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Montag, 22. April 2019

Mal wieder auf den Gickelsberg

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Von den Ortslagen um Zittau ist der Gickelsberg (Výhledy) unmöglich zu übersehen. Schon dieser Umstand kommt der Aufforderung gleich, dieser Anhöhe von Zeit zu Zeit einen Besuch abzustatten, natürlich auch in der Erwartung, seine großartige Eigenschaft als Aussichtsberg in Anspruch zu nehmen. Allerdings wurde dieses landschaftliche Kleinod vor einiger Zeit ziemlich verunschönt, als ein Windpark an seiner Westflanke in die Höhe schoss. Bei Dunkelheit und klarer Sicht zeigen die Positionsleuchten der Windräder den Standort deutlich an. Regenerative Energien hin … regenerative Energien her, dass bei der Standortwahl mit Blick auf Landschaftsschutz und Landschaftsästhetik rücksichtslos vorgegangen wird, ist für den Naturfreund nicht hinnehmbar.

Geografisch gehört der Gickelsberg zum Isergebirge und hier zum Gebiet der Hohenwaldgruppe.

Als westlichen Ausläufer des Haindorfer Kammes, von diesem durch den Hemmrichpass getrennt, kann man die Spitzberg- oder Hemmrich und Hohenwaldgruppe betrachten, deren Gipfel gegen Westen rasch an Höhe abnehmen. … Die Hohenwaldgruppe ist von der des Spitzberges durch die Einsenkung von Olbersdorf, Philippsberg geschieden, durch welche die Straße von Dittersbach nach Einsiedel führt. Die Hohenwaldgruppe erreicht im Hohenwald 639 m, andere Berge, wie der Steinberg 608 m und Brandberg im Süden, nehmen rasch an Höhe ab. Westlich vom Hohenwald endlich erhebt sich als letzter Ausläufer des Isergebirges, der mit einer Basaltkuppe geschmückte inselförmige Gickelsberg 566 m, als Aussichtspunkt gerühmt.‘ (Franz Hübler, ‚Führer durch das Jeschken- und Isergebirge...‘)

Als Ausgangspunkt für die heutige Wanderung wählen wir das Hotel Farma Vysoka in Hohendorf (Vysoká). Der Weg zum Gickelsberg führt zunächst bei schönem Herbstwetter bequem über ausgebaute Feldwege nach Ober Wittig (Horní Vítkov) und von da weiter hinauf zum Gickelsberg. In den Mulden hat sich der erste Reif gebildet und hält sich dort, wo die Sonne ihn nicht erreicht, noch bis in den Vormittag hinein. Aus den Talsenken um den Schwarzberg (Kančí vrch) herum verzieht sich langsam der Morgennebel. Wir haben keine Eile, denn die Ausblicke zum Jeschkenkamm (Ještědský hřbet) und dem Lausitzer Gebirge, die wir während des stetigen Anstieges genießen, sind entzückend. Früher war der Gipfel des Gickelsberg unbewaldet, wie alte Aufnahmen dokumentieren, so dass von der Gaststätte am Gipfel des Berges eine grandiose Rundsicht bestand. 

Die nördliche aus Granit bestehende Hälfte des Berges ist sächsisch, während die kraterförmige, südöstliche böhmische Kuppe aus Basalt besteht dessen Säulen aus einem Mittelpunkte nach Süden und Osten sternförmig auseinander laufen. In einigen derselben bemerkt man grüne, rothe und schwarze Lavaglaskörmer. Die Rundsicht vom Gickelsberge ist sehr lohnend; denn kein anderer Berg bietet eine solche Totalansicht des Zittauer Gebirges. Großartig ist der Blick auf den nahen Jeschken, Langen- und Kalkberg. Ganz fern im Westen ist bei klarer Aussicht der Mileschauer bei Teplitz zu erkennen. Über das Zittauer Gebirge ragen die Spitzen des Kleis, des Leipaer Spitzberges, des Geltsch bei Auscha und des Roll herüber. Im Norden erblickt man die Landeskrone, weiterhin die Königshainer Berge, den Rotstein, den Löbauer Berg, den Czorneboh u. s. w. Eine endlose Fläche breitet sich nach den Niederungen der preußischen Oberlausitz aus. Gegen Osten schließt der hohe Wall der Vorberge des Riesengebirges die umfassende Rundsicht. Von Städten erblickt man Zittau und Reichenberg ziemlich nahe, Görlitz mit feinem Viadukt und Seidenberg etwas entfernter. Die Menge der Ortschaften, welche man von dem Gipfel des Gickelsberges nach Sachsen, Preußen und Böhmen hin übersteht ist sehr groß, das Ganze gewiß ein herrliches Landschaftsbild.“ (Korschelt, Gottlieb, 'Führer durch Zittau und Umgebung und das Sächsisch-Böhmische Grenzgebirge')

Das beliebte Ausflugslokal wurde nach der Vertreibung der Deutschen Bevölkerung nicht mehr gebraucht und, wie viele andere auch, der Logik nach 1948 abgerissen. Heute befindet sich am Gipfel des Berges wieder eine Aussichtsplattform, die aber nur eingeschränkte Sicht gewährleistet und dort, wo sich der frühere Biergarten befand, wurde ein angenehmer Wanderrastplatz mit Überdachung eingerichtet.

Vom östlichen Waldsaum, welcher den Berg umgibt, überschaut man die Windanlagen. Auch dem besten Vorsatz, diesen Landschaftsfrevel einfach zu ignorieren, wird man nicht folgen können. Es sieht einfach besch… aus.

Weiter wandern wir entlang der polnisch/tschechischen Staatsgrenze zum Kahleberg (Lysý vrch), von seinen westlichen Lagen ist die Aussicht noch wesentlich umfassender, als vom Gickelsberg und von seiner östlichen Flanke schaut man hinüber zu den düsteren Waldbergen des Isergebirges. Auch auf seinem Gipfel versehen schon seit Anfang des 21. Jahrhunderts mehrere Windräder ihren Dienst. Einige Wege führen von den Bergwiesen durch einen Waldgürtel zum Gipfel. Dort müssen wir leider feststellen, dass der gesamte Gipfelbereich haarscharf an der Waldesgrenze mit einem massiven Koppelzaun umfasst ist. Diese Koppeln ziehen sich am Osthang weit hinab ins Tal, so dass man keine Chance hat, die Höhenstraße am südlichen Fuße des Berges unschwer zu erreichen. Auch der Zugang zu der historischen Holländermühle am Gipfel wird verwehrt. Bei der Eingrenzung wurde keine Rücksicht auf die ehemals über den Berg führenden Wege genommen. Faustrecht heißt bekanntlich eine Freiheit der modernen Gesellschaft. Dieses Recht muss man wohl im Einzelfall selbst in Anspruch nehmen, um voran zu kommen. Das hat dann auch einem Mitarbeiter die Sprache verschlagen, der sich auf den Koppeln zu schaffen machte. 

Es sei daher empfohlen, auf den Anstieg zum Gipfel des Kahleberg zu verzichten und unter Umgehung desselben von den oberen Wiesen die Fahrstraße nach Ober Wittig direkt anzusteuern, denn von dort führt dann ein regulärer Wanderweg zurück nach Hohendorf. 


Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.






Blick über Hohendorf zum Jeschken



Morgenstimmung in den Vorbergen des Isergebirges



Raureif noch in schattigen Lagen




Der Gickelsberg



Die Kirche der Mariä Heimsuchung in Oberwittig



Wunderbare Industrieromantik: Zukunft unserer Energieversorgung


Der Gickelsberg, vom Kahleberg aus gesehen


Unser Hochwald

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