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Samstag, 2. Januar 2016

Etwas Lesestoff zum neuen Jahr... Gold, Gold, Gold...

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Carlsberg und Tuborg waren übrigens die Lieblingsbiere der Mitglieder der „Olsenbande“ Egon, Kjeld und Benny. Stabile Schäume sind aber nicht nur beim Gerstensaft erwünscht. 

Nicht immer sind Träume Schäume - Jane Everson

Einer amerikanischen Lehrerin aus Chicago mit Namen Carry Jane Everson (1843-1914) fiel um 1885 beim Waschen von ölverschmierten Säcken, die zuvor zerkleinerten Kupferkies enthalten hatten, etwas Interessantes auf. Schlämmt man nämlich eine Mischung von Erz und „Gangart“ (d. h. nicht genutzte Begleitminerale des Erzes) in einer schäumenden Ölemulsion auf, dann bleiben die Erzpartikel an den Schaumblasen hängen und können so leicht abgeschöpft werden. Der Grund für diesen Effekt liegt darin, dass sich Schaumblasen leicht an hydrophobe, d. h. schwer benetzbare Oberflächen anlagern und auf der Aufschlämmung von Erz und Gangart oben schwimmen. Daraus entwi-ckelte sich das Trennverfahren der Flotation, welches u. a. auf das Patent von Mrs. Everson zurück geht und das in abgewandelter Form noch heute in den dem Bergbau nachgeordneten Stofftrennungsschritten angewendet wird. 

Goldgewinnung

Goldsand lässt sich auf diese Weise jedoch nicht in „Gold“ und „Sand“ auftrennen. Hier heißt das Zaubermittel der Wahl Quecksilber. Und da Quecksilber bekanntlich ein gefährliches Umweltgift ist, führt dieses Verfahren an verschiedenen Stellen der Welt, insbesondere am Amazonas und seiner goldreichen Nebenflüsse, zu einer Vielzahl von Umweltschäden. 


Am bequemsten ist bekanntlich noch die Suche nach Goldnuggets. Aber meistens findet man in seiner „Goldpfanne“ nur Goldflitter, denn sogenannte „Seifen“ (dort, wo die Nuggets nur so rumliegen) sind nicht allzu häufig. Und diese Goldflitter auszulesen, ist auch nicht gerade eine ergiebige Beschäftigung. Besser wäre es, man könnte das Gold an irgendetwas „binden“, was sich leichter vom Sand trennen lässt und von dem sich später das Gold zurück gewinnen lässt. Und solch ein Stoff ist Quecksilber. Es ist leicht handhabbar, da flüssig, es ist leicht vom „Sand“ zu trennen, da sich viele kleine Quecksilbertröpfchen aufgrund ihrer extrem großen Oberflächenspannung leicht zu großen Tropfen vereinigen lassen und es bindet, was in diesem Zusammenhang das Wichtigste ist, Gold zu Amalgam. Außerdem vergiftet es noch Mensch und Tier, was aber eher als nachteilig empfunden wird, da es oftmals die Freude an Goldfunden beim Goldsucher nachhaltig vergällen kann. Und nun braucht man nur noch (z. B. mit einer Lötlampe) das Amalgam zu erhitzen, damit das Quecksilber verdampft und das Gold übrig bleibt. Man schätzt, dass auf diese Weise im Laufe der Geschichte der Goldsucherei allein im Amazonasgebiet mehr als 2000 Tonnen dieses flüssigen Metalls in die Umwelt gelangt sind, was aufgrund von dessen extremer Giftigkeit eine Umweltkatastrophe ohne gleichen darstellt. 

„Biogold“ und das Goldene Vlies

Dagegen ist das „Vorgängerverfahren“, welches in der Antike im Bereich des Kaukasus Anwendung fand, ökologisch völlig unbedenklich, da es nur mit Naturstoffen (alles Bio, oder was?) arbeitet. Heute würde man sicherlich in manchen Kreisen sagen, dass damit echtes und reines „Bio-Gold“ gewonnen wurde. 

