Ein Gastbeitrag von Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf
Der 898 Meter hohe Bärenstein ist einer der Tafelberge im Erzgebirge. Auf ihm gibt es ein Berghotel mit Aussichtsturm.
Von der Bundesstraße B95 Annaberg-Buchholz in Richtung Oberwiesenthal
biegt man im Ort Bärenstein nach der Kirche rechts in die Bergstraße
ein. Nach 1,3 Kilometern mit einer anspruchsvollen Steigung von bis zu
15 % gelangt man direkt bis zum Ziel.
Der große Parkplatz am Berghotel mit dem Aussichtsturm.
Der Erzgebirgsverein Bärenstein bemühte sich schon seit 1890 vergeblich
um den Bau eines Aussichtsturmes. 1903 wurde eine kleine Schutzhütte
errichtet. Erst 1911 wurde der Bau eines Unterkunftshauses mit Turm
genehmigt. Deshalb musste auch eine Straße sowie Strom- und
Wasserleitung gebaut werden.
Alte Postkarte von 1911
Grundsteinlegung war am 1. Mai 1913, Einweihung nach nur 7 Monaten am 30. November 1913.
Alte Postkarte von 1913
Der überdachte Aussichtsturm ist 27 Meter hoch.
Alte Postkarte von 1919
Das Gasthaus wurde in den Folgejahren mehrfach erweitert, so auch 1937.
Alte Postkarte um 1940
Am 11. September 1944 wurde der Turm beim Luftkrieg über dem Erzgebirge
beschädigt (Siehe Anhang). In der Wendeltreppe sind noch heute die
Einschüsse zu sehen.
Alte Postkarte um 1940
1992/93 wurde das Berggasthaus grundlegend saniert, musste aber 2019 geschlossen werden.
Alte Postkarte von 1963
Nach Renovierung konnten ab Juni 2021 wieder Gäste begrüßt werden.
Das Berghotel mit dem Anbau heute
Die Eintrittskarte für die Besteigung des Aussichtsturmes - mit der Abbildung einer historischen Turmkarte von 1913.
Der erste Teil des Aufstiegs führt durch den an das Hotel angrenzenden Bereich.
Dekoration im Treppenaufgang - 116 Stufen sind zu bewältigen.
Der letzte Teil des Aufstiegs führt über die noch im
Originalzustand erhaltene eiserne Wendeltreppe – mit Einschusslöchern
von der Luftschlacht am 11. September 1944.
Die großzügige vollverglaste Aussichtsplattform – leider lassen
sich die Fenster nicht öffnen, deshalb sind Reflexionen auf den Fotos
leider nicht immer zu vermeiden.
Blick über den Parkplatz mit Sendemast nach Nordost
Im Norden hinter den Bäumen: Der Pöhlberg (831 Meter)
Im Osten: Der Hassberg (Jelení hora, 994 Meter)
Im Südosten: Der Spitz-Berg (Velký Špičák, 965 Meter), davor der Ort Weipert (Vejprty)
Links Weipert (Vejprty), rechts der Ort Bärenstein – Der Keilberg und der Fichtelberg stecken in den Wolken!
Jetzt größer:
Die Talsperre Cranzahl
Sendemast und König-Albert-Turm auf dem Spiegelwald (727 Meter)
Der Aussichtsturm auf dem Pöhlberg (831 Meter)
Der 185,5 Meter hohe Fernsehturm Geyer
Der Hassberg (Jelení hora, 994 Meter)
Der Ort Weipert (Vejprty), darüber der Spitz-Berg (Velký Špičák, 965 Meter)
Der Spitz-Berg (Velký Špičák, 965 Meter) ist gar nicht spitz!
Der Kamm vom Erzgebirge versteckt sich leider hartnäckig hinter Wolken.
Abstieg über die Wendeltreppe
Ein Ausflug auf den Bärenstein ist immer zu empfehlen:
Leichte Erreichbarkeit, vielfältige Wandermöglichkeiten, gute gastronomische Versorgung und eine hervorragende Aussicht.
Die WANDER CARD vom Bärenstein
Anhang:
Text von Tafel 1 aus dem Aussichtsturm:
Erzgebirgs-Zweigverein Bärenstein
Am 1. Mai 1913 wurde der Grundstein zum Bau eines
Unterkunftshauses auf dem 898 m hohen Berg Bärenstein gelegt. Im Juni
1913 wurde mit der Aufmauerung des Turmes begonnen.
