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Dienstag, 2. Juni 2020

Wanderung nach Gottlieb Korschelt in die Felsenwelt am Oybiner Kessel

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Begeben wir uns heute einmal auf die Spuren Johann Gottlieb Korschelts, Zittauer Urgestein, Lehrer, Heimatforscher und Historiker (nach Wikipedia). Korschelt verfasste mit seinem Handbuch „Zittau und Umgebung und das Sächsisch-Böhmische Grenzgebirge“ (1894) einen der frühen touristischen Führer durch die Oberlausitz und angrenzende böhmische Gebiete. Wir haben des öfteren daraus zitiert.

Heute folgen wir Korschelt in die Felsenwelt um Töpfer, Scharfenstein und der Felsengasse. Vom Talweg in Oybin steigen wir sogleich zu den Sandsteinfelsen am Töpfers. An seinem Nordwesthang ragt die Felsgruppe der Gratzersteine hervor, die aus bis zu 30 m hohen Sandsteinfelsen mit vielen Rissen besteht. Auf der Ostseite des Massivs befindet sich der etwa 15 m hohe isolierte sehenswerte Felsenturm Krumme Tante. Die Gratzerhöhle,

„in der sich einst Glieder der religiös- freisinnigen Gemeinden versammelten, um Vorträge der Prediger Johannes Czersky ans Schneidemühl, Elsner aus Zittau etc. anzuhören. Eine an dem Felsen angebrachte Schrift erinnert an jene Tage“ (*)

Im weiteren Anstieg liegt kurz vor Erreichen des Sandsteinplateaus die Oybinaussicht am Wege

Der Blick von der letztern auf das Oybinthal, den Berg mit seinen Ruinen und in weiterer Ferne auf den spitzen Kegel des Kleis ist geradezu entzückend. In der Nähe ist die steile Felsenwand der „Jungfrau", ein Felsengebilde, welches, schon vom Thale aus gesehen, die Aufmerksamkeit des Wanderers auf sich lenkt.“ (*)

Wir befinden nun nun am Gipfel des Töpfers, wo unter glücklichen Umständen ein bis heute gelobtes Gasthaus seine Gäste erwartet.

„Ganz in der Nähe der Restauration sind die beiden Aussichtspunkte, das durch den Zittauer Verein „Globus" bequem zugänglich gemachte Felsenthor mit Orientierungstafel und die von Felsen gebildete Plattform. Von beiden Standpunkten zeigt sich unserm Auge ein anmutiges Bild, dessen Mittelpunkt Zittau mit seinen schönen Türmen, seinen leuchtenden roten Ziegeldächern, seiner burgähnlichen Kaserne und dem großartigen Viadukt der Zittau-Reichenberger Bahn ist. Unter uns in grüner Tiefe erblicken wir Waldungen von Nadelholz und das mit dem Dorfe Oybin zusammenhängende Olbersdorf mit seinen Kohlenwerken und seiner langen Reihe von Häusern, deren Giebel aus einem Kranze von Obstbäumen hervorragen. Eine der reizendsten Fernsichten -das Auge schweift über eine der bevölkertsten Gegenden Sachsens mit einer Menge von Ortschaften- wird südlich und westlich vom Lausitzer Gebirge, nördlich von der Landeskrone bei Görlitz und östlich vom Riesen- und Isergebirge und dem Jeschken begrenzt.“ (*)

Vorbei an bizarr gestalteten Felsgebilden wandern wir auf schattigem Waldweg zur Böhmischen Aussicht

„Von dem Vorsprunge eines Felsens überblicken wir die überraschend schöne Gebirgslandschaft des Iser- und Jeschkenkammes und in der Ferne den weithin sichtbaren Bösig mit seinen beiden kegelförmigen Gipfeln.“ (*)

Noch ein Stück des Wegs auf dem Felsenkamm in südwestliche Richtung, dann verlassen wir über eine Leiter das große Plateau. Doch aufgepasst, dort, wo der Abstieg beginnt, sind frontal am Fels Steigeisen eingelassen, auf denen man zu der höher gelegenen Louisenhöhe mit schöner Aussicht hinauf klettern kann. Auf der dem Hochwald zugewandten Seite des Fels steht eine Bank mit Traumaussicht, die allerdings nur mit ein wenig Kraxelei erreicht werden kann. Nach diesem Abstecher geht es hinunter zur Kleinen Felsengasse.