Aber alles der Reihe nach. Es geht hier um den realen Hintergrund der Geschichte vom Fell des Chrysomeles, eines von Poseidon gezeugten Widders, dessen Körperbehaarung als „Das Goldene Vlies“ in die griechische Mythologie eingegangen ist, da es „gülden“ glänzte. Nicht ganz so golden glänzend findet man diesen Widder auch am Sternhimmel, und zwar als dasjenige Sternbild, welches das Tierkreiszeichen Aries repräsentiert. 

Argonautensaga

Zur Zeit der Argonauten war der Widder (übrigens auf eigenem Wunsch) bereits dem Kriegsgott Ares geopfert und das abgezogene Fell (Vlies) in Kolchis im Hain des Ares aufgestellt worden. Und auf dieses Fell waren die Argonauten mit ihrem Anführer Iason von Argos ganz wild, weshalb sie mit ihrem Boot „Argo“ über das Schwarze Meer schipperten, bis sie schließlich nach vielen Abenteuern die Mündung des Flusses Rioni (der damals noch Phasis hieß) im heutigen Georgien erreichten. Dort verlangten sie vom König die Herausgabe des Vlieses, doch der machte es von einer schwierigen Aufgabe abhängig, die entfernt etwas mit der Tätigkeit des „Pflügens“ zu tun hatte. Iason bewältigte die Aufgabe mit Bravour, da er Tipps von Medea, der Tochter des Königs, bekommen hatte. Sie hatte sich nämlich in Iason verguckt und half ihm unter Verrat eines üblen, von ihrem Vater Äetes ausgeheckten Plans das goldene Fell zu stehlen. Was auch gelang. Nach einer kurzweiligen Rückfahrt, von dessen Verlauf mehrere Versionen überliefert sind, landeten Iason und Medea irgend-wann in Korinth, wo sie einige Zeit zusammen lebten, bis sie Iason verstieß, um die Tochter des Königs Kreon mit Namen „Glauke“ zu ehelichen. 

Medeas Rache

Aber Medea wusste sich Rat (nomen est omen), und ersann einen furchtbaren Racheplan, dem der genannte König, seine Tochter „Glauke“, aber auch ihre beiden, also Medeas leibliche Kinder, zum Opfer fielen. 


Seitdem ist der Mord an den eigenen Kindern untrennbar mit Medea verbunden, unvergleichlich dargestellt in der gleichnamigen Tragödie des Euripides. Aber auch Franz Grillparzer (1791-1872) hat um 1820 eine interessante Theaterfassung als Teil einer Trilogie herausgebracht. Und natürlich darf auf keinem Fall die Verfilmung durch Pier Paolo Pasolini (1922-1975) aus dem Jahre 1969 mit Maria Callas (1923-1977) in der Hauptrolle (die hier nicht zu singen brauchte) vergessen werden. Doch was ist nun der „wahre“ Hintergrund des „Goldenen Vlieses“? Um Gold aus Gebirgsflüssen zu gewinnen, genauer feine Goldfussel und Goldkörner, legte man Schaffelle in die Strömung. Zwischen dessen Haare setzte sich der schwere Goldstaub fest und konnte so konzentriert werden. Auf diese Weise wurden in der Antike auch Goldvorkommen ausgebeutet, die zwar reich an Goldstaub, aber arm an Nuggets waren. Und Historiker glauben, dass dieses Verfahren der Hintergrund für die Sage vom goldenen Widderfell ist. 

Gold, Gold, Gold...

Man schätzt, dass die gesamte Goldmenge, die bis heute auf der Erde gefördert worden ist, ungefähr 166.000 Tonnen beträgt. Das entspricht einem goldenen Würfel von gerade einmal 20 Meter Kantenlänge. Da bekanntlich das Volumen eines Würfels mit der dritten Potenz seiner Kantenlänge anwächst, ist trotz einer jährlichen Produktion von etwa 3000 Tonnen der Größenzuwachs dieses Würfels nur noch bescheiden. Gold kommt halt nicht sonderlich häufig vor, weshalb ja auch eine Keramikkrone für einen defekten Zahn meist kostengünstiger ist als eine Zahnkrone aus Gold. 

Wie entsteht Gold im Kosmos?

