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Mittwoch, 11. Oktober 2023

Die Aussichtsplattform der St. Annen-Kirche in Annaberg

Ein Gastbeitrag von Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf 


Das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt Annaberg-Buchholz im Erzgebirge ist die St. Annenkirche.
Sie ist mit 65 Metern Länge und 40 Metern Breite die größte Hallenkirche der Spätgotik in Sachsen. Der Turm besitzt eine Aussichtsplattform in 32 Meter Höhe.
Vom Aussichtsturm auf dem Pöhlberg aus fotografiert


Die St. Annenkirche liegt im Zentrum von Annaberg. Parken kann man am besten in der Tiefgarage am Markt. Über die Große Kirchgasse kommt man zur Kirche, der Zugang zum Turm befindet sich an der Ecke vom Oberen Kirchplatz.


Die Große Kirchgasse führt steil aufwärts zur St. Annenkirche.


Die Bauzeit der St.-Annen-Kirche war von 1400-1525, die Grundsteinlegung für den Turm erst 1503.
Durch ein Wintergewitter brannte 1813 der Turm ab. Ein Jahr später erfolgte der Wiederaufbau in der heutigen Form.
Alte Ansicht von 1934 - Foto aus der Ausstellung im Treppenhaus des Turmes


Der Kirchturm hat eine Höhe von 78,6 Meter, das Kreuz ist 3 Meter hoch.
1976 wurde die Turmhaube mit Kupfer gedeckt.


Der Eingang zur Kirche. Die Mauerstärke ist 4,40 Meter.


Der Innenraum dieser Hallenkirche an der Schwelle zwischen Spätgotik und Renaissance ist 28 Meter hoch.


Der Eingang zum Turm am Oberen Kirchplatz - Ecke Große Kirchgasse.
Öffnungszeit ist von Mai bis Oktober
Montag – Samstag 10.00 – 17.00 Uhr
Sonntag und kirchliche Feiertage 13.30 – 17.00 Uhr
Bei ungünstiger Witterung bleibt der Turm geschlossen.


Eingangsbereich und Treppenaufgang mit vielen Infos
Den Text von zwei Tafeln finden Sie im Anhang.


Wichtigster Hinweis auf dem gelben Zettel:
Die Kasse befindet sich in Höhe des Turmrundganges


Das Treppenauge von unten


„Hüttenfactor und seiner Ehefrau", geschnitzt von Jesko Lange


Bis zum Rundgang sind 174 Stufen zu erklimmen, bis zur Laterne in 61 Meter Höhe (nicht öffentlich) wären es sogar 296 Stufen.


Ausstellung zur Lebensweise der Türmer in vergangenen Zeiten:
Von der Kücheneinrichtung …


… bis zur Seilwinde mit Fäkalienkübel!


Das Geläut aus Bronze:
Die große Glocke ca. 60 Zentner, die mittelgroße Glocke ca. 31 Zentner, die kleine Glocke ca. 13 Zentner und die Häuerglocke ca. 8 Zentner.
Drei Glocken wurden 1942 abgenommen, 1946 in Hamburg aufgefunden und sind 1948 zurückgekehrt.


An der Kasse erhält man die Eintrittskarte mit der sehr informativen Rückseite.


Auf dem 32 Meter hohen Rundgang


Der Rund-um-Blick  beginnt im Osten beim Pöhlberg (831 Meter).


Die Große Kirchgasse nach Südost, rechts der Bärenstein (898 Meter)


Im Süden:  Der Bärenstein (898 Meter), Keilberg (Klinovec, 1244 Meter) und Fichtelberg (1215 Meter) werden leider von Wolken verdeckt.


Die Große Kirchgasse nach Nordwest, darüber der Schreckenberg (649 Meter) mit Burgruine, links der Ort Frohnau.


Der Blick über das Kirchendach nach Norden


Noch einmal größer:
Vorn der Gebäudekomplex vom Bildungszentrum Adam Ries, hinten der Pöhlberg (831 Meter).


Der Aussichtsturm auf dem Pöhlberg (831 Meter)


Der Bärenstein (898 Meter)


Die Dächer von Annaberg:  Unten das Erzgebirgsmuseum an der Ecke Große Kirchgasse – Obere Badergasse


Noch einmal die Große Kirchgasse in Richtung Markt, rechts der Giebel vom Kirchenschiff der St. Annenkirche mit fast der gleichen Höhe wie die Aussichtsplattform.
 

Die Bergkirche Sankt Marien


Turm und Dach vom Rathaus


Das Gebäude der Erzgebirgssparkasse


Die Fortbildungsakademie der Wirtschaft  


Es geht wieder abwärts


Bei einem Aufenthalt in Annaberg-Buchholz ist ein Besuch der St. Annenkirche mit der 32 Meter hohen Aussichtsplattform unbedingt zu empfehlen.


