Venus sind sicherlich in ihrer Frühzeit von großen Impakten nicht verschont geblieben (man denke nur an den „Mondimpakt“). Nur daß ihre aktive Oberflächendynamik (bei der Erde die Plattentektonik, bei der Venus Resurfacingprozesse) diese Zeugen aus der Frühgeschichte des Sonnensystems vollständig zerstört und überformt haben.

Hellas-Planitia
Bei Hellas (der klassische Name für „Griechenland“) handelt es sich um ein Multiringbecken im südlichen Hochland, dessen Ringstruktur aber nicht mehr sonderlich deutlich zu erkennen ist. Der Durchmesser erreicht ungefähr 2000 km und die Tiefe ~ 9 km, d.h. in diesem Becken liegt der tiefste Punkt des Mars. 


Photomosaik von Hellas Planitia, zusammengesetzt aus Aufnahmen der Viking-Orbiter. Das innere des Beckens ist relativ flach, wüstenähnlich mit reichhaltigen, kleinskaligen Strukturen. Im Randbereich findet man lokal flußähnliche Strukturen sowie die Einmündungen der großen Ausflußtäler Dao und Harmakhis Vallis. Es scheint möglich, daß das Becken kurz nach seiner Entstehung einmal einen See beherbergt hat. Quelle  NASA

Aus der leichten Ausbuchtung in süd- und südöstlicher Richtung wird auf einen schrägen Einfall des wahrscheinlich rund 500 km großen Impaktors geschlossen (LEONARD, TANAKA, 1993).

Der Impakt selbst muß gegen Ende des „Großen Bombardements“ vor ~3.8 Ga stattgefunden haben, wie die deutlich geringere Kraterdichte im Bassin gegenüber dem umgebenden Hochländern anzeigt.  


Höhenreliefkarte des Hellas-Beckens (dunkelblau ~ -6 km, rot ~2.5 km), abgeleitet aus den MOLA-Daten des MGS. Im rechten Bereich des Beckens sind die großen Ausflußtäler Dao und Harmakhis Vallis deutlich zu erkennen. Man beachte auch, daß innerhalb des Beckens größere Einschlagskrater weitgehend fehlen. Quelle Google Maps,  Mars

Isidis Planitia
Am südöstlichen Rand der großen Elysium-Ebene oberhalb von Tyrrhena Terra und östlich von Syrtis Major befindet sich die über 1000 km große kreisförmige Struktur Isidis Planetia, in welcher im Jahre 2002 der europäische Beagle 2-Lander zerschellt ist.  Daß es sich um ein Impaktbecken handelt, sieht man erst deutlich auf einer Höhenreliefkarte. Im Fernrohr verschmilzt sie mit den helleren Teilen von Elysium und Utopia Planitia (Dichotomie-Grenze), die sich dadurch wiederum deutlich von der Großen Syrte abheben.


Isidis-Becken. Die Farben codieren die Höhe der Landschaft (hellblau -3.6 km, rot  ~3 km). Quelle Google Maps, Mars

Das Innere des Isidis-Beckens ist eben und, wie es scheint, mit Sedimenten (PARKER et.al. 1993) oder Flutbasalten (TANAKA et.al. 2000) verfüllt. Auch der Übergang zu Syrtis Major erfolgt äußerst moderat mit nur einem geringen Anstiegswinkel von höchsten 0.2°. Die Kraterwälle sind in diesem Bereich auch nicht mehr auszumachen (sie existieren in auffälliger Weise eigentlich nur noch in Form der Libya Montes im südlichen Anschluß des Beckens und erreichen dort eine Höhe von bis zu 3400 m), nur die jüngeren Lavaflüsse aus dem Syrtis Major Planum in das Becken hinein kann man anhand ihrer geringen Impaktkraterdichte recht gut erkennen. 

Vielfach wird vermutet, daß Isidis vielleicht einmal eine zeitlang mit flüssigem Wasser oder mit Eis bedeckt war, wodurch sich Sedimente bilden konnten. Deshalb wurde der nördliche Teil auch als Landestelle von Beagle 2 ausgewählt, deren Mission bekanntlich mißlungen ist.

Argyre Planitia
Die „Silberne Ebene“ befindet sich genauso wie Hellas auf der südlichen Hemisphäre des Mars. Sie wird durch die kraterreichen Hochlandregionen Aonia Terra und Noachis Terra begrenzt und enthält in ihrem Randbereich selbst einige größere Impaktkrater wie Hooke (Durchmesser 145 km) und Galle (Durchmesser 230 km). Ihr Alter wird auf 3.9 Ga geschätzt, was ungefähr dem letzten Drittel der Zeit des „Großen Bombardements“ entspricht. Argyre Planitia scheint damit etwas älter als das Hellas-Becken zu sein. 

