Mittwoch, 11. Juni 2014

Eindrücke von Kroatien - Teil 3

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

ISTRIEN

'Wer Istrien blos vom Hörensagen oder aus der Lectüre kennt, der meint, dort wäre der landschaftliche Charakter kein anderer als der des Karstes überhaupt : Baumlosigkeit und Culturarmut des bloßgelegten, überall hervorschauenden bald steinigen, bald erdigen Terrains, Mulden und Trichter an Stelle von Thälern, keine aushaltenden Bäche oder Flüsse, allgemeine Dürre. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch das Irrige dieser Vorstellung; Istrien ist keineswegs überall, ja kaum zur Hälfte Karstland, hat nicht selten größere Waldstrecken und ausgedehnte Culturen, besitzt ausgeprägte Thäler von 25 bis 35 Kilometer Länge und darin zwar seichte, aber doch länger anhaltende Wasserläufe; es ist das Land der geografischen und dadurch auch landschaftlichen Gegensätze und Überraschungen, zwar nicht schön, aber interessant durch das unerwartete Auftreten absonderlicher Erscheinungen.'

Der Verfasser dieses Abschnitts des Kronprinzenwerkes (Wien 1891) hat sich ziemlich schwer getan, um Istrien als ganzes noch einigermaßen gut aussehen zu lassen. Freilich ist das Leben in den Adriametropolen wie Piran (zu Slowenien gehörend), Poreč, Rovinj oder Pula mondäner und aufregender, aber das Inland der Halbinsel hat eine deutlich bessere Würdigung verdient. Das Leben spielt sich zwar in diesen Städten ab, in deren historischen Ortskernen die Plätze, Loggien und Kirchen den Charme Venedigs verbreiten, die alten Gassen zum Wandeln anregen und viele Restaurants zum Schwelgen einladen. Aber hier wird man auch von den Touristenströmen erdrückt und die schönen Fassaden sind meistens verstellt durch die endlosen Werbeflächen, Boutiquen, Trödlerläden und Ateliers, wo man es auf das Beste des Gastes abgesehen hat – sein Geld.

Wem hingegen sich etwa das Herz weitet beim Anblick weiter Täler und beim Trödeln durch alte Gassen in Bergdörfern und wer dabei noch gern einen gepflegten Wein trinkt oder gar mal Trüffel probieren möchte, der ist im Landesinneren der Halbinsel genau richtig. Das Land erinnert ein wenig an die Toskana mit ihren Hügeln, den kleinen Kommunen oben auf und den Weingütern, die hier gute Tropfen zu keltern wissen.

Man darf dem in letzter Zeit stark gebeutelten ADAC ruhig einmal zur Seite springen. Die Reiseunterlagen, die wir uns bei unseren Unternehmungen immer zur Verfügung stellen lassen (wenn man sich auch hin und wieder mal eine erkennbare Aktualisierung wünschen würde), sind als Tippgeber sehr zu loben. So auch die Empfehlungen für Istriens Perlen abseits der Touristenpfade. Zum Beispiel das mittelalterliche Städtchen Grožnjan, welches bereits verlassen war, als Mitte der 60-er Jahre eine Künstlerkolonie den Ort wiederbelebte. Gern sucht man sich hier einen ruhigen Platz zum Verweilen und kann sich an der Landschaft nicht satt sehen. 

Genauso idyllisch ist das kleine Bergdorf Hum. Es reklamiert für sich, mit 20 registrierten Einwohnern, die hier irgendwann mal gelebt haben, die kleinste Stadt der Welt zu sein. Heute geht man wohl von 30 Einwohnern aus, das ist immerhin ein Zuwachs von 50% ! Es kann einem egal sein, der Ort wirkt trotzdem noch nicht überlaufen und hat ein tolles Ambiente.

Das alles überstrahlende Städtchen mit dem besten toskansichen Flair aber ist Motovun. Von hier lässt sich ein weiter Teil Istriens bis hin zur Adria überblicken. Begehrt sind in den Restaurants die zahlreichen Tische im Freien, wenn sich die Abendstimmung breit macht und die Weinberge und Olivenhaine unterhalb in das warme Licht des scheidenden Tages getaucht werden. Schöner noch ist es, sich in die umgebenden Weinberge zu setzen, die Reserven aus dem Rucksack zu verzehren und dabei Motovun nicht aus den Augen zu lassen. 

Bei eng bemessenem zeitlichen Rahmen ist kaum noch Zeit für die hübschen Orte Buzet und Pazin (Mitterburg). Die Mitterburg selbst thront direkt über einer 100 Meter tiefen Karstschlucht. Die Felsstürze sollen Dante zu seiner göttlichen Komödie inspiriert haben.

Durchaus soll man, reist man durch Istrien, die Hauptwege mal verlassen. Wahrscheinlich wird man sich verfahren und muss irgendwann umkehren (besonders mit Navi), aber dann wird man noch bessere Eindrücke von dem Land erhalten und die schwermütigen Aussagen des einleitenden Artikels relativieren sich restlos.


Das Wahrzeichen von Pula ist das römische Amphitheater, in dem Gladiatorenkämpfe veranstaltet wurden


Piran auf slowenischer Seite atmet venezianisches Flair


Ansichten von Rovinj





So manches Restaurant hat guten Stil und gute Preise


Kaufen, kaufen, kaufen …



Poreč ist bekannt für seine gotischen Häuser und seine Renaissance- und Barockpaläste




Die Nähe Venedigs ist zu spüren





Auch wenn es so aussieht, wir sind hier nicht in Afrika


Auf dem Berg ahnt man schon das Künstlerdorf Grožnjan


Der Jasmin blüht




Achtung, Künstler am Werk !


… eben ein Ort für Insider




Pazin (Mitterburg) thront über einer gewaltigen Karstschlucht



Verlässt man die Touristenwege, begegnet man der ländlichen Seite Istriens


Die kleinste Stadt der Welt – Hum






Ein begehrtes Foto-Motiv - Motovun




Abends sind die besten Plätze ganz vorn


Weinberge bei Motovun im Abendlicht




Auch der Hauswein lässt sich trinken

www.wincontact.de

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