„Am südöstlichen Fuß der Louisenhöhe befindet sich die Kleine Felsengasse, die genau wie die nahe gelegene Erosionsader Grosse Felsengasse aus magmatischem Gestein entstanden ist, die während der tertiären Vulkanaktivität einen vertikalen Riss im Sandsteinmassiv füllte. In der Nähe des Kontakts mit dem magmatischen Gestein wurde Sandstein verstärkt und abgeschreckt, was später der Erosion besser widerstand als das magmatische Gestein selbst. Es war völlig verwittert und heute gibt es nur noch eine etwa 100 m lange „felsige Straße“, die auf beiden Seiten von Sandsteinfelsen umgeben ist. Seine südöstliche Seite wird von der vertikalen Felswand Gnomenwand (Zwergenmauer) gebildet.“ (**)

Wir haben nun das zweite Wahrzeichen Oybins erreicht, den Scharfenstein (dem matterhorn nicht unähnlich),

„welcher mit ziemlichem Kostenaufwand ebenfalls von dem Zittauer Verein „Globus" zugänglich gemacht worden ist. (Überhaupt ist dieser überaus thätige Verein unter seinem Vorsitzenden, Herrn Professor Dr. Friedrich, ebenso wie der Gebirgsverein zu Oybin, dem allerdings weniger Mittel zu Gebote stehen, stets bemüht, die Naturschönheiten des Zittauer Gebirges zu erschließen.) Der Scharfenstein gewährt, ebenso wie „Seidels Ruhe" und die Mönchsteine, bewundernswerte Blicke in das Oybiner Thal, auf den Hochwald und Ameisenberg.“ (*)

Wir gelangen nun in die nahe Große Felsengasse,

„welche reich an großartigen Felspartien ist. Auch hier ist der Weg markiert. Mehrmals hat man zwischen Felsöffnungen schöne Blicke in das Oybiner Thal. Am Ende der Felsengasse gelangen wir zum „Muschelsaal", der rings von hohen Felswänden umgeben und mit Ruhebänken versehen ist, da die Oybiner Kurgäste gern hier verweilen. Die muschelartigen Bildungen sind durch Auswaschungen im weichen Sandstein entstanden.“ (*)

Auch der vertikale Riss im Sandstein, durch welchen die Große Felsengasse verläuft, entstand im Tertiär. Er war mit heißer Lava gefüllt, wodurch die umgebenden Sandsteine ​​härter und abgeschreckt wurden. Der magmatische Felsen wurde jedoch später verwittert, und bis heute blieben nur Sandsteinfelsen an den Seiten übrig, die eine lange und breite romantische „felsige Straße“ bildeten.(**)

Durch einen schmalen Spalt in der Felsmauer ist auf kurzem Wege der zugängliche Aussichtspunkt Mönchskanzel erreichbar, der einen wunderbaren Ausblick über das Oybiner Tal gewährt. Seitlich sitzt ein zierlicher steinerner Vogel auf dem Felsen, die Taube. Die Ruhebänke beim Muschelsaal haben es leider nicht bis ins 21. Jahrhundert geschafft.

Am Muschelsaal verlassen wir Korschelts Route und wandern weiter am Fuße des Hochwald entlang zum Ortsteil Oybin-Hain, wo wir uns in der Kammbaude ein deftiges Mittagsmahl gönnen. Über Johannisstein, Zschaukensteinweg, Pferdeberg und vorbei am sehenswerten Felsgebilde Falkenturm kehren wir zum Ausgangspunkt unserer Tour zurück.

(*) Korschelt, „Zittau und Umgebung und das Sächsisch-Böhmische Grenzgebirge“ (1894)
(**) Übersetzung nach Luzicke-Hory.de



Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.



Gratzer Felsen, Krumme Tante





 Küken


Auf dem Töpfer





Brütende Henne


An der Böhmischen Aussicht




An der Louisenhöhe





Aussicht vom Scharfenstein








In der Großen Felsengasse, Die Taube






Am Muschelsaal





Die Kammbaude


Oybin, Ortsteil Hain




Mit ruhiger Hand fotografiert, Berg Oybin und Scharfenstein




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