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Sonntag, 4. Juni 2023

Wanderung um das Tal der Mohelka

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Die Mohelka entspringt südlich des Schwarzbrunnkammes (Černostudniční hřbet) und fließt stark mäandrierend durch das Isergebirgsvorland, passiert den Jeschken-Kosakow-Kamm (Ještědsko-kozákovský hřbet), durchfließt das Land unter dem Jeschken (Ještěd), bevor sie bei Mohelnitz (Mohelnice nad Jizerou) von der Iser aufgenommen wird. Im welligen Hügelland unter dem Jeschken hat sie sich tief in die Landschaft eingefurcht, weshalb die Täler stellenweise durch Steilhänge begrenzt werden, die kaum begehbar sind. Auf den Plateaus verstecken sich ein paar idyllische Weiler mit wenigen Häusern. Man befindet sich südlich der Sprachgrenze,daher ist in der deutschsprachigen Literatur, von Sichrow (Sychrov) abgesehen, kaum etwas Erhellendes über die Gegend zu finden. In dem Weiler Wrchovina (Vrchovina) machen wir uns auf, die Gegend zu erkunden. Die jahreszeitliche Stimmung ruft alsbald Eduard Mörikes Frühlingsgedicht in Erinnerung

Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab ich vernommen!

Von Wrchovina durchwandern wir eine Hügellandschaft, eingerahmt von blühenden Rapsfeldern. Wir streifen die Ortschaften Vesec und Chwaltschowitz (Chvalčovice), bevor uns ein Steilhang den  geplanten Abstieg nach Klamorna im Mohelkatal vermasselt, so dass wir nach einem passablen Abgang suchen müssen. Aber, wie jetzt über die Mohelka kommen? In Klamorna lockt ein gemähter Wiesenpfad über die Flussaue und siehe da, ein provisorischer Steg führt über das Flüsschen. Dafür ist der Aufstieg auf der anderen Talseite dann eine Zumutung, denn dort sind gerade Holzarbeiten in steilem Gelände im Gange und in dem Hohlweg liegen die Stämme gefährlich kreuz- und quer. Eigentlich sieht der Wald hier ansonsten noch ziemlich gesund aus. Nach dieser Plackerei haben wir uns nun aber ein Bierchen verdient. Das gibt es in Wlastiborschitz (Vlastibořice) in dem Restaurant „U Zvonice“ gleich neben der Kirche aus dem 12. Jahrhundert mit einem separat stehenden hölzernen Glockenturm. Hauptattraktion auf der Tour ist normalerweise das Schloss Sichrow. Eine Besichtigung des schönen Parks und des sehr sehenswerten Schlosses ist aber im Rahmen dieser Wanderung nicht möglich, aber es gibt den Wanderfreunden die Anregung, hier her einmal einen privaten Ausflug zu diesem Zweck zu unternehmen. Es lohnt sich wirklich.

Schloss Sichrow, ein weitläufiger, prächtiger Bau im englisch-gothischeu Stile, dessen Stirnseite zwei Thürme schmücken, gehört seit 1820 den Fürsten Rohan, Herzogen von Montbazon und Bouillon (der Stammvater dieses berühmten von den bretaguischen Herzögen abstammenden Hauses ist Alain Vicomte de Rohan, welcher zu Anfang des 12. Jahrh. lebte)…

Auf der Ostseite führt eine doppelte Freitreppe aus geschliffenem, böhmischem Granit zu dem ersten Stockwerke des Schlosses, in welchem sich eine Reihe prachtvoller und stilgemäß eingerichteter Säle und Gemächer befinden. Die Säle und Zimmerdecken sind mit kunstvoller Stucco-Arbeit verziert, die Wände theils mit Holztafelwerk, theils mit prachtvollen in Gold oder Silber gepressten Ledertapeten bedeckt, die Fenster und Thüren kunstreich geschnitzt, die Thürschlösser und Beschläge in altertümlicher Form gearbeitet. Die Möbel sind wahre Kunstwerke der Holzschnitzerei. Sämmtliche Arbeiten stammen fast ausnahmslos von Künstlern und Werkleuten unseres Heimatlandes, welche Fürst Camill Rohan theilweise erst heranbilden ließ, und denen er Muster aus Frankreich verschaffte.“ („Führer durch das Jeschken- und Isergebirge, Theile des Lausitzer und Mittelgebirges, durch Reichenberg und Umgebung“, Prof. Franz Hübler, 1902)

Heute gehört das Schloss natürlich nicht mehr den Rohans. Es wurde nach dem 2. Weltkrieg vom tschechischen Staat einkassiert, aber auch aufwendig restauriert.

Um zurück zum Ausgangspunkt zu gelangen, ist nochmals das Mohelkatal zu durchqueren. Dann gelangt man wieder auf die Hochebene von Wrchovina. Was steht da am Wegesrand, was uns heute morgen entgangen war? Ein Aussichtsturm, geschätzte Höhe 5-6 Meter. Der Witz: von seiner Aussichtsplattform sieht man nicht mehr, als auch vom Boden aus. Wer kommt auf solche Ideen? Einzige mir vorstellbare Erklärung: beim Bau des nahegelegenen Wellness-Komplex „Relax Vrchovina“ war vielleicht ein bisschen Geld übrig geblieben. Wer hat, der kann. (Das Relax-Haus hinterlässt aber keinen üblen Eindruck, siehe hier).

Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.




Von Wrchowine nach Wesec - Chwaltschowitz


























 Über die Mohelka bei Klamorna



Das sind die Dinger, die die Waldwege kaputt machen





Die Gegend bei Wlastiborschitz














Sichrow











Kapitaler Aussichtsturm Wrchowina





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