Die wahrlich interessante Frage aber ist, wo und auf welche Weise entsteht Gold im Kosmos und wie ist es letztendlich auf die Erde gelangt? Elemente werden gewöhnlich in Sternen gekocht, was man in der Astrophysik als „Brennen“ bezeichnet - eine andere Bezeichnung für „Kernfusion“. Nur Deuterium, Lithium (das in unseren Batterien), Beryllium und Bor stammen wie der omnipräsente Wasserstoff und der größte Teil des Heliums aus den ersten Minuten des Urknalls vor ziemlich genau 13,79 Milliarden Jahren. Die Sterne der ersten Generation bestanden nur aus Wasserstoff und Helium mit etwas Lithium und Beryllium (wobei letztere beiden Elemente in ihrer Häufigkeit im Vergleich zu H und He vernachlässigbar sind). Sie hatten eine große Masse und ein kurzes Leben (nur einige Millionen Jahre) und endeten damit schnell in Form einer speziellen Supernova, die man heute als Paarinstabilitäts-Supernova bezeichnet. 


Solch ein explodierender Stern kann übrigens kurzzeitig so hell werden wie alle Sterne einer Milchstraße zusammen – und man wünscht sich nicht, das Ereignis aus der Nähe (<100 Lichtjahre Entfernung) zu betrachten. Der „Explosionsschutt“ derartiger Sterne sammelte sich nach und nach in der interstellaren Materie an, aus der dann wiederum weitere Sterngenerationen hervorgegangen sind. Dieser „Schutt“ enthielt alle die Elemente, die im Stern fusioniert oder durch andere Prozesse (die der Astronom entweder als s-Prozesse, weil sie „slow“ – also langsam oder r-Prozesse, weil sie „rapid“, also schnell, ablaufen) entstanden sind. Dazu muss man wissen, dass ein Stern nur bis zum Element Eisen mit der Ordnungszahl 26 aus Kernfusionsprozessen Energie saugen kann, die er benötigt, um als Stern stabil zu bleiben. Und ein Stern bleibt solange stabil, wenn in jedem Punkt in seinem Inneren die nach innen gerichtete Schwerkraft durch den Gasdruck (und bei massereichen Sternen auch den Strahlungsdruck) an genau diesem Punkt ausgeglichen wird. Ist diese Bedingung erfüllt, dann befindet sich der Stern im hydrostatischen Gleichgewicht. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, dann wird der Stern das Energiedefizit durch Kontraktion seines Kerns auszugleichen versuchen. Dabei wird die sogenannte gravitative Bindungsenergie des Sterns angezapft, von dem ein Teil die Sternmaterie erhitzt und der andere Teil in den Kosmos abgestrahlt wird. Das Leben eines Sterns ist genaugenommen eine Geschichte der Kontraktion seines Kerns. Beginnend mit der Kontraktion einer Gas- und Staubwolke bleibt am Ende des Sternlebens nur ein kompakter Rest in Form eines Weißen Zwergsterns, eines Neutronensterns oder Schwarzen Lochs (und manchmal, in ganz seltenen Fällen, auch Garnichts) übrig. 

