Unlängst stieß ich auf einen Beitrag über das Děčínské Machu Picchu. Eine Indianerfestung in Böhmen? Wenn das kein Grund für eine Exkursion ist, was dann?
Zunächst war es nicht ganz einfach, diese Lokalität zu orten, letztendlich lief es auf den Bärenberg (Staré sídliště) bei Blankersdorf (Blankartice) hinaus. Die Internetpräsenz zu diesem Ort lässt schlussfolgern, dass man sich heute nicht restlos klar über die geschichtlichen Hintergründe des Areals ist, aber Staré sídliště deutet auf eine alte Siedlung hin.
Als Ausgangspunkt für die Wanderung diente uns Wernstadt (Vernerice), so dass sich die Tour mit weiteren interessanten Zielen verbinden lässt., z.B. den Gottesberg bei Wernstadt (Boží vrch) und den Trachyt-Steinbrüchen bei Algersdorf (Valkeřice).
Bedauerlicherweise stand die Tour unter keinem guten Stern, denn der Wetterbericht meines Vertrauens hatte mich arglistig getäuscht und die Sonne begann zu scheinen, als wir Wernstadt wieder erreichten, der Rest war Regen und Nebel, verbunden mit nassem Schuhwerk, so dass wir heute nur eine informative Runde drehen konnten, die uns aber zumindest einen guten Eindruck von der Gegend vermittelte und den dringenden Wunsch gebar, bei schönem Wetter wiederzukehren.
Dem Gottesberg nähern wir uns zu seinem Fuße, aber den Aufstieg durch nasses hohes Gras ersparen wir uns heute. Eigentlich wollten wir nachsehen, ob die Ruinen der 1975 abgerissenen Wallfahrtskirche noch zu finden sind.
„Westlich von Wernstadt ragt aus der fruchtbaren Höhenmulde, die der Bieberbach durchfließt, der kegelige, 554 m hohe Gottesberg empor. Vom Gipfel dieses basaltischen Berges leuchtet über die Baumkronen eine freundliche Kapelle mit ihrem roten Dache hernieder, der Osthang des Berges ist von zwei zu Wernstadt gehörigen Häusern, das eine mit Gastwirtschaft, besäumt. Diese Kapelle besteht aus einem mit einer Kuppel gekrönten Rundbau und einem eingedeckten, geschlossenen Kreuzgange, der an Sehenswürdigkeiten einen alten Predigtstuhl und eine vom ehemaligen Wernstädter Bürgermeister Johann Renstel gewidmete Lourdesgrotte aus Birkenrinde enthält. Vor der Kapelle befindet sich ein kunstvoll aus Marmor gearbeiteter ,,Betender Jesus.“ (Mittheilungen des Nordböhmischen Excursionsclubs, 1914, Nr. 2)
Nebenbei berichtet Paudler auch von Zwergen, die hier einst hausten.
„Auch auf dem Wernstädter Gottesberge haben einst die Zwerge gewohnt. Insbesondere lebten dort einmal sieben Zwerge, welche von einer Bauerstochter bedient wurden. Nach einigen Jahren wollte das Mädchen wieder heim, und die Zwerge versprachen ihr für ihre treuen Dienste eine Belohnung. Sie legten ihr aber nur eine handvoll Laub in ihre Schürze. Mißmuthig gieng das Mädchen von dannen und schüttete bald darauf das Laub weg. Als sie aber heim kam und sich auskleiden wollte, fiel ein Ducaten aus ihrer Schürze. Anfangs wusste sie nicht, woher er käme, bald aber besann sie sich des Laubes, das sie von den Zwergen bekommen hatte, und bereute nun sehr, dass sie es weggeworfen hatte.“ (A. Paudler, 'Ein deutsches Buch aus Böhmen, Teil 2)
Wir nähern uns dem Bärenberg, der kaum als solcher, eingebettet in die weitläufige Wiesenlandschaft, zu erkennen ist und in keiner der mir bekannten Heimatkundeliteratur Beachtung findet. Ein Stück dem Kamm nördlich folgend, findet aber der Krohnhübel (Na koruně) bei Dr. Hantschel freundliche Erwähnung.
