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Dienstag, 30. Mai 2023

Wanderung zum Kaiser-Wilhelm-Turm (Mon Pläsir) in Wigandsthal

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Ziel der Wanderung war die Gegend um Bad Schwarzbach (Czerniawa-Zdrój), heute ein Ortsteil von Bad Flinsberg (Świeradów-Zdró). Mit einer gewissen Erwartung fuhren wir dahin, weil zwei Aussichtstürme mit gutem Fernsichtpotential auf dem Programm standen, ein dritter wäre wohl eher eine Überraschung gewesen. Bei schönem Sonnenschein fuhren wir in Zittau los, bei nässendem Nebel kamen wir in Bad Schwarzbach an. Und daran hat sich den ganzen Tag über nichts geändert.

Bad Schwarzbach, Ausgangspunkt für Wanderungen zum Heufuder (Stóg Izerski) und zur Tafelfichte (Smrk), war an und für sich schon zu früheren Zeiten ein begehrter Erholungsort

Etwa dreiviertel Stunden westlich von Bad Flinsberg liegt der kleine idyllische Kurort Schwarzbach. Die gewaltigen Höhen, die das schmale Tal, in dem er sich erstreckt, nach Süden abschließen, sind die Tafelfichte und das Heufuder. Erstere entsendet auch den das ganze Tal

durchfließenden Bach, nach dem das Dorf seinen Namen erhielt. Im Osten bilden der Langeberg und im Westen der Dreßlerberg die Begrenzung, während im Norden, wo die Straße nach Hermsdorf und weiter nach Wigandsthal und Meffersdorf hinüberführt, kein Hochwall den Blick in die Weite verhindert. Kurz, aber treffend sagt H. Weimer: ,,kompakte Nadelholzmassen von den Bergen abwärts bis dicht an die Wohnstätten heranreichend, und das Fernsein aller die Wohltaten des Waldgebirges paralysierenden Elemente sind Vorzüge dieser anspruchslosen Sommerfrische." Wer die Schönheiten einer schlichten, aber abwechslungsreichen und noch recht ursprünglichen Natur, sowie den Segen heilkräftiger Quellen genießen will und das laute prunkvolle Leben größerer Kurorte zu meiden sucht, findet in dem kleinen Badedorfe westlich von dem berühmten Flinsberg zweifellos eine willkommene Stätte.

Schwarzbach besitzt sieben Heilquellen, welche ein kohlensäurehaltiges, alkalisch-erdiges Eisenwasser liefern. Die in ein Bassin gefaßte Viktoriaquelle, die in der Minute etwa 12 Liter Wasser mit einer Temperatur von 7° R gibt, wurde im Jahr 1783 entdeckt. Der Sage nach soll eine Kuh die Veranlassung zur Auffindung des Quellborns gegeben haben. Wie man erzählt, sprang diese, als sie abseits von der Herde weiden wollte über eine sumpfige Stelle und ließ tiefe Spuren dabei zurück. Die Vertiefungen füllten sich mit einem Wasser von auffällig rostbrauner Farbe. Als man es untersuchte, stellte man fest, daß es von nicht geringer Bedeutung für die Heilkunst war. In Gebrauch genommen wurde die Quelle allerdings erst volle dreißig Jahre später.“ („Das Isergebirge und sein schlesisches Vorland“, Wilhelm Müller-Rüdersdorf)