Lebensgeschichte eines Sterns mit 8 Sonnenmassen

Damit ein Stern in seinem Leben überhaupt bis zur Fusion von Eisen kommt, muss er mindestens eine Ausgangsmasse von etwa 8 Sonnenmassen haben. Ohne jetzt groß in die Einzelheiten einzugehen (die aber höchstinteressant sind!), sieht das Leben eines solchen massereichen Sterns in etwa folgendermaßen aus: Nachdem er aus kosmischen Gas (99% H und He) und Staub entstanden ist und er im Zustand der Kontraktion in seinem Kernbereich die Zündtemperatur für das „Wasserstoffbrennen“ erreicht hat (ca. 20 Millionen Grad), wird er die nächste Million Jahre gemächlich Wasserstoff in Helium umwandeln. Dieser Zustand kennzeichnet einen sogenannten Hauptreihenstern. Während dieser Brennphase sammelt sich das spezifisch schwerere Helium im Sternkern an, bis irgendwann der Wasserstoff im Kernbereich soweit aufgebraucht ist, dass der Energiebedarf zur Aufrechterhaltung des hydrostatischen Gleichgewichts nicht mehr durch Wasserstoffbrennen gedeckt werden kann. Und genau in diesem Moment wird der Sternkern instabil und kollabiert. Dabei wird Energie frei und die Temperatur des Kerns erhöht sich solange, bis mit ~200 Millionen Grad die Zündtemperatur für das Heliumbrennen erreicht und der Kernkollaps beendet wird. Mit der Fusion von Helium zu Kohlenstoff und Sauerstoff (Triple-Alpha-Prozess) kann der Stern die nächsten 10.000 Jahre gut auskommen. Die „Asche“, d. h. der entstandene Kohlenstoff und Sauerstoff, sammelt sich wiederum im Kern an. Das geht solange gut, wie es genügend Helium zum „verbrennen“ gibt. Aber auch dann ist irgendwann einmal Schluss und das Spiel mit Kernkontraktion, Erhöhung der Kerntemperatur bis die nächste Brennphase zündet, wiederholt sich. Dadurch, dass bei jeder neuen Brennphase der Energieausstoß immer geringer wird (was ein Physiker leicht erklären kann), wird die Dauer dieser primären Brennphasen auch immer kürzer. Und so folgt nach dem Heliumbrennen bei 800 Millionen Grad Kerntemperatur das Kohlenstoffbrennen (ca. 600 Jahre), dann bei 1,4 Milliarden Grad für ein Jahr das Neonbrennen, dann für 6 Monate bei einer Kerntemperatur von 2 Milliarden Grad das Sauerstoffbrennen, dann für einen Tag bei 3,5 Milliarden Grad das Siliziumbrennen (wobei Eisen entsteht) und dann macht es flupp (~1 Sekunde) und der Eisenkern kollabiert zu einem Neutronenstern mit einem Durchmesser von etwa 20 Kilometer – und die Außenhülle des Stern fliegt explosionsartig weg: Wir beobachten eine hydrodynamische Supernova. Und das ist die (wahrscheinliche) Geburtssekunde des Goldes, welches sich mit etwas Glück irgendwann einmal in den feinen Härchen des Vlieses verfängt… 

Schwere Elemente baut man aus Neutronen

Der Kern eines stabilen Goldatoms enthält 78 Protonen und 118 Neutronen. Wenn der Eisenkern bei einer Supernova kollabiert, treten kernphysikalische Prozesse auf, die zu einem riesigen Fluss von Neutronen führen. Da Neutronen keine elektrische Ladung besitzen, können sie sich beispielsweise an vorhandene Eisenkerne anlagern, die dadurch immer schwerer werden, d. h. es entstehen immer schwerere Isotope dieses Metalls und das innerhalb kürzester Zeit. Diese Isotope sind nicht stabil, sondern radioaktiv. 


Das bedeutet, dass einzelne Neutronen zu Protonen und Elektronen und Anti-Elektronenneutrinos zerfallen (man sagt, das Neutron erleidet einen Beta-Minus-Zerfall), was wiederum dazu führt, dass das Isotop jeweils auf der Elementeleiter (Periodensystem) eine Stufe nach oben wandert. Erst wenn auf diese Weise ein Kern 78 Protonen und 118 Neutronen in sich vereinigt, ist ein stabiles Goldatom (wenn auch noch ohne Elektronenhülle) entstanden. Natürlich bilden sich auch andere schwere Elemente auf diese Art und Weise, so z. B. Uran mit einer Protonenzahl von 92 und selbst Plutonium mit einer Protonenzahl von 94. Plutonium ist übrigens das letzte Element im Periodensystem, welches auf der Erde noch natürlich vorkommt. Alle Elemente im Periodensystem mit einer noch größeren Ordnungszahl wurden künstlich erzeugt. Ihre Lebensdauer (Halbwertszeit) ist aufgrund ihrer Radioaktivität jedoch ziemlich begrenzt. Da es nun mal Menschen mit Goldzähnen gibt, es Leute gibt, die es sich leisten können, von goldenen Tellerchen zu essen und, nicht zu vergessen, auch weil es „Kernkraftgegner“ gibt, die aus nicht immer rationalen Gründen etwas gegen die „Kernkraft“ haben (Uran), muss man zwingend davon ausgehen, dass an der Entstehung der Erde vor mehr als 4,56 Milliarden Jahren irgendwie eine Supernova beteiligt gewesen sein muss. Und allein aus dieser Tatsache lässt sich einiges über die Frühgeschichte der Sonne und der Planeten herausbekommen. 

