Freitag, 17. November 2017

Wanderung zum Kopainberg

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Der Kopainberg (Kopanina), die zweithöchste Erhebung des Böhmischen Paradieses (Český ráj), gehörte eigentlich nicht zu den bevorzugten Zielen auf meiner Wanderwunschliste. Abschreckend wirkte immer der große Melaphyr-Steinbruch zwischen Bösching (Bezděčín) und Sestronowitz (Sestroňovice), der hier in den Berg getrieben wurde und das Landschaftsbild verschandelt. Andererseits ist der Kopain-Kamm auf seiner südlichen Seite von einem Felskragen umgeben, der neugierig macht. Das war schon Rudolf Kauschka aufgefallen. 

Dieses Tal [Böschinger Tal] wird nördlich von einem Quadersandsteinsaume begrenzt, der dort beginnt, wo der Fahrweg von Bösching nach Kaschen hinauffährt, und mit dem sogenannten Räuberfelsen zum Bahngeleise bei der Blaschkaschen Fabrik abfällt. Ergüsse von Melaphyr und Porphyr liegen diesem Sandsteinsaume nördlich an und sind vielleicht die Ursache der schön getürmten Felsbildungen, die dem bewaldeten Saume entragen.

Hier verstecken sich im Walde auch die beiden Guckel (Kvočny), die ich bisher immer vergeblich gesucht habe, weiter Kauschka „… das zahme und das wilde Guckel, die, durch einen kleinen Graben von einander getrennt, 33 m tief zum Waldsaume des Talrandes abstürzen. Besonders das „Wilde Guckel“, wie ein Hirschfänger gegen die Wolken gestoßen, ist von unvergleichlich schlanker Gestalt. Die beiden Türme stehen einander gegenüber, wie zwei kämpfende Hähne, daher wohl auch ihr Name (Guckel wie Gockel).

Um die Guckel zu finden, muss man irgendwie erst eine Vorstellung davon haben, wo sie sich in etwa im Walde verstecken, denn zu Kauschkas Zeiten war ihr Umfeld baumlos. Wir starten unsere Tour in Radonowitz (Radoňovic). Der Ort war mir schon während unserer Kammwegtour aufgefallen. Bereits am Ortsausgang, wo man den Weg in das Böschinger Tal einschlägt, bordieren den Weg zwei formidable Quadersandsteinblöcke. Die Guckel selbst erblicken wir aber erst, als wir bei Bösching die Lehne hinauf zum Zabrotky-Berg erklimmen. Jetzt sieht man die imposanten Felsgebilde aus dem Herbstwald herausragen. Auf dem weiteren Weg entlang des Steilabhangs zum Böschinger Tal rücken alsbald die Felsenburg Friedstein sowie die Ruine Trosky ins Blickfeld. 

Wie oft bin ich schon an der Felsenburg Friedstein (Frýdštejn) vorbei gekommen, ohne sie zu betreten. Heute ist dafür der richtige Zeitpunkt und, dem wunderbaren Ambiente geschuldet, der richtige Platz für eine ausgiebige erste Rast.Vom Turm erleben wir ein Stimmungsbild, getragen von den Farben, die der Herbst in die Landschaft gemalt hat.

Mit der Vorfreude auf den Aussichtsturm an diesem schönen Herbsttag geht es nun hinauf auf den Kopainberg. Kaum würde man vermuten, welch schöne Seitentäler beidseitig vom Kammweg abgehen und welche hübschen Weiler sich darin verstecken. Nach alten Ansichten stand der 1894 errichtete Turm ehemals auch auf einem unbewaldeten Hügel, ist aber heute von Bäumen umgeben. Mit seiner Höhe von 18 m gewährleistet er aber über die Wipfel hinweg eine schöne Aussicht. Hier allerdings werden wir an das entscheidende Wort des ehemaligen Kanzlerkandidaten Steinbrück erinnert „Hätte, hätte – Fahrradkette“. Der Turm ist geschlossen ohne Antwort auf die Frage nach den Öffnungszeiten. 

Alsbald ist jedoch der Groll verflogen, denn schon bald auf unserem weiteren Wege öffnet sich der Wald und eine großartige Aussicht auf die umliegenden Gebiete begleitet uns auf den nächsten Kilometern, auf Null Uhr der Jeschken (Ještěd), nördlich das Isergebirge, östlich und südlich das Böhmische Paradies. Am Ende unserer Tour, oberhalb von Radonowitz, liegt auf dem Kamm der Bienertberg (Bienertův kopec). Man soll den Aufstieg nicht scheuen, um sich hier niederzulassen und noch einmal einen Blick auf das gesamte Panorama zu werfen. Es ist ein schöner Abschluss dieser Wanderung. Geologisch gesehen waren wir auf dem Jeschken-Kosakow-Kamm (Ještědsko-kozákovský hřbet). Es ist der Phantasie überlassen, zu welcher Region man dieses Gebiet zählen mag. Der Kopainberg wird dem Böhmischen Paradies zugerechnet, aber der Rest? 

Siegfried Weiss sagt in seinem Buch ‚Zauberhaftes Böhmisches Paradies‘ - „Schön ist am Böhmischen Paradies, dass es bis heute eigentlich nirgendwo genau anfängt und nirgends endet. Es ist eine Schönheit ohne Grenzen, die sich weiter frei durch Nordböhmen dahinzieht.“ und andernorts schreibt er: „Der Jeschkenkamm mit seinen langen Seitenausläufern erinnert mich an einen mächtigen Habicht oder Adler, dessen ausgebreitete Flügel auf der einen Seite das Lausitzer Gebirge und auf der anderen das Böhmische Paradies berühren. Eben in südöstlicher Richtung, wohin die Lausitzer Verwerfung führt, findet der Besucher noch versteckte, nicht alltägliche Landschaftsformen vor, ob es nun die Felsen bei Záskali, zauberhafte Blumenwiesen bei Rašovka mit Ausblicken bis ins Riesengebirge sind, oder die Kletterfelsen der Guckel/Kvočny und die wenig bekannten Felsen bei Bezděčín und Sestroňovice bis zur Burg Frýdštejn, die aber schon zum Gebiet von Maloskalsko und somit in das Böhmische Paradies gehört.“ 

Irgendwo dort sind wir heute unterwegs gewesen.

Die GPS-Daten zur Tour findet man hier.


Die ersten Felsen des Quadersandsteinsaumes unterhalb von Radonowitz



Schöne Ausblicke von der Lehne des Zabrotky-Berges



Die Guckel zu Kauschkas Zeiten



Burg Friedstein




Aussichten von Friedstein ins Isertal und zum Kopain-Berg; deutlich sind die durch die Lausitzer Verwerfung aufgerichteten Felsformationen wahrnehmbar




Aufstieg durch den Herbstwald zum Kopainberg



Wie die alte Ansichtskarte belegt, war der Aussichtsturm auf dem Kopainberg ursprünglich nicht von Wald umgeben


Wenigstens die Schautafel am Rastplatz neben dem Turm verschafft die Vorstellung, welch grandioses Panorama man von der Aussichtskanzel des Turmes geboten bekommt. Im Hintergrund der Kosakow


 Unterwegs auf dem Jeschken - Kosakow - Kamm




Während der Wanderung erscheint in der Ferne die schemenhafte Burg Trosky


Vor dem Jeschken der begraste Bienertberg


Aussichten vom Bienertberg




... wo wir von unserer Fangemeinde begrüßt werden




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