„Wir biegen aber schon früher von der Straße r. [in Blankersdorf] auf einen Weg ab, der in 1¹/2 Std. auf den 624 m. h. Kronhübel führt, den höchsten Punkt des ziemlich kahlen Basaltrückens in der Haupterhebungslinie des Mittelgebirges. Der Punkt liegt fast allen Richtllngen offen u. bietet deshalb eine überraschende Rundsicht.“ Eine schöne Empfehlung für eine künftige Tour bei besserem Wetter.
Der gedehnte Gipfel des Bärenberges ist von Hecken überzogen und offenbar kaum begangen, ein interessanter Biotop für Vögel und Insekten. Auf der Karte sind einige Stellen als Aussichtspunkte markiert, die wir aufgrund der Witterung nicht weiter in Augenschein nehmen. Allerdings reicht die Sicht, um sich eine Vorstellung von der schönen Landschaft umher mit ihren Kuppen und Tälern zu machen, in denen die Dörfer Blankersdorf, Algersdorf oder Mertendorf (Merboltice) liegen.
Von Blankersdorf nehmen wir einen Wiesenpfad hinauf zur gegenüberliegenden Anhöhe. Dort oben befindet sich der erste einer Reihe von Trachyt-Steinbrüchen, die sich talwärts gen Algersdorf aneinanderreihen.
„Aus dem obersten Ortstheile führt ein Fahrweg sw. zu den 1844 erschlossenen Trachyt-Steinbrüchen. Dieses seltenere Gestein gilt als das anerkannt am meisten verspätete Feuerproduct des Mittelgebirges u. tritt hier in Gestalt eines von Basaltwacke umgebenen u. von gangförmigem Basalt durchsetzten Walles aus, der zu den verschiedensten, auch architektonischen Zwecken ausgebeutet wird. - Bei dem oberen der drei Brüche hat man einen hübschen Blick über Algersdorf auf die hochgelegene Kirche von Kleinbocken, auf den Kamnitzer Schloßberg dah. u die Kuppen des Kreibitzer Gebirges mit dem Kaltenberge; nach der entgegengesetzten Richtung sieht man über vorliegenden Höhen den Kamm des Geltschberges u. ganz nahe die Häuser von Schneppendorf (40 H.), welcher Ort seinen Namen von den einst unter dem Grafen Sporck hier abgehaltenen Schnepfenjagden erhalten haben soll.“ (Dr. Hantschel)
Graf v. Sporck war einer der reichsten Adligen in Böhmen, aber ausgestattet mit einigen Marotten und einer großen Jagdleidenschaft. „Der genannte Graf war bekanntlich ein großer Freund der Jagd und des Vogelstellens, weshalb er denn auch in Algersdorf ein Schlösschen erbauen und mehrere Herde zum Vogelfangen herrichten ließ, deren Namen sich bis zum heutigen Tage erhalten haben.“ (Mittheilungen des NEC, 1884, Bd. 1) Dies stützt durchaus die Theorie, dass man auf dem Bärenberg der Vogelfallenstellerei nachging.
Kurz vor Ende der Tour, als wir nun endlich von den Höhen wieder Wernstadt erblicken, zeigt sich recht schön die Sonne, zu spät für uns am heutigen Tage.
Die Heimfahrt verlegen wir über Konoged, um uns ein Bild vom Stand der Bauarbeiten am dortigen Schloss zu machen. Es sieht recht fortgeschritten aus. Eigentümer war übrigens Graf von Sporck.
Die die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
Lustlose Umrundung des Bärenberges
Trachyt-Steinbrüche bei Algersdorf
Endlich ist der Regen vorbei und schon zeigt sich der Geltsch
Die Kirche von Wernstadt
Der Schnappschuss am Markt von Wernstadt verspricht mehr, als man erwarten kann
Schloss und Kirche Konoged
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