Eine Supernova und die Frühgeschichte des Sonnensystems

Die grundlegenden Informationen in diesem Zusammenhang sind Folgende: Die Supernova muss ursprünglich ein Stern mit mehr als 25 Sonnenmassen gewesen sein, dessen Leben höchstens fünf Millionen Jahre währte. Solche massereichen Sterne bilden sich nur sehr selten. Ein aus einer interstellaren Gas- und Staubwolke entstandener Sternhaufen (die Wolke fragmentiert bei ihrem Kollaps in viele Einzelwolken, aus denen dann bei weiterer Kontraktion Protosterne entstehen) muss schon ungefähr 2000 Mitglieder haben, damit unter ihnen wenigstens ein Objekt dieses Kalibers dabei ist. Da die Entstehung der Sonne und ihrer Planeten auch nur wenige Millionen Jahre in Anspruch nahm, muss dieser Stern noch in der Bildungsphase der Protosonne in nicht allzu großer Entfernung (man schätzt ~1 Lichtjahr) seinen Kernkollaps erlitten und ein Teil seines Explosionsschutts in die Materie, aus der dann später die Planeten entstehen sollten, penetriert haben. Und da war zu unserem Glück auch etwas Gold und Uran dabei. Es kann sogar sein – und es gibt ernsthafte Gründe dafür – dass es uns ohne diese Supernova gar nicht geben würde. Denn die radioaktiven Elemente, die von ihr stammen, helfen durch ihren Zerfall mit, den Erdmantel plastisch zu halten. Aber ohne konvektiven Erdmantel keine Plattentektonik, ohne Plattentektonik keine Kontinente, ohne Kontinente keine Langzeit-Klimastabilisierung. Und ohne dem alles, keine Menschen. Und ohne Menschen? Ja, was dann wäre, wissen wir auch nicht, denn wenn jemand „nicht ist“, dann kann er auch nicht fragen, warum… Womit wir bei dem nicht trivialen Problem angekommen sind, ob alles das, was wir mit unseren Sinnesorganen erfassen, auch so ist, wie es ist. 

Ist die Realität real?

Es geht um die alte philosophische Frage nach der „Realität“, genaugenommen um die Frage, ob es eine Welt außerhalb unseres individuellen Bewusstseins überhaupt gibt, und wenn ja, wie sich das beweisen lässt. Denn es könnte ja sein, wie es Edgar Allan Poe (1809-1849) einmal ausgedrückt hat „All that we see or seem is but a dream within a dream…“. 


Aber auch diese Geschichte hat einen historischen Kontext: Im 18. Jahrhundert gab es bekanntlich den sogenannten "Gelehrten" als Beruf. Das waren meist mehr oder weniger wohlhabende Personen, die sich, frei von materiellen Sorgen, geistigen und wissenschaftlichen Dingen widmen konnten und damit in ihrer Gesellschaft ein gewisses Prestige aufbauten. Ich möchte hier nur kurz an Johann Burckhard Mencke aus Leipzig erinnern, der von 1674 bis 1732 lebte. Sein größter Verdienst war die Herausgabe der dreibändigen "Scriptores rervm Germanicarvm praecipve Saxonicarvm", die dem Geschichtsforscher noch heute wichtiges Quellenmaterial liefert. Das soll aber nicht das Thema sein. Es geht hier vielmehr um einen Satz aus seinem 1716 erschienenen Werk "Charlataneria eruditorum" (ja, Burckhard Mencke hat mit dem Wort "Scharlatan" den deutschen Sprachschatz nicht unwesentlich erweitert und bereichert!). Dort heißt es: 

"...Daß Sie die Einzigen in der Welt sind; jedewede anderen würden nur existieren in deren eigenen Gedanken...

