Ein Gastbeitrag von Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf
Sie ist mit 65 Metern Länge und 40 Metern Breite die größte Hallenkirche der Spätgotik in Sachsen. Der Turm besitzt eine Aussichtsplattform in 32 Meter Höhe.
Vom Aussichtsturm auf dem Pöhlberg aus fotografiert
Durch ein Wintergewitter brannte 1813 der Turm ab. Ein Jahr später erfolgte der Wiederaufbau in der heutigen Form.
Alte Ansicht von 1934 - Foto aus der Ausstellung im Treppenhaus des Turmes
1976 wurde die Turmhaube mit Kupfer gedeckt.
Öffnungszeit ist von Mai bis Oktober
Montag – Samstag 10.00 – 17.00 Uhr
Sonntag und kirchliche Feiertage 13.30 – 17.00 Uhr
Bei ungünstiger Witterung bleibt der Turm geschlossen.
Die große Glocke ca. 60 Zentner, die mittelgroße Glocke ca. 31 Zentner, die kleine Glocke ca. 13 Zentner und die Häuerglocke ca. 8 Zentner.
Drei Glocken wurden 1942 abgenommen, 1946 in Hamburg aufgefunden und sind 1948 zurückgekehrt.
Vorn der Gebäudekomplex vom Bildungszentrum Adam Ries, hinten der Pöhlberg (831 Meter).
Noch einmal die Große Kirchgasse in Richtung Markt, rechts der
Giebel vom Kirchenschiff der St. Annenkirche mit fast der gleichen Höhe
wie die Aussichtsplattform.
Die WANDER CARD von Annaberg-Buchholz der St. Annenkirche
Anhang
Der Inhalt von zwei Infotafeln im Treppenaufgang des Turmes
Die Türmerwohnung
Mit Fertigstellung des achteckigen Turmaufbaues im Jahre 1533 wurde oberhalb der Glockenstube eine Türmerwohnung eingerichtet.
Die Wohnung befindet sich in einer Höhe von 42 m über dem Erdboden, bzw.
668,45 m über dem Meeresspiegel. Um diese zu erreichen, müssen nach wie
vor 211 Stufen bewältigt werden.
Mit Ausnahme von Zeiten der Sanierung war die Wohnung immer mit einer Türmerfamilie besetzt.
Mit ihren 80 qm ist die Wohnung im Turm von St. Annen in Vergleich zu anderen Türmerwohnungen doch recht geräumig.
Auch wurden viele technische Neuerungen sehr früh im Turm umgesetzt. So
gab es zum Beispiel schon 1879 einen Telefonanschluss und seit 1926 ein
WC. Bei einem großen Umbau in Jahre 1955 werde ein Bad eingebaut.
Um Lasten leichter in die Höhe befördern zu können, gab es von alters
her eine Seilwinde. Bis 1955 wurde diese manuell bedient. Mit Einzug der
Türmerfamilie Karl Löschner wurde das Aufwinden erleichtert, da der
Schwiegersohn des Türmers von der Wismut AG eine elektrische Winde
erstand, die bis zum heutigen Tage ihren Dienst versieht.
Schicksal der europäischen Glocken im Ersten und Zweiten Weltkrieg
Während des Ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918 wurden ungefähr 70
000 Glocken für Kriegszwecke abgeliefert, von denen nur 250 auf ihre
Heimattürme zurückkehrten. Grund dieser großen Vernichtung war, dass im
Ersten Weltkrieg beschlagnahmte Kirchenglocken gleich auf den Türmen
zerschlagen wurden.
Im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges wurde in den Jahren 1941/42 durch
Generalfeldmarschall Hermann Göring erlassen, dass die Glocken „zur
Stärkung der deutschen Metallreserve für Zwecke der Kriegsführung auf
lange Sicht“ abzuliefern seien. Da die Glockenbronze zu Mitte des 20.
Jahrhunderts für die Waffenproduktion untauglich war, handelte es sich
dabei um einen rein psychischen Beweggrund. Es sollten die emotionalen
Bande der Menschen zu ihren Glocken zerschnitten werden. Sie hatten eine
große Symbolkraft als Verkünderinnen von Leben und Tod, in Freud und
Leid. Der Klangraum der Glocken war Heimat. Sie bestimmte die
Klangsilhouette der Dörfer und Städte samt ihrer Umgebung. Ihr Geläut
war für viele Menschen wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der
Identität ihrer kirchlichen und auch weltlichen Gemeinde.
So rabiat wie im Ersten Weltkrieg wurde mit den Glocken im Zweiten nicht
umgegangen. Nach der Beschlagnahmung erhielten alle Glocken eine für
ihre Identifizierung und Zuordnung zur jeweiligen Stadt und
Kirchgemeinde eindeutige Kennzeichnung, welche mit Ölfarbe auf die
Glocken geschrieben wurde. Man war bestrebt die Glocken im Ganzen von
den Türmen abzulassen. Per Bahn und Schiff wurden sie in den Hamburger
Freihafen gebracht und neben sowie übereinander gelagert. Diese
sogenannten Glockenfriedhöfe, auf denen die Glocken zur letzten Ruhe
gebettet wurden, bevor sie der Vernichtung anheimfielen, hatten etwas
unsagbar Wehmütiges. Die Zertrümmerung der Glocken ging auf dem in der
Nähe gelegenen Zertrümmerungsplatz vor sich. Hier wurden die kleineren
Glocken mit einem schweren Hammer zerschlagen, die größeren gesprengt.
Gewöhnlich ertönte die Glocke im Augenblick des Sprengens noch einmal,
als wenn sie ihren letzten Klagelaut von sich geben würde.
Wir in St. Annen sind in der glücklichen Lage, dass im Ersten Weltkrieg
unser Geläut von der Zerstörung verschont blieb. Nur die Häuerglocke in
der Turmlaterne wurde zerschlagen und in Einzelteilen abgenommen. Sie
wurde 1922 durch das Gießen einer neuen Glocke ersetzt und wieder an der
alten Stelle im Turm aufgehängt. Im Zweiten Weltkrieg konnte, trotz der
Ablieferung, die große und kleine Glocke unseres einmaligen
St.-Annen-Geläutes zurückgeführt und wieder in Dienst gestellt werden.
Die mittlere blieb als Einzige durchgängig im Turm. Unsere Häuerglocke
in der Laterne fiel wieder dem Krieg zum Opfer. Sie wurde abgenommen und
eingeschmolzen. Diesmal konnte man sie erst 2001 durch die jetzige in
der Laterne hängende Häuerglocke ersetzen.
Türmer Matthias Melzer
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