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Samstag, 30. Januar 2021

Silvester zum Schanzberg

 Ein Gastbeitrag von Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf


Manche Ziele verschiebt man oft, verliert sie wieder aus den Augen.
Dazu zählte bei mir der Schanzberg bei Oberseifersdorf, in der Nähe von Zittau.
Das angenehme Wetter am letzten Tag des Jahres 2020 und die Corona-Reichweite von 15 km trugen dazu bei, diesen im ersten Moment unspektakulären Hügel zu besuchen.


Der Hauptgrund für die kleine Wanderung war die historische Vermessungssäule auf dem Schanzberg.


Von der B178 (alt) biegt man in Oberseifersdorf auf die Willi-Gall-Straße ab, die in den Hinteren Weg übergeht. Etwa 400 Meter nach dem Sportplatz kann man in der Nähe von landwirtschaftlichen Gebäuden parken. Von dort aus geht es zu Fuß weiter.


Man folgt dem Feldweg mit der kleinen Allee.


Moos und Flechten an den Bäumen


Die letzten Hagebutten


Zwei Windräder (von vier) auf der kleinen Anhöhe.


Ein weiteres leuchtet in der tief stehenden Nachmittagssonne.


Direkt neben dem „Gipfel“ steht eine weitere Windkraftanlage.


Blickrichtung nach Norden


Der Große Berg (438 Meter) und die Christophhäuser


Der Schanzberg ist vollständig mit Büschen bewachsen.


Es gibt nur einen schmalen Zugang durch das Gestrüpp aus südlicher Richtung.
Auf vielen aktuellen Karten und auch bei Wikipedia hat der Schanzberg eine Höhe von 408 Metern.


Die historische Vermessungssäule mit der Infotafel (Der Text befindet sich im Anhang)


Bei der Königlich Sächsischen Triangulierung von 1865 war der Schanzberg die Station II. Ordnung mit der Nummer 40 (von 122).


Die Station aus Herwigsdorfer Granit ist 1,1 Meter hoch. Als Schutz trägt sie eine Abdeckplatte.
Die Kosten betrugen damals 120 Mark.


Früher freistehend mit weitem Ausblick ist die Vermessungssäule auf der Kuppe vom Schanzberg heute bei Vegetation kaum erkennbar.


Nur etwa 30 Meter neben der Säule steht heute dieses Windrad.


Im Schatten hält der Frost den ganzen Tag an.




Jeder historische Vermessungspunkt - auch der Schanzberg - ist ein Aussichtspunkt:
Im Nordosten der Hutberg bei Schönau Berzdorf


Der Blick nach Osten


Kraftwerk Turow hinter der Neiße


Im Isergebirge liegt schon Schnee: Die Tafelfichte (Smrk, 1124 Meter)


Der Sichhübel (Jizera, 1122 Meter)


Die Gebirgskette im Süden


Der Jeschken (Jested, 1012 Meter)


Das Zittauer Gebirge:
Töpfer (582 Meter), Ameisenberg (575 Meter) und Jonsberg (653 Meter), dahinter der Hochwald (749 Meter).


An der Lausche (793 Meter) braut sich ein Schauer zusammen.


Die Strahlen der tiefstehenden Sonne durchbrechen die Wolkenlücken.


Auf dem Rückweg kurz vor Oberseifersdorf


Stimmungsvoller Abschied von 2020 - mal ohne Feuerwerk

Anhang

Der Text auf der Infotafel neben der Vermessungssäule:

Historische Triangulationssäule Schanzberg
- ein geschütztes Kulturdenkmal

Die Vermessungssäule wurde im April 1865 auf der höchsten Kuppe des Schanzberges, nordöstl. von Oberseifersdorf, errichtet. Dafür erwarb man nachträglich vom Gutsbesitzer J. A. Krische In Oberseifersdorf am 7. Januar 1867 ein Baurecht. Die auf Klingstein mit Basalt gegründete Station aus Herwigsdorfer Granit besteht aus einer unterirdischen Grundschicht und dem 1,1 m hohen Pfeiler. Eine Abdeckplatte war zum Schutz der oberen Fläche aufgelegt. Der Bau wurde unter Leitung von Prof. Nagels Assistenten Friedrich Robert Helmert ausgeführt und kostete 120 Mark.
Der ehemalige Festpunkt der Landesvermessung war über Jahrzehnte ein Bezugspunkt für örtliche Detailvermessungen und Kartenherstellungen. Der auch heute noch abseits von Ortschaften und Hauptwanderwegen liegende Punkt ist sehr gut erhalten und durch Büsche und Sträucher geschützt. Das Denkmal der sächsischen Vermessungsgeschichte steht in etwa 2 km Entfernung auf dem kleinen Gipfel des als Plateaufläche geprägten Schanzbergs in 408 m Höhe. Etwa 30 m entfernt steht ein markantes Windrad.
 

Christian August Nagel
geb.:   17.05.1821 in Grünberg
gest.:  23.10. 1903 in Dresden

Nach dem Studium der Ingenieurwissenschaften, bei Prof. Andreas Schubert wurde August Nagel der erste ordentliche Lahrer (1852) und Professor (1858) für Geodäsie an der Königlich Sächsischen Polytechnischen Schule in Dresden. E war der maßgebliche Gestalter der Gradmessung im Königreich Sachsen und Initiator und praktischer Betreuer bedeutender geodätischer Projekte, wie der Königlich Sächsischen Triangulirung, der Vermessung des Erzgebirgischen Kohlenbassins oder der Stadtvermessungen von Dresden und Leipzig.  Ab 1888 war er gleichzeitig Direktor des Mathematisch-Physikalischen Salons im Dresdner Zwinger.
 

Gradmessung und Triangulierung im Königreich Sachsen
Bei der Landesvermessung 1862 bis 1890 wurden zwei Dreiecksnetze geschaffen, das Netz für die Gradmessung im Königreich Sachsen (Netz I. Classe) mit 36 Punkten und die Königlich Sächsische Triangulirung (Netz II. Classe) mit 122 Punkten. Die Arbeiten standen unter der Leitung von Prof. Christian August Nagel. Damit verfügte Sachsen auf dem Gebiet der Landesvermessung über eines der modernsten Lagenetze in Deutschland. Für den Maßstab der beiden Netze wurde bei Großenhain eine knapp 9 km lange Basislinie gemessen. Im restaurierten Basishaus  bei Quersa erinnert ein kleines Museum an diese Arbeiten.
Neben der Triangulation erfolgte auch eine astronomische Orientierung des Dreiecksnetzes und es wurde ein erstes Landesnivellement zur Bestimmung von Höhenfestpunkten ausgeführt.
Die Mitteleuropäische Gradmessung wurde schon bald durch den Beitritt von vielen Staaten zur Internationalen Erdmessung erweitert, die eine der ersten wissenschaftlichen Vereinigungen der Welt war.

Die vielfältigere Nutzung von geodätischen Festpunkten und Fortschritte in den Messtechnologien in der Mitte des 20. Jahrhunderts erforderten die Schaffung von neuen, besser zugänglichen Trigonometrischen Punkten. Diese waren während der Vermessung oft mit hölzernen Hochsignalen überbaut. Historische Vermessungssäulen verloren damit ihre praktische Bedeutung. In der Gegenwart sind dreidimensionale Koordinatenbestimmungen mit satellitengestützten Navigationssystemen, wie dem GPS, in hoher Genauigkeit und in kürzester Zeit an fast jedem Ort möglich.

 



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