Womit wir bei einem Paradox angelangt sind, welches ich nun kurz beschreiben möchte. Also von vorn. Jeder von uns besitzt einen Computer, und Forschungsinstitute Supercomputer, deren Rechenleistung mittlerweile die 1,8 Gigaflop-Grenze überschritten hat. Und diese Rechenleistung wird (entsprechend dem Moor'schen Gesetz) in der Zukunft weiter steigen. Mit ihrer Hilfe kann man auf der Grundlage bekannter Naturgesetze und leistungsfähiger mathematischer Verfahren hochkomplexe Vorgänge simulieren, die einem experimentellen Zugang nur schwer oder gar nicht zugänglich sind. Ich denke hier an die Wettervorhersage, an die Simulation von Atombombenexplosionen oder sogar an die Simulation des "Urknalls" und der sich daraus ergebenden kosmischen Strukturbildungsprozesse. Offensichtlich können Naturerscheinungen in beliebiger Komplexität mathematisch simuliert werden, wenn die dazu benötigte Rechenleistung zur Verfügung steht (dieser Satz ist so nicht ganz richtig, da sowohl die Mathematik (Gödels Theorem) als auch die Physik (Quantenmechanik) dem prinzipielle Grenzen setzt, aber wir wollen das mal außer Acht lassen). 

Das Gehirn in der Nährbrühe

Und nun ein weiterer Schritt. Uns Menschen macht unser Gehirn aus. Alles, was wir mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen, gelangt in Form elektrischer Impulse in unser Gehirn und lässt darin die Welt entstehen, von deren von uns unabhängigen Existenz wir zutiefst überzeugt sind. Licht der Sonne, welches eine Rose reflektiert, gelangt durch die Linse unserer Augen auf die Netzhaut, wo ein verkehrt herum angeordnetes, verzerrtes und verkleinertes Bild dieser Rose entsteht, welches von Rezeptoren in Form von Stäbchen und Zäpfchen über komplexe biochemische Vorgänge in elektrische Signale umgewandelt wird. Diese Signale laufen in Nervenbahnen in das Gehirn, wo es das Bild der Rose entzerrt und in einen dem Bewusstsein zugänglichen Sinneseindruck umwandelt. Weitere elektrische Nervenimpulse treffen gleichzeitig von den Zellen der Nasenschleimhaut ein und wir vernehmen einen feinen Rosenduft zu spüren. Und wenn unsere Finger sich am Stachel der Rose verletzen, so registriert auch das unser Gehirn in Form wohldefinierter schwacher Nervenimpulse. Alle diese elektrischen Pulse können heute gemessen werden. Und nur diese elektrischen Impulse sind es, die in unserem Gehirn eine Welt entstehen lassen, die uns "Denken" und "Handeln" lassen und unser gesamtes Gefühlsleben bestimmen. Und jetzt stellen wir uns vor, dass unser Gehirn in einem Laboratorium in einer delikaten Nährbrühe („Bouillon“) schwimmt und alle einlaufenden Nerven an einen Supercomputer angedockt sind, welcher die "Außenwelt" simuliert und zwar so, dass jede einzelne der Millionen einlaufenden Nerven mit dieser Maschine verbunden ist und diese Maschine genau die gleichen Impulse produziert, wie es gewöhnlich die Sinnesorgane tun. Und dass diese Maschine gerade eine Rose simuliert mit ihrer typischen Form, ihrer satten roten Farbe, den wohlfeilen Duft und den Stacheln an ihrem Stängel sowie auch die Hand, die sie hält.


Und dass diese Maschine dabei genau die gleichen schwachen Impulse produziert, wie sonst die Sinnesorgane. Und dass sie diese Impulse diesmal an keinen Monitor und auch an keinen Lautsprecher sendet, sondern über die angeschlossenen Nervenbahnen an ihr Retortengehirn in der delikaten Nährbrühe. Dann entsteht in diesem "Retortengehirn" die eindeutige Illusion einer Rose in ihrer satten roten Farbe, ihrem Duft und den Stacheln an ihrem Stängel. Und wenn Sie (d. h. ihr Gehirn in der delikaten Nährbrühe) dabei noch Vogelgezwitscher hören und sie im Hintergrund blaue Berge sehen und über sich weiße Wolken an einem blauen Himmel, dann ist das auch nur eine Illusion und Folge der Simulation. Selbst wenn Sie spüren (und das scheinbar willentlich veranlasst haben), wie ihre Hand durch ihre Haare streicht, so ist das nur Simulation. Und das verstörende daran ist, es gibt für Sie (und für mich etc.) keine Möglichkeit, unsere reale Existenz und die einer Existenz als "Retortengehirn" irgendwie zu unterscheiden. 