Es gilt als ziemlich sicher, daß diese große Depression einmal mit Wasser gefüllt war. Eine ganze Anzahl von „Flußtälern“ verlaufen radial in das Argyre-Becken, z.B. der 570 km lange Surius Valles, der 325 km lange Dzugai Valles und der ungefähr genausolange Uzboi Valles. Bei Letzteren, der in nördlicher Richtung mehrere Krater durchschneidet,  sind die Wirkungen von fließendem und stehendem Wasser immer noch gut zu erkennen. Das betrifft insbesondere das Gebiet des ca. 140 km großen Kraters Holden, welcher von mehreren Forschergruppen näher untersucht wurde. In seinem Inneren findet man morphologische Strukturen, die als Ergebnis von Sedimentationen gedeutet werden und damit zeigen, daß es hier einmal einen ausgedehnten Kratersee gegeben haben muß. Am Kraterrand sind weiterhin fein strukturierte Talnetzwerke zu erkennen (NEUKUM et.al. 2007), die zumindest teilweise in den für schlammführende Flüsse typischen Schwemmfächern enden.


Argyre Planitia ist eine kreisförmige ausgedehnte Tiefebene auf der südlichen Hemisphäre des Mars. Quelle Google Maps Mars

Exkurs: Uraltes Flußdelta im Krater Eberswalde
Nördlich schließt sich, durch den Kraterwall getrennt, an Holden der bemerkenswerte Krater „Eberswalde“ an. Er ist durch das „Flußdelta“ bekanntgeworden, welches sich in sein Inneres erstreckt. Der Krater selbst ist wenig spektakulär. Er besitzt eine leicht elliptische Form und ist entlang seiner Längsachse ca. 65 km groß. Aber an seinem Westrand findet man die typischen Merkmale eines Deltas, d.h. mäandernde Fließstrukturen mit Schwemmfächern, stehen gebliebene und aufgeschwemmte Inseln sowie herausgearbeitete Sedimentflächen - heute natürlich völlig ausgetrocknet und teilweise mit Dünen bedeckt. Die Morphologie ähnelt dabei manchen irdischen Flußdeltas, z.B. daß des sibirischen Flusses Lena in das Polarmeer, frappierend. Das eigentlich Besondere ist, daß sich solch ein Delta nur bei einem über längere Zeiträume kontinuierlichen Fluß von Wasser ausbilden kann und nicht bei einem einzelnen, katastrophen-artigen Ereignis wie bei den großen Outflow Channels. Das macht diese Region besonders auch für den Astrobiologen interessant, da es hier vielleicht über viele Jahrtausende stehendes Wasser gegeben hat, also eine ideale Stelle, wo sich Leben ansiedeln konnte, wenn es zu jener Zeit welches gegeben haben sollte. 

Die Entdeckung dieses Deltas hat zu der Vermutung, oder besser Hypothese geführt (T.PARKER et.al. 2002), daß es einmal eine Flußverbindung zwischen dem Argyre-Becken entlang des Uzboi Valles über den riesigen Ares Valles in die nördliche polare Tiefebene gegeben haben könnte. Das wäre dann ein Flußsystem, welches länger gewesen ist, als der irdische Nil. Timothy Parker vermutet, daß vor mehr als 3 Milliarden Jahren das Argyre-Becken kilometertief mit Wasser angefüllt war und dann in nördlicher Richtung übergelaufen ist. Dabei soll sich zuerst der Holden-Krater mit Wasser gefüllt haben. Von ihm ist dann der See im Eberwalde-Krater gespeist worden bis auch er überlief und sich die Wassermassen schließlich in das Ares Valles ergossen. Diese Hypothese ist jedoch sehr umstritten und hat vielleicht mehr Anhänger unter den Wissenschaftsjournalisten als unter den Planetologen. Trotzdem ist sie nicht völlig aus der Luft gegriffen. Vielleicht ergeben sich neue Erkenntnisse bei der weiteren Erforschung dieser hoch interessanten Gegend. Immerhin ist der Eberswalde-Krater, der nach einer kleinen, durch seine Wurstfabrikation bekannten Stadt in der Mark Brandenburg benannt ist, als Ziel der Mars Science Laboratory –Mission (Rover Curiosity) im Jahre 2011 vorgesehen.


Schwemmfächer im Krater Eberswalde. Quelle NASA

Nächstes Mal: Polarkappen

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