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Samstag, 30. Juli 2022

Auf der Suche nach dem Hennrich Kreuz

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Das Isergebirge ist reich an Legenden über Wilderer, Wildhüter und Pascher. Andreas Prescher aus Großschönau hat ein (mutmaßlich vergriffenes) kurzweiliges Buch darüber geschrieben. An einige der oben Genannten erinnern Gedenksteine oder Kreuze in den Iserwäldern, z.B. an den Wilderer Henri (oder Hennrich). Das ihm gewidmete Kreuz wollen wir heute einmal versuchen zu finden. Logischerweise beginnen wir unsere Tour in Kleiniser (Jizerka). Sucht man in alten Schriften, wird man nicht unbedingt gleich fündig, weil dieser Ort früher Wilhelmshöhe oder auch Buchberg (Bukovec), geheißen wurde.

Die gegenwärtig aus 44 Häusern bestehende Ansiedelung, 800 m hoch, am käuligen Buchberg und an der kleinen Iserwiese gelegen, soll bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen. Bei einem Prozesse zwischen Joachim II. von Biberstein und Siegmund von Smirschitzky werden im 16. Jahrhundert Aschenbrenner, Schüsselmacher, Fischer und Sperberfänger als Bewohner erwähnt. Ein Wallfahrtsweg nach Haindorf führte vorbei. Im Saphirflössel, angeblich auch in der Iser und im Moor der Iserwiese wurden früher Edelsteine gefunden, dadurch wurden Bergleute herbeigezogen, die am Buchberge auf Gold schürften. Auch italienische Gold- und Edelsteinsucher sollen zuweilen reiche Ausbeute gefunden haben, wodurch Rudolf ll. veranlaßt wurde, Hans Heinrich Kobrscheit nach Friedland zu senden, um auf der Iserwiese nach Edelsteinen zu suchen. Tatsächlich sind noch heute rasenüberwachsene Gruben zu sehen, doch werden gegenwärtig nur noch in der kleinen Iser schwarze Iserine (Titaneisen) gefunden, die als Trauerschmuck Verwendung finden.

Die Zeiten der Goldgräberromantik waren längst vorüber, als der Antoniwalder Hüttenmeister Franz Riedel zur Erweiterung seines Betriebes in der Waldeinsamkeit der kleinen Siedelung von Holzmachern und Köhlern 1828-1829 eine neue Glashütte auf einem von der Herrschaft gepachteten Grunde errichtete.“ (Jahrbuch des Deutschen Gebirgsvereines für das Jeschken- und Isergebirge; 1927, "Josefsthal und andere Glashütten im Isergebirge")

Der Anblick der in einem weiten Hochtal gelegenen Siedlung erinnert noch stark an ihre frühere Erscheinung, da hier keine neuen Bauwerke errichtet werden dürfen und, abgesehen von stilerhaltenden Renovierungen, keine großen Veränderungen am Ortsbild vorgenommen wurden. Den besten Überblick über den Ort erhält man von der Nordseite des Buchberggipfels . Da hinauf richten wir zunächst unsere Schritte, missmutig der eine oder andere, weil Nebel herrscht. Der Tüchtige wird bekanntlich belohnt und so reißt der Himmel auf, gerade als wir den Gipfel erreicht haben und aufgrund des steilen Anstieges nun für die restliche Tour gut durchgeglüht sind.

Blühten vor wenigen Wochen auf den Wiesen unterhalb des Buchberges noch die Trollblumen (Trollius europaeus) und Narzissen, so sind sie jetzt überzogen mit Lupinen und vor allem den rosa Blütenständen des Schlangenknöterich (Bistorta officinalis). Wir machen uns also nun auf die Suche nach Hennrichs Kreuz.