Gibt es eine Außenwelt?

Und die große philosophische Frage, die daran hängt (siehe Eingangszitat von Johann Burckhard Mencke), ist die: Durch was können wir sicher sein, dass so etwas wie eine "Außenwelt" wirklich existiert? Die Quintessenz dieser Überlegungen ist die, dass wir keinesfalls sicher sein können, dass eine Außenwelt existiert, dass sich unser Bewusstsein in einem Gehirn befindet und dass sich dieses Gehirn in einem Körper befindet. Es handelt sich um ein prinzipielles Problem, welches mit den Mitteln der Wissenschaft offensichtlich nicht zu lösen ist (jede wissenschaftliche Erkenntnis, die wir in uns aufnehmen, kann natürlich in dem hier beschriebenen Sinn auch "simuliert" sein). Sie halten das alles für Unsinn? Ich auch. Aber denken Sie einmal darüber nach. Und schauen Sie sich gelegentlich wieder mal den Film "Matrix" an... Von diesem durchaus interessanten Film gibt es übrigens noch zwei Fortsetzungen, jedoch mit einer Tendenz zum „schlechter werden“ („Matrix Reloaded“ und „Matrix Revo-lutions“), in denen genauso wie im ersten Teil der Trilogie eine Menge Andeu-tungen zu finden sind, wenn man sich nur etwas in Philosophie und Geschichte auskennt. 

Solipsismus

Die philosophische Idee, dass die „Welt“ nur eine vorgegaukelte Simulation ist und nur das „ich“ das einzig existierende Subjekt, nennt man Solipsismus. In einem weitergehendem Sinne bedeutet dieser Begriff (von lat. solus allein, ipse selbst), dass alles, d. h. die gesamte Welt, also das ganze "Sein", sich nur in den subjektiven Bewusstseinsinhalten eines Individuums (und zwar Ihres, lieber Leser) erschöpft. Man spricht in diesem Fall von einem „metaphysischen Solipsismus“ - und nur um ihn soll es hier gehen. Ein metaphysischer Solipsist behauptet die Nichtexistenz einer Außenwelt (genauer einer Welt außerhalb seines eigenen Bewusstseins) in dem Bewusstsein, dass sich diese These nie beweisen lassen wird. Es ist nämlich durchaus die Annahme möglich, dass alle Sinneseindrücke nur Produkte dieser Sinne selbst sind, ohne dass zwingend etwas Objektives außerhalb des Bewusstseins existieren muss – siehe die Metapher vom Gehirn in der Nährlösung. Oder um noch einmal das Zitat von Edgar Allan Poe zu bemühen „All that we see or seem is but a dream within a dream…“. 

Claudia Brücken und Propaganda

Das dazugehörige und relativ unbekannte Poem „A dream within a dream“ aus dem Jahre 1849 erlangte 1984 wieder eine gewisse Aufmerksamkeit, als es rezitativ von Claudia Brücken vorgetragen und mit einer eingehenden Musik hinterlegt, auf dem Debütalbum der aus Düsseldorf stammenden Pop-Band „Propaganda“ erschien.



Dieses Debütalbum hat den Titel „A Secret Wish“ erhalten und ist auch heute noch unter Kennern durchaus beliebt.

Dr. Mabuse

Das liegt u. a. auch an den Songs „Duell“ und natürlich „Dr. Mabuse“. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein Superverbrecher, der 1919 von dem Luxemburger Schriftsteller Norbert Jaques (1880-1954) erdacht wurde und der in einer Vielzahl von Verfilmungen Anfang der 1960er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Konkurrenz zu den gleichzeitig entstandenen Edgar-Wallace-Krimis eine gewisse Popularität erreichten.