Die WANDER CARD von der St. Annenkirche

Die WANDER CARD von Annaberg-Buchholz der St. Annenkirche
 
 
 
 
 
Anhang
 
Der Inhalt von zwei Infotafeln im Treppenaufgang des Turmes
 
Die Türmerwohnung
 
Mit Fertigstellung des achteckigen Turmaufbaues im Jahre 1533 wurde oberhalb der Glockenstube eine Türmerwohnung eingerichtet. 
Die Wohnung befindet sich in einer Höhe von 42 m über dem Erdboden, bzw. 668,45 m über dem Meeresspiegel. Um diese zu erreichen, müssen nach wie vor 211 Stufen bewältigt werden.
Mit Ausnahme von Zeiten der Sanierung war die Wohnung immer mit einer Türmerfamilie besetzt.
Mit ihren 80 qm ist die Wohnung im Turm von St. Annen in Vergleich zu anderen Türmerwohnungen doch recht geräumig.
Auch wurden viele technische Neuerungen sehr früh im Turm umgesetzt. So gab es zum Beispiel schon 1879 einen Telefonanschluss und seit 1926 ein WC. Bei einem großen Umbau in Jahre 1955 werde ein Bad eingebaut.
Um Lasten leichter in die Höhe befördern zu können, gab es von alters her eine Seilwinde. Bis 1955 wurde diese manuell bedient. Mit Einzug der Türmerfamilie Karl Löschner wurde das Aufwinden erleichtert, da der Schwiegersohn des Türmers von der Wismut AG eine elektrische Winde erstand, die bis zum heutigen Tage ihren Dienst versieht.
 
 
Schicksal der europäischen Glocken im Ersten und Zweiten Weltkrieg
 
Während des Ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918 wurden ungefähr 70 000 Glocken für Kriegszwecke abgeliefert, von denen nur 250 auf ihre Heimattürme zurückkehrten. Grund dieser großen Vernichtung war, dass im Ersten Weltkrieg beschlagnahmte Kirchenglocken gleich auf den Türmen zerschlagen wurden.

Europaweit wurden 50 % aller Glocken vernichtet.
Im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges wurde in den Jahren 1941/42 durch Generalfeldmarschall Hermann Göring erlassen, dass die Glocken „zur Stärkung der deutschen Metallreserve für Zwecke der Kriegsführung auf lange Sicht“ abzuliefern seien. Da die Glockenbronze zu Mitte des 20. Jahrhunderts für die Waffenproduktion untauglich war, handelte es sich dabei um einen rein psychischen Beweggrund. Es sollten die emotionalen Bande der Menschen zu ihren Glocken zerschnitten werden. Sie hatten eine große Symbolkraft als Verkünderinnen von Leben und Tod, in Freud und Leid. Der Klangraum der Glocken war Heimat. Sie bestimmte die Klangsilhouette der Dörfer und Städte samt ihrer Umgebung. Ihr Geläut war für viele Menschen wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der Identität ihrer kirchlichen und auch weltlichen Gemeinde.
So rabiat wie im Ersten Weltkrieg wurde mit den Glocken im Zweiten nicht umgegangen. Nach der Beschlagnahmung erhielten alle Glocken eine für ihre Identifizierung und Zuordnung zur jeweiligen Stadt und Kirchgemeinde eindeutige Kennzeichnung, welche mit Ölfarbe auf die Glocken geschrieben wurde. Man war bestrebt die Glocken im Ganzen von den Türmen abzulassen. Per Bahn und Schiff wurden sie in den Hamburger Freihafen gebracht und neben sowie übereinander gelagert. Diese sogenannten Glockenfriedhöfe, auf denen die Glocken zur letzten Ruhe gebettet wurden, bevor sie der Vernichtung anheimfielen, hatten etwas unsagbar Wehmütiges. Die Zertrümmerung der Glocken ging auf dem in der Nähe gelegenen Zertrümmerungsplatz vor sich. Hier wurden die kleineren Glocken mit einem schweren Hammer zerschlagen, die größeren gesprengt. Gewöhnlich ertönte die Glocke im Augenblick des Sprengens noch einmal, als wenn sie ihren letzten Klagelaut von sich geben würde.

Von den 100 000 abgelieferten Glocken konnten ca. 16 000 nach Kriegsende bis 1952 zurückgeführt werden.
Wir in St. Annen sind in der glücklichen Lage, dass im Ersten Weltkrieg unser Geläut von der Zerstörung verschont blieb. Nur die Häuerglocke in der Turmlaterne wurde zerschlagen und in Einzelteilen abgenommen. Sie wurde 1922 durch das Gießen einer neuen Glocke ersetzt und wieder an der alten Stelle im Turm aufgehängt. Im Zweiten Weltkrieg konnte, trotz der Ablieferung, die große und kleine Glocke unseres einmaligen St.-Annen-Geläutes zurückgeführt und wieder in Dienst gestellt werden. Die mittlere blieb als Einzige durchgängig im Turm. Unsere Häuerglocke in der Laterne fiel wieder dem Krieg zum Opfer. Sie wurde abgenommen und eingeschmolzen. Diesmal konnte man sie erst 2001 durch die jetzige in der Laterne hängende Häuerglocke ersetzen.

Türmer Matthias Melzer


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