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Freitag, 14. Februar 2014

Wanderung zum Friedländer Spitzberg (Špičák)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Am Nordhang des Spitzbergs entspringt der Erlichtbach (Oleška), der sich mit mehren Quellbächen vereinigt und seinen Lauf über Dittersbach (Dětřichov u Frýdlantu), Hermsdorf (Heřmanice u Frýdlantu), Markersdorf (Markocice) hinunter nach Reichenau (Bogatynia) nimmt um sich bei Türchau (Turoszów) mit der Neiße zu vereinigen. Bei Unwetter kann dieser Wasserlauf verheerende Schäden anrichten. So im August 2010, als die anliegenden Orte von dem Jahrhunderthochwasser verwüstet wurden. 

Es hat eine Weile gedauert, um die Infrastruktur wieder herzustellen. Auf polnischer Seite ist jetzt die aus Reichenau kommende Straße bis an die Grenze zu Tschechien heran gebaut. Da, wo früher ein ewiger Schlagbaum stand, wurde ein Anschluß an das Straßennetz geschaffen, so daß die Hoffnung besteht, daß hier eine neue Verbindung nach Friedland hergestellt ist, sobald auch auf tschechischer Seite die Baumaßnahmen abgeschlossen sind. Als wir unsere Wanderung im Herbst 2013 unternahmen, waren hier noch umfangreiche Straßen- und Brückenbauarbeiten im Gange.

Der Weg führt uns zunächst von Dittersbach hinüber in das Romantische Tal und von da hinauf zu dem heute nicht mehr bestehenden Weiler Hohenwald (Vysoký) am Fuß des Kahlebergs (Lysý vrch). Hier, wo bis 1866 eine echte Windmühle stand, drehen sich nur noch die weithin sichtbaren Rotorblätter von Windenergieerzeugungsanlagen und verschandeln die Landschaft. Die Preußen legten die alte Mühle in Schutt und Asche. Wahrscheinlich konnten auch sie schon den Anblick eines Windrades in dieser Landschaft nicht ertragen. Aber schon ein Stück weiter bietet sich von diesem windigen Standort ein herrlicher Panoramablick auf das Isergebirge, den Jeschkenkamm und über das Zittauer Becken hin zum Lausitzer Gebirge, so daß man gerne am Steinberg (Kameništé) die Gunst der Stunde für eine kurze Rast nutzt. Kahleberg, Gickelsberg (Výhledy) und Steinberg sind die westlichen Vorposten des Isergebirges.

Hinter den im Tal liegenden weit verstreuten Häusern von Olbersdorf (Albrechtice u Frýdlantu) finden wir einen Weg, der entlang der Lehne des Schwarzbergs (Kančí vrch) an das Massiv des Spitzbergs heran führt. Dort wird das Gelände steil und unübersichtlich. Streckenweise müssen wir uns an den übrig gebliebenen steinernen Säulen des Clam-Gallas'schen Wildgehege orientieren, die das riesige fürstliche Jagdareal im Isergebirge umgaben. Schon bald werden wir eindrucksvolle Granitquader sehen, wie sie aus verschiedenen Steinbrüchen des Gebirges als Baumaterial herangeschafft wurden. Hier um den Gipfel des Spitzberges herum, liefern die Steinhaufen, die verstreut im Buchenwald herumliegen und sich zu mächtigen Steingebilden auftürmen, eine Märchenkulisse. Wir befinden uns hier im Naturreservat Jizerskohorské bučiny, einem geschützten Buchenwaldgebiet. Ein Stück weiter östlich zwischen Grubberg (Stržový vrch) und Nesselberg (Kopřivník) erreichen die Steinriesen das Format imposanter Kletterfelsen (siehe auch hier)

Otokar Simm widmet dieser Welt aus Stein sein Buch 'Die Poesie des Isergebirgsgranits'. Er schreibt :

'Die Einwohner in den Bergen kamen im alltäglichen Leben immer wieder mit dem Isergebirgsgranit in Berührung. Und er wurde das Grundmaterial für ihre Häuser. Die Steinbrecher brachen ihn in Steinbrüchen, die Steinmetze bearbeiteten ihn zu groben Quadern und die Fuhrleute brachten sie aus dem Wald zu ihrem Bestimmungsort. Mit diesen gefährlichen Arbeiten waren große Mühe und Plage verbunden.


Wir können uns heute nur noch schwer vorstellen. Welch unendliche Mühsal die Erbauer des riesenhaften Unterbaus der Kurven der Stolpichstraße und ebenso am unvollendeten Zickelsteig aufwenden mussten. Oder welch ungeheure Arbeit die Männer leisteten, die tausende Granitsäulen, ähnlich den urzeitlichen Menhiren behauen und aufgerichtet haben. Die Säulen begrenzen noch heute das Gebiet der ehemaligen weitläufigen, eingezäunten Wildgehege. In die Grundmauern menschlicher Behausungen wurden Granitquader eingebaut; ab und zu findet man ungewöhnliche Bauten ganz aus Stein. Das gleiche Material verwendete man beim Bau von Talsperrendämmen und kühn gewölbten Viadukten, aber auch für kleine Brücken und Kanäle oder für kleine Brunnen der Block- und Fachwerkhäuschen der einfachen Landbewohner. … '

Vom Gipfelblock des Spitzbergs hat man nur eine eingeschränkte Sicht. Trotzdem lohnt sich ein Aufstieg zum Gipfel. Der Weg führt stellenweise über Leitern.



Blick über das Romantische Tal zum Lausitzer Gebirge


Allee von Hohenwald nach Olbersdorf


Blick vom Steinberg zum Lausitzer Gebirge, rechts der Gickelsberg


Bei schönerem Wetter ist das Panorama am Steinberg fast nicht zu übertreffen





Im Tal liegt Olbersdorf, dahinter baut sich das Spitzbergmassiv auf, rechts die Saustirn


Herbstliche Stimmung in Olbersdorf


Granitsäulen des alten Wildgeheges



Aufgang zum Gipfel des Spitzbergs


Blick vom Spitzberg zum Jeschkenkamm


Wir betreten das Reich des Granits und der Buchen










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