Die Titel sprechen für sich: „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“, „Das Testament des Dr. Mabuse“, „Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse“, „Scotland Yard jagt Dr. Mabuse“ und auf keinem Fall zu vergessen „Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse“. Genaugenommen handelt es sich bei dieser noch in Schwarz-Weiß gedrehten Filmreihe um eine Fortsetzung bzw. Neuverfilmung zweier Filme von Fritz Lang (1890-1976) aus dem Jahre 1922 („Dr. Mabuse, der Spieler“ – ein zweiteiliger Stummfilm) sowie 1933 („Das Testament des Dr. Mabuse“, diesmal mit Ton und unter den Nazis verboten). Das Faszinosum an der Gestalt des Dr. Mabuse liegt darin begründet, dass er seinen genialen Verstand, seine Profession als Psychoanalytiker (Freud!) und seine außergewöhnlichen hypnotischen Fähigkeiten einsetzt, um eine Verbrecherorganisation zu leiten und selbst Verbrechen zu begehen, gekoppelt mit einer Vision einer besseren und gerechteren Welt. In den genann-ten Verfilmungen kann man das „Who is who“ der deutschen Schauspielergarde jener Zeit bewundern, von denen einer, nämlich Gert Fröbe (1913-1988), der in zwei Mabuse-Verfilmungen den Kommissar Lohmann mimen durfte, weltberühmt geworden ist. Und das mit Recht, wie ich meine. Die jüngere Generation wird ihn wahrscheinlich nur aus James Bond „Goldfinger“ (1964) kennen, der ab und an im Fernsehen noch gezeigt wird. Aber das war nur einer von mehr als 40 Filmen, in denen er – meist als Charakterdarsteller – mitgewirkt hat. 

Tollkühne Männer in ihren fliegenden Kisten

So in dem englischen Film von 1965 „Those Magnificent Men in Their Flying Machines or How I Flew from London to Paris in 25 Hours 11 Minutes”, den man für die deutschen Filmplakate auf den etwas kürzeren und einprägsameren Titel “Die Tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten” eingedeutscht hat. Für jemanden, der sich für die Geschichte der Luftfahrt interessiert, war das ein ähnlich amüsanter Film wie der Film „Schussfahrt nach San Remo“ (mit André Robert Raimbourg (1917-1970), besser bekannt als „Bourvil“) für diejenigen, die sich mehr für die Geschichte des Straßenradsports interessieren. Die „tollkühnen Männer“ sind Piloten („Richt'ge Männer wie wir…“), die mit ihren aus Sperrholz und Klavierseitendraht zusammengeschusterten Fluggeräten im Jahre 1910 ein von einer Gazette ausgerichtetes Wettfliegen über den Ärmelkanal bestreiten möchten.



Und da darf natürlich eine Abordnung aus dem deutschen Kaiserreich (schließlich war unser Kaiser Wilhelm II. ein Enkel der britischen Königin Victoria!) nicht fehlen, übrigens überaus stilsicher repräsentiert durch Oberst Manfred von Holstein und seinem Adjutanten Hauptmann Rumpelstoß. 

Gert (Karl-Gerhart) Fröbe

Ersterer unvergleichlich preußisch gespielt von Gert Fröbe. Hauptmann Rumpelstoß dagegen (gespielt von Karl-Michael Vogler), der eigentlich als Pilot der kaiserlichen Luftmaschine vorgesehen war, fiel leider krankheitsbedingt aufgrund einer akuten Diarrhoe aus, weshalb Oberst Holstein mit den markigen und unvergessenen Worten „Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!“ dessen Part übernehmen musste.



Wie sich denken lässt, gelang es ihm trotz intensiven Studiums der Gebrauchsanleitung des Fluggeräts (genauer der „Heeresdienstanweisung zur Bedienung eines Flugzeugs“) nicht, dieses über den Ärmelkanal zu lenken… 1910 war ein Jahr, wo das motorgetriebene Flugzeug durchaus schon ein brauchbares Fluggerät war. Ein Jahr zuvor gelang dem Flugpionier Louis Blériot (1872-1936) die erstmalige Überquerung des Ärmelkanals. 

Warum fallen tonnenschwere Flugzeuge nicht vom Himmel?

Damals wunderten sich die Menschen noch darüber, wie sich solch ein schweres Gerät wie das Flugzeug überhaupt in der Luft halten kann, wo doch alles, was einem aus der Hand fällt, unweigerlich auf den Füßen landet. Heute wundert sich niemand mehr darüber, obwohl immer noch die Wenigsten erklären können, warum das so ist. Nun gut. ...



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