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Mittwoch, 21. Juni 2023

Der Triangulationspunkt Königshain (Działoszyn) in der Oberlausitz

 Ein Gastbeitrag von Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf


In den Jahren 1862 bis 1890 wurde mit der Königlich-Sächsische Triangulirung für das Königreich Sachsen ein Netz von Vermessungspunkten geschaffen. Der 2. Weltkrieg führte dazu, dass einige Triangulationspunkte nicht mehr auf deutschem Territorium liegen. Das trifft auch für die Station Königshain zu.


Königshain, heute Działoszyn in Polen, liegt auf der anderen Seite der Neiße, etwa gegenüber von Ostritz.
Die nächstgelegenen Straßenübergänge für PKW liegen in Zittau bzw. in Hagenwerder. In Königshain (Działoszyn) fährt man in Höhe der Kirche in Richtung Maxdorf (Wyszków). Am Ortsausgang kann man links an einem Feldweg parken.


Auf der rechten Straßenseite steht diese Infotafel zum Triangulationspunkt Königshain, allerdings in einem bedauerlichen Zustand. Von dem Schutzdach ist nicht mehr viel übrig geblieben. 
Im Anhang finden Sie die Übersetzung und einige Bilder von dieser Tafel.


Die Tafel ist der einzige Hinweis auf den historischen Vermessungspunkt. Es gibt keinen weiteren Wegweiser!
Fraglich war, wo der Triangulationspunkt liegt – und wenn er überhaupt noch existiert, in welchem Zustand er sich befindet.
Diese Koordinaten aus dem Internet sollten zum Ziel führen:
50°59′4.5″N, 14°58′0.9″E
Deshalb folgte ich dem Feldweg unter den Hochspannungsleitungen für etwa 800 Meter. Irgendwo rechts sollte der Punkt liegen, dort war aber kein markanter Berg! Nur ein kleiner Hügel mitten im Feld, zu dem kein Weg führt!


Durch das Feld gelangt man zu dem felsigen Hügel.


Und plötzlich tauchte im hohen Gras die Säule auf.


Sie befindet sich in einem erstaunlich gutem Zustand.


Dieses Foto auf der Infotafel ließ Schlimmes befürchten.


Die Rekonstruktion erfolgte 2011. Der alte Anstrich wurde entfernt und die Originalinschrift erneuert und lesbar gemacht. Die verlorene Steinabdeckung der Säule wurde ersetzt.


Der Triangulationspunkt wurde 1865 errichtet. Unter der Jahreszahl ist eine Höhenmarkierung zu erkennen.
Es ist die Station II. Ordnung mit der Nummer 37 (von 122) und damit die erste nach den 36 Stationen der I. Ordnung. Die Nummerierung erfolgte von Ost nach West.
Die Säule ist 1,3 Meter hoch und besteht aus Herwigsdorfer Granit. 
Der Bau der Säule kostete damals 132 Mark.


Die Nordseite der Säule ist durch ein Dreieck gekennzeichnet.


In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich der Lochstein für eine Signalstange.
Im Rahmen der Königlich-Sächsische Triangulirung wurden von der Station Königshain Richtungsmessungen zu den benachbarten Dreieckspunkten Hutberg, Schanzberg und Gückelsberg ausgeführt.


Triangulationspunkte waren weit sichtbar und bieten deshalb eine gute Aussicht. Für den Heideberg (Porąbka, 352 Meter) trifft das heute nur noch zum Teil zu:
Heufuder (Stóg Izerski, 1107 Meter) und Tafelfichte (Smrk, 1124 Meter), rechts Wittigberg (Smědavská hora, 1084 Meter)


Der Iserkamm vom Wittigberg (Smědavská hora, 1084 Meter), Siechhübel (Jizera, 1122 Meter) und Taubenhaus (Hulobnik, 1070 Meter) bis zum Mittagsberg (Polednik, 864 Meter) und Grubberg (Stržový vrch, 704 Meter)


Die bewaldete Abraumhalde vom Kraftwerk Turów. Hier hatte man früher noch freie Sicht.


Die Windkraftanlagen bei Engelsdorf (Andělka) auf dem Lohnberg (Větrný, 385 m)


Im Norden: Rechts die Landeskrone (419 Meter) bei Görlitz, links der Schwarze Berg (393 Meter)


Rechts der Schwarze Berg (393 Meter), dahinter die Königshainer Berge, in der Mitte der Friedersdorfer Berg (395 Meter), ganz links der Rotstein (455 Meter)


Der Rotstein (455 Meter) jetzt rechts, links der Sornßiger Berg (503 Meter) und dahinter Löbauer Berg (448 Meter) und Schafberg (449 Meter)


Lausche (793 Meter), Finkenkoppe (Pěnkavčí vrch, 792 Meter) und Weberberg (710 Meter)
Leider sind die Berge auf deutscher Seite nur durch die Hochspannungsleitungen hindurch sichtbar.


Deshalb versuche ich es weiter unterhalb vom Heideberg (Porąbka, 352 Meter)


Es wird aber nicht besser: Die Lausche (793 Meter) ist nur noch zwischen den Bäumen zu sehen. 