Und schon am 30. November 1913 wurde das Unterkunftshaus geweiht.
Am 11.September 1944 geriet der 27 m hohe Turm ins Schussfeld
des Luftkrieges über dem Erzgebirge. Projektile durchbrachen Fenster und
Fassade der Turmspitze. Spuren der Einschüsse sind noch heute in der
original Wendeltreppe zu finden.
Im Zuge des Anbaues des Unterkunftshauses 1993/1994 wurden am
Turm Restaurierungsarbeiten durchgeführt. Die Fa. Dachdeckermeister H-J
Beckert aus Kühberg fand beim Öffnen der Holzfassade vom Luftkrieg
stecken gebliebene Munition.
Text von Tafel 2 aus dem Aussichtsturm:
Luftschlacht über dem Erzgebirge
Die Luftschlacht über dem Erzgebirge, auch als „Schwarzer
Montag über dem Erzgebirge“ bekannt, fand in den Mittagsstunden des 11.
September 1944 über dem Kamm des Erzgebirges östlich vom Fichtelberg in
der Nähe des damaligen sudetendeutschen Markt Schmiedeberg (heute:
Kovářská) statt.
Verlauf
Im Jahr 1944 fanden besonders viele Luftangriffe der
alliierten Truppen mit dem Ziel statt, die Synthesewerke der deutschen
Mineralölindustrie zu zerstören. Dort wurden kriegswichtige Treibstoffe
für Flugzeuge und Kfz aus Kohle hergestellt. Am 11. September 1944 wurde
Mission 623 geflogen. Diese hatte zehn Primärziele, zu denen u. a.
Leuna (Merseburg), Lützkendorf, Magdeburg, Misburg (Werk Deurag-Nerag),
Hannover, Böhlen, Brüx, Ruhland und Chemnitz gehörten. Die Bombardierung
von Chemnitz war gleichzeitig Teil der Operation Frantic. Für
schlechtes Wetter waren gleich viele Alternativziele festgelegt.
Insgesamt waren 1131 Bombenflugzeuge im Einsatz, die von 440
Jagdflugzeugen zur Absicherung begleitet wurden.
Die Deutschen bemerkten die heranfliegenden amerikanischen
Flugzeuge und sendeten von den Fliegerhorsten Alteno und Welzow einen
Verband aus 60 Jagdflugzeugen vom Typ Focke-Wulf Fw 190A und
Messerschmitt Bf 109G aus. Es handelte sich hierbei um die II. und III.
Gruppe des Jagdgeschwaders 4. Bereits gegen 11:40 Uhr waren Teile der
amerikanischen und deutschen Jagdflugzeuge südlich von Oberhof in
Thüringen in heftige Gefechte verwickelt, bei denen 6 Deutsche und 2
Amerikaner starben. Einer der Toten, Lt. William Lewis, wurde erst 2002
nach einer intensiven Suche gefunden.
Der Hauptkampf fand dann östlich des Fichtelbergs auf
böhmischer Seite statt. Der Erzgebirgsraum war bis zu diesem Zeitpunkt
von Kampfhandlungen verschont geblieben. Über Schmiedeberg schlug das
deutsche Jagdgeschwader noch vor dem geplanten Zusammentreffen zu und
überraschte die Bomber mitten in ihrem Langstreckenflug. Innerhalb
kürzester Zeit konnten 14 US-Bomber abgeschossen und weitere beschädigt
werden. Kurz darauf erreichten auch die US-Jäger das Geschehen. Sie
verwickelten die zumeist jungen und unerfahrenen deutschen Jäger - oft
ihr erster Kampfeinsatz in aggressive Kämpfe und ermöglichten somit den
verbliebenen Bombern den Weiterflug. Vier abgeschossenen
US-amerikanischen Jagdflugzeugen stehen 37 Abschüsse von deutschen
Jägern gegenüber.
Vier US-Bomber detonierten und stürzten brennend in und bei
Schmiedeberg ab. Die Boss Lady zerbrach in der Luft, wobei das Heck zur
Unterrichtszeit auf das Dach der Mädchen-Schule fiel, wo es
steckenblieb. Absturzorte von Bombern lagen auch bei Crottendorf,
Kretscham-Rothensehma, Neudorf, Gottesgab (Bozi Dar), Tellerhäuser und
Schmalzgrube. Noch weiter verstreut liegen die Absturzorte der
Jagdflieger: vier bei Schmiedeberg, fünf bei Weipert (Vejprty), aber
auch bei Bärenstein, Mildenau, Zschopau, Grumbach, Sehma, Reitzenhain,
Kühnhaide, Grießbach sowie Börnichen/Erzgeb.
