Mittwoch, 7. Mai 2014

Die Oberlausitzer Stände und die Kommunalwahl 2014

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Die Wahlbenachrichtigungen für die Kommunalwahl in Sachsen sowie für die Europawahl 2014 wurden dem Wahlvolk zugesandt. Das verschafft Anlaß zum kritischen Nachdenken:

Im Jahre 1346 gründete sich der Oberlausitzer Sechsstädtebund. Er hatte Bestand bis zum Jahre 1815. Ihm gehörten die Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau an. Das Ziel war ursprünglich der Schutz des Landfriedens in dem Gebiet der späteren Oberlausitz. Die Städte erlangten die landesherrliche Gerichtsbarkeit und waren weitestgehend selbständig in ihrer politischen Verwaltung, so daß die Oberlausitz durch ihre Stände mit weitgehenden Freiheiten regiert wurde. Die Stände, das waren der Adel, Vertreter der Kirche und das starke Bürgertum in den Städten. Unter diesen politischen Bedingungen erlebte die Oberlausitz einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung und damit auch die Kultur und die Bildung. Die noch vorhandene Substanz der Städte Bautzen, Görlitz und Zittau erinnert noch an die einstige Bedeutung dieser Region. Zittau gar galt unter den Städten des Sechsstädtebundes als 'Die Reiche'. Hier hat die politische Freiheit, von der Herr Pastor Gauck so gerne spricht, Erstaunliches bewirkt. 


Weil Sachsen sich in den Befreiungskriegen mal wieder auf die Seite der Falschen schlug, verlor es im Zuge des Wiener Kongresses zwei Drittel seines Territoriums. Die Oberlausitz wurde geteilt, Görlitz und Lauban wurden Preußen zugeschlagen und damit endete auch das Bestehen des Sechsstädtebundes. In der jüngeren Geschichte ging die Staatsform der Monarchie verloren und parlamentarische Herrschaftsformen mit Ein- und Mehrparteiensystemen traten an ihre Stelle. Diese vertreten immer die Interessen des Volkes (von dem sie sich wählen lassen) und aus diesem Grunde waren der erste Weltkrieg, der zweite Weltkrieg, der Balkankrieg, die heutige Krise in der Ukraine mit derzeit unabsehbarem Ausgang und andere Konflikte unvermeidbar. Unvermeidbar waren auch die internationale Finanzkrise, der wirtschaftliche Zusammenbruch in den fünf neuen Bundesländern, der Abbau des Sozialstaates, die phänomenale Umverteilung der Vermögen von unten nach oben, die Altersarmut, die Finanzklemme der Kommunen und vieles mehr. Dafür hat man erreicht, daß das Wohl des Geldes heute den Vorrang über das Wohl der Menschen erlangt hat.


Das letzte Refugium der direkten Einflußnahme und Mitbestimmung durch die Menschen im Lande besteht noch immer in den regionalen Parlamenten der Städte und Gemeinden. Immer breiter wurde in den letzten Jahren die Bereitschaft und das Engagement von Bürgern, die Verantwortung selbst in die Hand zu nehmen und sich einzubringen. Sie kennen am besten die Nöte und Notwendigkeiten am Ort. Sie wissen vernünftige Entscheidungen zu treffen und zwar mit den vorhandenen Möglichkeiten. Das sind die Stände im Jahre 2014 und das Engagement der Frauen und Männer, die dafür stehen, kann nicht genug gewürdigt werden. Und so ist es nicht einsehbar, warum die Parteien, von denen wir so viel wissen, nun auch noch in die lokalen Parlamente hinein regieren sollen und dort ihre Interessenkonflikte austragen dürfen. Es gibt bessere Alternativen. Die Chance besteht jetzt, machen Sie Gebrauch davon !


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