Dafür sieht man jetzt den Hochwald (749 Meter).


Jetzt unter den Drähten: Die Landeskrone (419 Meter)


Ohne Drähte: Der Rotstein (455 Meter), links der Georgenberg (396 Meter)


Auch störungsfrei: Der Sornßiger Berg (503 Meter), 
rechts dahinter Löbauer Berg (448 Meter) und Schafberg (449 Meter), links dahinter der Hochstein (534 Meter)


Die Rauchsäule vom Kraftwerk Turów 


Die Lausche (793 Meter) genau über der Kirchturmspitze von Königshain (Działoszyn), aber auch nur durch die Freileitungen hindurch!


Jetzt zwischen den Drähten: Der Hochwald (749 Meter).


Anhang:
Sechs Bilder und die automatische Übersetzung der Infotafel am Ortsausgang von Königshain

Historischer Triangulationspunkt Königshain (Działoszyn)
- ein geschütztes Kulturdenkmal
Die Vermessungssäule wurde auf dem höchsten Punkt des Hügels aufgestellt, der sich an der Straße befindet, die Königshain (Działoszyn) mit Friedreich (Wolanów) und Weigsdorf (Wigancice) verbindet. Der Grundbesitzer, Herr Ronsch, erteilte die Genehmigung für den Bau der Säule an dieser Stelle. Die Steinsäule besteht aus grobkörnigem Herwigsdorfer Granit und ragt etwa 1,3 Meter über den Boden. Der Bau der Säule wurde von Professor Nagels Assistent Helmert überwacht und kostete 132 Mark.
Die Säule wurde gemäß den Empfehlungen der Baukunst im Jahr 2011 von Herrn Sebastian Lichodziejewski im Auftrag des Verbandes Deutscher Vermessungsingenieure Sachsen (DVW) und des Verbandes Polnischer Vermessungsingenieure (SGP) restauriert. Der alte Anstrich wurde entfernt und die alte Originalinschrift erneuert und lesbar gemacht. Die verlorene Steinabdeckung der Säule wurde rekonstruiert. Die Arbeiten wurden aus Mitteln des Landes Sachsen und beider Verbände finanziert. 


Zustand vor der Erneuerung 


Gradmessung und Triangulation im Königreich Sachsen
Bei der Landesvermessung 1862 bis 1890 wurden zwei Dreiecksnetze geschaffen, das Netz für die Gradmessung im Königreich Sachsen (Netz I. Klasse) mit 36 Punkten und die Königlich Sächsische Triangulirung (Netz II. Klasse) mit 122 Punkten. Die Arbeiten standen unter der Leitung von Prof. Christian August Nagel. Damit verfügte Sachsen auf dem Gebiet der Landesvermessung über eines der modernsten Lagenetze in Deutschland. Für den Maßstab der beiden Netze wurde bei Großenhain eine knapp 9 km lange Basislinie gemessen. Im restaurierten Basisendpunkt bei Quersa erinnert ein kleines Museum an diese Arbeiten. 
Neben der Triangulation erfolgten auch astronomische Messungen und es wurde ein erstes Landesnivellement zur Bestimmung von Höhenfestpunkten ausgeführt. 
Die Mitteleuropäische Gradmessung wurde schon bald durch den Beitritt von vielen Staaten zur Internationalen Erdmessung erweitert, die eine der ersten wissenschaftlichen Vereinigungen der Welt war.
Die vielfältigere Nutzung von geodätischen Festpunkten und Fortschritte in den Messtechnologien in der Mitte des 20. Jahrhunderts erforderten die Schaffung von neuen, besser zugänglichen Trigonometrischen Punkten. Diese waren während der Vermessung oft mit hölzernen Hochsignalen überbaut. Historische Vermessungssäulen verloren damit ihre praktische Bedeutung. In der Gegenwart sind dreidimensionale Koordinatenbestimmungen mit satellitengestützten Navigationssystemen, wie dem GPS, in hoher Genauigkeit und in kürzester Zeit an fast jedem Ort möglich.
  


Im Laufe vieler Jahre wurden von diesem Punkt aus geodätische Vermessungen zu den benachbarten Punkten von Professor Nagel durchgeführt - unter anderem zum: Hutberg, Schanzberg, Gückelsberg.


Nagelsäule Klasse II hier am Beispiel der Station 35 WEIDA, die analog zur Station 37 Działoszyn (Königshain) gebaut wurde.


 
Christian August Nagel 
geb.: 17.05.1821 in Grünberg 
gest. 23.10.1903 in Dresden


Nach dem Studium der Ingenieurwissenschaften wurde August Nagel erster ordentlicher Lehrer (1852) und Professor (1858) für Geodäsie an der Königlich Sächsischen Polytechnischen Schule in Dresden. Er war der Gestalter der Triangulation im Königreich Sachsen und Initiator sowie praktischer Betreuer bedeutender Projekte, wie der Vermessung des Erzgebirgischen Kohlenbassins und der Stadtvermessungen von Dresden und Leipzig. Ab 1888 war er Direktor des Mathematisch-Physikalischen Salons im Dresdner Zwinger.
  


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