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Freitag, 16. Dezember 2016

Eine Wanderung in den Schluckenauer Zipfel

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Ende des 19. Jahrhunderts erlebte der Abbau von Mineralstoffen in der nördlichsten Enklave Böhmens, dem Schluckenauer Zipfel, einen Aufschwung. Um Schluckenau (Šluknov) herum wurden zahlreiche Steinbrüche erschlossen, die das begehrte Material, welches hart und damit sehr widerstandsfähig ist, zu Tage förderten. Besonders abgesehen hatte man es dabei auf sogenannte „Kröten“, die zwischen dem Granitgestein angetroffen wurden, in Wirklichkeit wohl um Diabas oder auch Grünstein genannt. So richtig einig war man sich damals scheinbar nicht, denn Paudler spricht noch von Diorit, aber der grüne Farbton des geschliffenen Materials spricht eher für Diabas. Verwendet wurde dieses Gestein vorwiegend in der Bildhauerei. Der Einsatz für den Straßenbau in Sachsen wurde eher als Verschwendung betrachtet, wie man bei Paudler nachlesen kann. 

''Geringe Sorten des Diorits werden in der Lausitz auch zu Pflasterwürfeln verarbeitet oder zu Schotter zerschlagen. Pflaster wie Schotter verleihen den Straßen eine ungemeine Dauerhaftigkeit, doch wird man den herrlichen Diorit unseres Niederlandes schwerlich zu so niedrigen Diensten verwenden, da er für Denkmäler wie erschaffen scheint und, abgesehen von den Grabmälern, auch sehr häufig auch für Kaiser Joseph Denkmäler Verwendung gefunden hat, wie Jeder, welcher diesem Theile der heimischen Culturgeschichte einige Aufmerksamkeit gewidmet hat, gern bestätigen wird. - Dioritbrocken werden wohl auch zu allerlei Nippsachen verarbeitet. So liegt in diesem Augenblicke auf meinem Tische ein Briefbeschwerer, auf welchem ein wohlgebildetes Ei ruht, beides aus Diorit und beides – auch das Ei – von tadelloser Arbeit.'

Dioritbrüche wurden in Niedergeorgswalde (Království-dolní část), in Lobendau (Lobendava), in Hainspach (Lipová) und in Kleinschönau (Malý Šenov) sowie ein mächtiges Vorkommen im 'Schweidrich' bei Schluckenau aufgeschlossen. Der älteste Dioritbruch wurde in Rosenhain (Rožany) betrieben. Der auffälligste Steinbruch dürfte der Botzen (Partyzánský vrch) bei Klein Schönau sein, denn er wird geradezu weggeschottert und dürfte in einigen Jahren von der Landkarte verschwunden sein, jetzt mutmaßlich zur Verwendung als Baustoff. Auf Sächsischer Seite, heute unmittelbar im Bereich der Landesgrenze gelegen, existierte der alte Bruch auf dem Taubenberg bei Taubenheim/Spree 

Ausgangspunkt unserer Wanderung, wieder einmal bei unfreundlichem Herbstwetter, ist Taubenheim. Flugs passieren wir die Grenze Richtung Rosenhain. Nachdem wir die tristen Verkaufsbuden in der Nähe des Grenzüberganges hinter uns gelassen haben, geht es hinauf zum Jockelsberg (Rožanský vrch) – und schon befinden wir uns inmitten der typischen Hügel-Landschaft des Böhmischen Niederlands. Der Weg führt direkt an den stillgelegten Rosenhainer Steinbrüchen vorbei, zunächst oberhalb rechts des Weges, dann links vom Wege ein tiefer Krater. Schön dass man hier vom Berge noch etwas stehen gelassen hat.

Schluckenau muss man bei dieser Jahreszeit nicht gesehen haben. Leider hat auch die Ausstellung der Weihnachtskrippe in der Kirche des Hl. Wenzel geschlossen (geöffnet nur an Wochenenden) und auch der Schlosspark lädt in dieser Jahreszeit nicht zum Verweilen ein. Der Rückweg führt uns in Richtung des verschwundenen Ortes Fugau (Fukov). Vorbei am ehemaligen Meierhof Königswalde, seitlich der Straße, erstreckt sich ein hübsches Wiesen-Tal mit kleinen Teichen, wieder die typische Landschaft des Schluckenauer Zipfels, östlich erhebt sich der Jüttelberg (Jitrovník). 

Die gesamte Wanderung wurde akustisch begleitet durch Sprenggeräusche. Über den Taubenberg verläuft die deutsch-tschechische Grenze. Von tschechischer Seite breitet sich ein großer und tiefer Steinbruch direkt bis an die Grenzmarkierung heran aus, wo diese Arbeiten wahrscheinlich im Laufe des Tages ausgeführt wurden. Nach Informationen eines Einheimischen gab es vor 1989 Vereinbarungen, wonach es dem tschechischen Staat erlaubt gewesen wäre, diesen Steinbruch auf deutscher Seite weiter voran zu treiben. Möglicherweise wäre dem Taubenberg so das gleiche Schicksal beschieden gewesen, wie dem Botzen. Glück gehabt. Die alten Steinbrüche im Gipfelbereich des Taubenberg auf deutscher Seite sind zugänglich und können besichtigt werden. Ein Lehrpfad unterrichtet über den Abbau, über die Mineralien und über Fauna und Flora.

Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.


Landschaft bei Rosenhain






Steinbruch am Jockelsberg




Kirche zum Hl. Wenzel





Blick zum Jüttelberg


 Landschaft bei Königswalde





Winter sieht normalerweise anders aus (am Taubenberg)





Schalenbruch am Taubenberg




Neben der Grenzmarkierung (zu ebener Erde) geht es senkrecht hinunter in den Steinbruch auf tschechischer Seite




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