Ein rohes Holzkreuz ragt an einer Stelle im Revier Iser empor. Eine nicht alltägliche Geschichte ist mit diesem schlichten Holzkreuz im Iserwald verbunden. Es soll nämlich zur Erinnerung an den Tod eines verwegenen Wilddiebes errichtet worden sein. Es ist sicher, daß der eigentliche Sachverhalt mit etwas Sagenhaftem und Mythischem umgeben wurde. Hennrich (richtig Henri) hieß der Mann, nach dem das Kreuz benannt ist, in Wirklichkeit war es ein französischer Soldat, der im Jahre 1813 in das Isergebirge flüchtete und dort am Südabhang in einer selbstverfertigten Hütte lebte. Im Revier Iser trieb er nun das Handwerk des Wilderns, von dessen Ertrag er sein Leben fristete. Dem Forstpersonal war es aber niemals möglich, ihn auf frischer Tat zu ertappen, bis es endlich einmal dem damaligen Förster Hub gelang, ihn zu fassen, wobei er den Wilderer aus Notwehr erschoß. Henri liegt an Ort und Stelle begraben. Ein nahe gelegener Felsen trägt nach ihm den Namen Hennrich- oder Raubschützenfelsen. Die Holzfäller von Klein-Iser erneuern bis auf den heutigen Tag das Kreuz ,,Hennrichs Tod«.“ (Reichenberger Tagesbote, 30. Oktober 1937)

In der letzten Nacht gab es schwere Regenfälle, so dass die moorigen Wege feucht und die Schuhe alsbald durchnässt sind. Man brauch gar nicht erst versuchen, die Pfützen zu umlaufen. Auf dem alten Zollweg nach Großiser (Izera) geht es hinauf auf den Mittleren Iserkamm (Střední jizerský hřeben). Zunächst erreichen wir die Törmelfelsen (Věžní skály) an der Zimmerlehne (Jeleni Stran). Alles wieder im Nebel, aber als wir zu den Raubschützenfelsen (Pytlácké kameny) kommen, reißt es auf, so dass wir einen großartigen Rundblick über das zentrale Isergebirge genießen können. Nicht mehr weit ist es zu Hennrichs Kreuz, obwohl es ziemlich versteckt im Walde liegt, kann man eigentlich mit den Koordinaten, die in mapy.cz hinterlegt sind, nicht viel falsch machen. Für die letzte Erneuerung haben jedoch nicht die Holzfäller von Kleiniser gesorgt, sondern Andreas Prescher. Der Zustand, in den er das Kreuz versetzt hat, sollte es lange Jahre überdauern lassen.

Zwischen dem Mittleren Iserkamm und dem Wälschen Kamm (Vlašský hřeben) liegt die Kleine Iserwiese nebst Kleiniser/Wilhelmshöhe.

Wilhelmshöhe ist wegen seiner Hochgebirge- und Sumpfflora auf der nahen lserwiese und am Abhange des Buchberges (Knieholz, Zwergwacholder, Enzian, Alpen-Ampfer, Riedgras, Moose u.s.w.), und als ehemalige reiche Fundstätte von Edelsteinen bemerkenswert. Noch sieht man aus der Zeit, da wälsche Steinsammler hier nach Edelsteinen suchten, die sie nach Florenz sandten, eine Menge Gruben zu beiden Seiten der Iser, zum Theile wieder mit Rasen bedeckt. Von Edelsteinen (Rubin, Korund, Saphir) werden jetzt äußerst wenige und nur von sehr geringem Umfange gefunden. Iserin wird noch im Flusssande der Iser und an deren Zuflüsse, dem Saphirflössel, gefunden.“ (Franz Hübler, „Führer durch das Jeschken- und Isergebirge, Theile des Lausitzer und Mittelgebirges, durch Reichenberg und Umgebung)

Edelsteine kann man noch finden, wie uns Gustav Ginzel (zu Lebzeiten) versicherte. Er hat uns auch welche aus seiner Sammlung gezeigt, aber man soll sich nicht beim Suchen erwischen lassen. Der Lehrpfad, der entlang der Kleinen Iser (Jizerka) angelegt wurde und auch an die Edelsteinsuche erinnert, ist ausgesprochen naturnah und ein großes Erlebnis am Ende der Tour, abgesehen von dem Scheidebecher, den wir noch im Herrenhaus trinken.


Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.



Unter ungünstigen Vorzeichen geht es hinauf zum Buchberg






Aber siehe da, zu richtigen Zeitpunkt klärt es auf: Der Blick über Kleiniser

Kurzer Spaziergang durch die Ortslage von Kleiniser






Bei uns fressen sie immer die Salatpflanzen

Bei den Törmelfelsen


Bei den Raubschützfelsen














Das Hennrich-Kreuz

Moor auf der kleinen Iserwiese

Entlang der Iser durch das Isermoor













 Der Buchberg

Zwei der bekannten Gasthäuser: Das Herrenhaus und die Pyramide



 

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