Unmittelbar am Grenzübergang zwischen Neustadt und Bad Schwarzbach parken wir die Fahrzeuge. Mit dem vergeblichen Hoffen um Aufklaren wandern wir hinauf zum Gipfel des Dresslerberges (Czerniawska Kopa). Da steht er nun, der schlichte Holzturm, der den Steuerzahler T€ 512 gekostet hat, Gesamtkosten bei einer 90%-igen Förderung also mutmaßlich T€ 570. Eine stolze Summe für eine Holzkonstruktion (mit Nullaussicht wie heute). Gehen wir trotzdem wohlwollend davon aus, dass sie nützlich im Sinne der Wanderbewegung ist, so erschließt sich aber nur schwer, warum jenseits des Tales auf dem Mühlenberg (Młynica) - 1,5 km Luftlinie entfernt - bereits der nächste Aussichtsturm gen Himmel strebt, in diesem Fall ein stählerner Spargel, Aussicht heute ebenfalls bei Null (Kosten dieses Bauwerks ca. T€ 370). Vor etwa 30 Jahren war es, als die sogenannte „Schwimmbadmafia“ durch Sachsen zog und jede Gemeinde davon zu überzeugen versuchte, dass blühende Landschaften ohne Erlebnisbad völlig undenkbar sind. Manch Gemeinderat ist auch darauf hereingefallen. Erlebnisbad ist heute offenbar mit Aussichtsturm zu übersetzen. Es hätte gute Argumente für die Bereitstellung öffentlicher Gelder gegeben, wenn man sie für die Sanierung alten Kulturgutes, beispielsweise des Kaiser-Wilhelm-Turmes in Wigandsthal (Pobiedna) bereitgestellt hätte. Dieser harrt jedoch noch seiner Renovierung. Möglicherweise fremdelt man ja mit dem kulturellen Erbe der früheren hiesigen Bevölkerung

Ursprünglich hieß der Turm, der von Adolf von Gersdorf dem Schlossbesitzer hier von 1803 bis 1804 errichtet wurde "Mon Plaisir" - "Mein Vergnügen". Es war ein Turm, der auf einem rechteckigen Grundriss mit Abmessungen von 7,70 m x 6,50 m und einer Wandstärke an der Basis von etwa 1 m errichtet wurde. Bis zu einer Höhe von 16 m bestand die Struktur aus Stein und Ziegel. Es gab interne Holzstufen zur Spitze des Turms. Auf einer Höhe von 16 Metern gab es eine Aussichtsplattform mit einer Holzbalustrade, von der aus man bei guter Sicht Orte beobachten konnte, die sogar einige Dutzend Kilometer von Meffersdorf und den höchsten Gipfeln des Iser-Gebirges entfernt waren wie z.B. Die Tafelfichte (Smrk) 1124 m und den Heufuder 1105 m hoch.
Der obere Teil des Turms war eine Holzkonstruktion mit einer Kuppel mit einem Durchmesser von ca. 7 m, die mit einer Folie bedeckt war. Oberhalb der Kuppel befand sich ein kleines Planetarium. In spãterer Zeit wurde der Turm als touristischer Anziehungspunkt durch einen Gasthof mit Fremdenzimmern ergänzt. Touristen konnten dort neben einer Mahlzeit unter anderem Bier aus der Schlossbrauerei Meffersdorf trinken.
Obwohl das Gebäude den 2. WK gut überstand entschied die Lage des Turms nur wenige hundert Meter von der Staatsgrenze zur Tschechoslowakei entfernt über sein weiteres Schicksal. Der Touristenverkehr an diesem Ort wurde vollständig eingestellt und anschließend von Plünderern und Dieben in nur wenigen Jahren vollständig ruiniert. Heute gibt es vom Turm und allen Einrichtungen neben dem Turm nur die Ruine des Backsteinteils des Turms ohne Türen, Treppen und Dach.
“ (https://www.facebook.com/provinzschlesien/posts/1735549456604693)

Der Weg von Bad Schwarzbach nach Wigandsthal war angesichts des Wetters glanzlos, aber wir wollten den Turm sehen – letztendlich ein Trauerspiel. Von der ehemaligen Restauration ist, abgesehen vom Kellergewölbe, gar nichts mehr erhalten geblieben. Es ist schwer vorstellbar, dass das Monument, so wie es dasteht, jemals wieder zum Leben erweckt werden kann. Sehr schade.


Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.





Aufgang zum Dresslerberg mit Aussichtsturm







Ein paar Impressionen auf dem Weg durch Bad Schwarzbach 





Der Turm auf dem Mühlenberg (heute und bei schönem Wetter)



Auf dem Weg durch Wigandsthal. Von der stattlichen Kirche steht nur noch der Turm





Rest des Kaiser-Wilhelm-Turms





 „Mein Vergnügen“ – so sah es früher mal aus

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