Wer war Rudolf Kögler, nach dem der wieder neu erschaffene Naturlehrpfad im Lausitzer Gebirge bei Schönlinde benannt ist? Sein Grundstück in Gärten (Zahrady) am Wolfsberg (Vlci hora) ist noch erhalten – und viel wichtiger, die von ihm aus Lesesteinen zusammengestellte geologische Karte – kann heute (nachdem man sie 1987 zu einem Kulturdenkmal erklärt hat) wieder besichtigt werden. Doch darüber später mehr.
Rudolf Kögler war im besten Sinne ein heimatverbundener Hobbyforscher, der neben seiner Arbeit als Textilgestalter sich ausgiebig mit Astronomie, der Geologie und der Pflanzenwelt seiner Heimat beschäftigte. Sein Geburtsort ist Schönlinde, wo er am 12. März 1899 das Licht der Welt erblickte. Seine Eltern waren einfache Leute, die ihren Lebensunterhalt als Arbeiter in der ortsansässigen Textilindustrie verdienten. Mit drei Kindern (Rudolf Kögler hatte noch zwei Schwestern) konnten sie Rudolf, der ein außergewöhnlich begabter Schüler war, leider nicht auf das Gymnasium schicken. Deshalb blieb ihm ein Studium der Naturwissenschaften versagt. Er besuchte stattdessen nach Absolvierung der Volks- und Bürgerschule die damals in Schönlinde ansässige Fachschule für Wirkerei. Mit 16 Jahren bekam er die erste Anstellung als Stricker in der Strickerei des Textilunternehmers Philipp Michel in Gärten. Nach seiner Heirat im Jahre 1923 zog er in das Elternhaus seiner Frau in Gärten, der Nr. 30 – unweit der Veronika-Kapelle, welches er bis zu seinem Tod bewohnte.
Sein größtes Hobby war neben dem „Steine sammeln“ die Astronomie. Seit 1926 bis zum Kriegsausbruch zählte er täglich, soweit die Sonne schien, die Sonnenflecken und meldete die Relativzahlen an die Eidgenössische Sternwarte in Zürich. Bei geeignetem Wetter führte er oft mit seinem kleinen Fernrohr öffentliche Beobachtungen durch, die von Einheimischen und „Sommerfrischlern“ gern besucht wurden. Zu dieser Zeit nahm er auch seine umfangreiche Vortragstätigkeit auf, die sich besonders um astronomische und geologische Themen drehte. Da er seine Beobachtungen, insbesondere von in Mitteleuropa nur selten gesehenen Polarlichtern, veröffentlichte, wurde er auch in der astronomischen Fachwelt bekannt. Selbst das Königliche Observatorium in Greenwich bedachte ihn mit einem Dankschreiben für die von ihm zugesandten präzisen Beobachtungen des außergewöhnlich hellen Polarlichts am 25. Januar 1938. Seine detailreiche Zeichnung dieses Ereignisses fand sogar Eingang in das damals sehr bekannte Buch von J.J.Littrow „Die Wunder des Himmels“ in der Ausgabe von 1939. Das Motiv war auch lange Zeit noch als Postkarte zu haben.
Sein größtes Verdienst besteht jedoch darin, daß er beginnend im Alleingang den ersten geologischen Lehrpfad in Böhmen anlegte, der eine Länge von ca. 20 km aufwies. Er verläuft über einen kleinen Teil der für den Geologen hoch interessanten Verwerfung, die als Lausitzer Überschiebung bekannt ist und die den oberlausitzer Granit von dem kreidezeitlichen Sandstein trennt. Dazu errichtete er an vorhandenen Wanderwegen 17 große Tafeln, auf denen jeweils die geologischen Verhältnisse und botanischen Besonderheiten erklärt werden. An der Entstehung des geologischen Lehrpfads beteiligten sich neben Rudolf Kögler auch der Zittauer und Nordböhmische Alpenverein (Warnsdorf, Böhmisch Leipa) sowie eine Anzahl von Spendern, darunter auch einige Gemeinden, die sich damit eine Belebung des Tourismus erhofften. Die feierliche Eröffnung fand dann schließlich am Sonntag, den 12. Oktober 1941, statt. Trotz des an diesem Tag schlechten Wetters waren viele Besucher aus nah und fern gekommen, den Lehrpfad abzuwandern.
„Köglers Lehrpfad“ begann am Kalkofen an der Straße von Daubitz nach Schönlinde, bei den Jura-Kalksteinbrüchen. Von dort führte er über Khaa ins Khaatal und endete schließlich über Zeidler in Gärten am Wolfsberg, seinem Wohnort.
Um den Lehrpfad bekannt zu machen, begann Rudolf Kögler in den Vierziger Jahren, insbesondere im Winter, eine großangelegte Vortragstätigkeit. Er setzte dazu geschickt farbige Dias ein, was zu dieser Zeit noch recht ungewöhnlich war. Das Filmmaterial erhielt er aus Wolfen, wo er die belichteten Filme auch entwickeln ließ.
Der letzte offizielle Ausflug entlang des Naturlehrpfades fand im zeitigen Frühjahr des Jahres 1945 statt. Wenige Monate später begannen die „wilden Vertreibungen“, den Rudolf Kögler und seine Familie nur entgingen, weil ihm eine antifaschistische Haltung zugesprochen wurde. 1946 drohte ihm als Deutschen dann doch noch die Ausweisung, die aber Dank verwaltungstechnischer Ungereimtheiten zuerst aufgehoben und dann durch hartnäckige Interventionen des Ehepaars Kögler ausgesetzt wurde. Trotz der schlimmen Nachkriegswirren, die ihm viele Freunde und Mitstreiter beraubte, versuchte er den Lehrpfad zu erhalten, in dem er eine Fassung in tschechischer Sprache in Angriff nahm. Später, nach seinem tragischen Tod am 19. April 1949 (Arztfehler im Krankenhaus Krasna Lipa) ließ man den ersten böhmischen Naturlehrpfad verfallen und alle Versuche, ihn wieder zu beleben, wurde von den kommunistischen Behörden torpediert. Erst im Jahre 2003 gelang es dann einigen Enthusiasten mit Unterstützung der Stadt Krasna Lipa / Schönlinde den Naturlehrpfad – zweisprachig und unter dem Namen „Kögler-Lehrpfad“ wieder zum Leben zu erwecken. Er ist seit dem Jahre 2005 wieder vollständig zugänglich und begehbar.
Auch seine „geologische Karte“ des Wolfsberg-Gebiets, die er Anfang der 30iger Jahre zusammen mit seiner Frau maßstabsgetreu mosaikartig aus Gesteinsproben zusammengebaut und 1937 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, kann sie in seinem ehemaligen Grundstück in Gärten Nr. 13 besichtigen (Mai bis Oktober, So - Do 8.00 - 17.00 Uhr, einfach klingeln).
Es sind nicht nur die großen Namen, die es verdienen, im Gedächtnis bewahrt zu werden…
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