Text von Tafel 3 aus dem Aussichtsturm:
Flyer vom Museum der Luftschlacht über dem Erzgebirge am 11. 9. 1944
DAS MUSEUM
Es gibt mehrere tausend Ausstellungsstücke in der Sammlung des
Museums - Wrackteile, persönliche Gegenstände der Kampfteilnehmer,
Ausrüstungsgegenstände, Erinnerungsstücke, einzigartige Fotografien,
Dokumentationen, Karten, Memoiren von Biographen und unmittelbaren
Teilnehmern, Modelle und Dioramen.
Neben seinem Hauptschwerpunkt - der Dokumentation der Schlacht
vom 11. September 1944 - beschäftigt sich das Museum auch mit dem
Luftkrieg zwischen 1939 und 1945 über Tschechien und Deutschland. In
Zusammenarbeit mit anderen Organisationen führt das Museum unter anderem
saisonale Ausstellungen und andere Veranstaltungen für Schulen und
andere Gruppen durch. Anlässlich von Jahrestagen der Schlacht
veranstaltet das Museum internationale Treffen,
Das Museum hat im Laufe seines Bestehens an zahlreichen
Diskussionen, Vorträgen und Seminaren in der Tschechischen Republik
Deutschland, Großbritannien und den USA teilgenommen.
Dauerausstellungen:
• Schwarzer Montag über dem Erzgebirge (11.9.1944)
• Raum über den Kriegsgefangenen (Erfahrungen alliierter Flieger während ihrer Kriegsgefangenschaft in Deutschland)
• Operation Donnerschlag (Nächtliche Kämpfe zwischen der KAF und der Luftwaffe über dem Erzgebirge am 14/15. Februar und 5./6. März 1945)
Text von Tafel 4 aus dem Aussichtsturm:
Rückseite des Flyers vom Museum der Luftschlacht über dem Erzgebirge am 11. 9. 1944
An diesem Tage im Jahr 1944 streichelte die Spätsommersonne
die Gipfel des Erzgebirges und der Himmel wurde regelmäßig von
Kondensstreifen der amerikanischen schweren Bomber durchzogen, die ihre
tödlichen Lasten zu irgendeinem fernen Ort beförderten.
Es schien, als sei die Landschaft unter ihnen unbedeutend, und
für deren Bewohner war der Krieg weit entfernt, abgesehen von der
allgegenwärtigen Propaganda und gelegentlichen Briefen von der Front
oder den gefürchteten Telegrammen, die über die Gefallenen informierten.
Doch an diesem zweiten Montag im September sollte sich das alles
ändern. Diesem Tag war es vorbestimmt, dass eine unglaublich heftige
Konfrontation zwischen der amerikanischen 8. USAAF und der deutschen
Luftwaffe stattfinden würde. Nur wenige Minuten dieses höllischen
Gefechts genügten, um über fünfzig Flugzeuge von beiden Seiten als Opfer
zu fordern.
An diesem 11. September 1944 entsandte die amerikanische 8.
USAAF 1131 viermotorige B-17- und B-24-Bomber, um im Rahmen der Mission
Nr. 623 verschiedene Ziele in Deutschland und im besetzten Europa zu
treffen. Einige von diesen Bombern hatten die Aufgabe, Ziele in den
östlichen Gebieten des Reiches und des Protektorats Böhmen und Mähren
anzugreifen, darunter auch Raffinerien im deutschen Ruhland. Dies war
die Aufgabe der 3. Bomberabteilung, die sich aus der 95., 100., 390. und
486. Bombergruppe zusammensetzte.
Kurz nach der Mittagsstunde wurde die 100. Bombergruppe mit
dem Namen „The Bloody Hundreth“ (Die Blutige Hundertste) von einer
großen Abteilung von II. (Sturm)/JG 4 Fw 190A-8/R2-Abfangjägern
angegriffen. Es kam zu einer heftigen Luftschlacht, in welcher auf
beiden Seiten mehrere Dutzend Flugzeuge zerstört wurden. Innerhalb
weniger Minuten schossen die Piloten der Focke Wulfs und Messerschmitts
ein Drittel der amerikanischen Bomberformation ab. Diese erste Phase der
Schlacht spielte sich über den sonnigen Gipfeln des Erzgebirges ab. Die
meisten Flugzeuge, die an diesem Tag vom Himmel geschossen wurden,
stürzten im Gebiet von Oberwiesenthal und Kovarska (Schmiedeberg) an der
heutigen deutsch-tschechischen Grenze ab. Allein im Gebiet von Kovarska
schlugen vier B-17G auf dem Boden auf. Einige beschädigte Flugzeuge
kehrten um und nahmen Kurs nach Hause. Doch wie es das Schicksal wollte,
war die Tragödie an diesem Tag noch nicht zu Ende.
Bald war die Schlacht in vollem Gange. Die Bergwälder waren
mit den brennenden Wracks der B-17 und der Fw190 übersät und am
brennenden Himmel zeigten sich überall weiße Fallschirme, als die P-51
„Mustang“ der amerikanischen 339. und 55. Jägergruppe in den Kampf
eingriffen. Nur diesen war es zu verdanken, dass die Bloody Hundreth,
deren B-17- Bomber den gepanzerten deutschen Fw190 ausgeliefert waren,
nicht noch höhere Verluste erlitt.
In wenigen Minuten wurden die deutschen Jäger die Gejagten.
Der Kampf zwischen den amerikanischen und deutschen Jagdflugzeugen fand
zwischen acht Kilometern Höhe und dem Boden und von der tschechischen
Grenze bis in die Nähe von Chemnitz statt. Die „Bloody Hundreth" konnte
sich nun ein leichtes Aufatmen leisten. Einige der beschädigten Bomber
kehrten um in dem verzweifelten Versuch, nach Hause zu gelangen, während
die restlichen Flugzeuge zu ihrem festgelegten Angriffsziel flogen, das
nur etwa zwanzig Flugminuten entfernt lag. Die Luftschlacht bedeutete
ein entsetzliches Ereignis für die Einheimischen. Über den Hügeln,
Wäldern und Feldern regneten brennende Flugzeugwracks mit kreischenden
Motoren nieder und die Luft war erfüllt vom Qualm und Gestank des
Kampfes.
Während an diesem Nachmittag die abgestürzten Trümmer auf den
Höhen des Erzgebirges ausbrannten, gelangten jene, die das Glück auf
ihrer Seite hatten, zurück zu ihren Stützpunkten. Doch die Narben auf
dem Land und in so vielen Leben würden für immer bestehen bleiben.
Heute wissen wir, dass in dieser Schlacht mehr als fünfzig
Flugzeuge verloren gingen und achtzig Flieger der 100. Bomb Group, des
Jagdgeschwaders 4 und der 55. Fighter Group ihr Leben verloren.
Nach nur noch wenigen Monaten endete der Zweite Weltkrieg. Die
Überreste der abgestürzten Flugzeuge verschwanden langsam im Bewuchs.
Die Ereignisse des 11. September 1944 gerieten nahezu in Vergessenheit.
Ab Mitte der achtziger Jahre jedoch begann eine Gruppe
einheimischer Jungen diesen fast vergessenen Tag mit einer jugendlichen
Begeisterung zu erforschen, was schließlich zur Gründung des Museums in
Kovarska führte, dem zentralen Ort der Luftschlacht, die ihren Namen
trägt.
Das Museum wurde am 13. September 1997 von Veteranen der
Schlacht eröffnet. Nach 53 Jahren trafen sich ehemalige Feinde als
Kameraden und Freunde, um ein neues Kapitel in der Geschichte des
Schwarzen Montags über dem Erzgebirge aufzuschlagen.
Wenn es auch zunächst noch unwahrscheinlich schien, war das
Ziel des Museums von Anfang an die Begegnung zwischen den Veteranen der
Schlacht und den Angehörigen der Überlebenden und der Gefallenen beider
Seiten, soweit die Forschungen dies ermöglichen würden. Ziel des Museums
ist es außerdem, die Einzelheiten der Schlacht und die Geschichten
aller Beteiligten so genau wie möglich zusammenzutragen und aus diesen
Puzzleteilchen das Gesamtbild der Schlacht zusammenzusetzen.
Trotz der weitreichenden Auswirkungen war die Schlacht um das
Erzgebirge am Nachmittag des 11. September 1944 nur eine Episode des
Zweiten Weltkriegs. Männer aus zwei mächtigen Luftflotten nahmen daran
teil, und ihre Entschlossenheit und ihr Opfer sollten niemals vergessen
werden. Nicht zuletzt ist dieses Ereignis der Erinnerung wert, da es
Teil des Kampfes für unsere Freiheit ist.