Sonntag, 12. April 2015

Wanderung zum Luzengrund (Údolí samoty, "Tal der Einsamkeit") zwischen Böhmisch-Zwickau und Rodowitz

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Das eigentliche Motiv für diese erlebnisreiche Tour war der Wunsch, sich von der Braukunst der neuen Brauerei in Böhmisch Zwickau (Cvikov) zu überzeugen. Nach fast 50 Jahren wurde das Brauhaus im Dezember 2014 wieder in Betrieb genommen. Wenn auch an den Fabrikgebäuden noch erheblicher Verschönerungsbedarf besteht, so fließt doch jetzt wieder das hier gebraute Kleis- und Lauschebier und eine geräumige Brauereigaststätte erwartet ihre Gäste. 

Hernach machen wir uns auf den Weg nach Kleingrün (Drnovec), wir möchten einmal die Lokalität näher in Augenschein nehmen, wo bis 1945 das Schweizerhaus hoch über dem Ort seine Gäste bewirtete. Die aus dem Fels gehauenen Öffnungen der Kellerfenster waren von Kleingrün aus gut zu sehen. Doch was ist das ? Auf dem Bittner Stein (Bittnerův kámen) ist ein neues Gebäude im Entstehen. Die Zimmerleute verraten uns, dass hier eine Vyhlidka, also ein Aussichtspunkt errichtet wird. Die Arbeit geht flott voran und am Abend ist das Dach bereits aufgesetzt.

Wir nehmen den schönen Panoramaweg, der hier auf der Südseite den Grünberg (Zelený vrch) umläuft, schauen beim Felstheater vorbei, welches der Zwickauer Theater-Dillettantenverein im Jahre 1920 auf dem Gelände eines aufgelassenen Steinbruchs eingerichtet hatte und lenken endlich unsere Schritte zielstrebig in Richtung Kamenity, was frei übersetzt wohl der 'Steinige' heißen mag. Über diesen unbedeutenden Hausberg von Zwickau vermochte ich keinerlei Informationen aufzufinden, also hilft nichts anderes, als selbst hinauf zu steigen und nachzusehen. Der Gipfel ist bewaldet und der von Norden herauf führende Weg endet alsbald, doch finden sich am südlichen Hang sonnige Flecken zum Pausieren, an denen man kaum von irgendwem gestört wird. Nördlich vom Gipfelblock empfängt man derzeit noch einen schönen Ausblick zum Hochwald. Dort schließt sich langsam der Wald, der nach einem Einschlag wieder aufgeholzt wurde. 

Unweigerlich rufen sich die Leserbriefe in der Sächsischen Zeitung in Erinnerung, die immer wieder und zurecht das barbarische Abholzen im benachbarten Zittauer Gebirge beklagen. Ein Naturpark und Touristenmagnet soll das sein, wo die Wege rücksichtslos durch die schwere Technik zerfahren werden, wo man nicht zurückschrecken würde, den Weg versperrende Felsen wegzusprengen (hätte das nicht ein couragierter Bürger verhindert) und wo die Mär gestreut wird, der Wald würde sich naturnah von selbst regenerieren. Das ist nichts als reine Schutzbehauptung, welche die betriebswirtschaftlichen Ziele des Forstbetrieb kaschieren soll. Das funktioniert vielleicht über einen langen Zeitraum in einem Reservat, wo man die Natur sich selbst überlassen kann, aber nicht in einem Naturpark. Ich bin mit dem Zittauer Gebirge groß geworden und ich schätzte es als Naturraum und Erholungs- und Rückzugsgebiet. Heute dient es mir nur noch als Transitzone, um möglichst schnell die schöne böhmische Landschaft jenseits der Grenze zu erreichen, die gerade so wunderbar von Siegfried Weiss in seinem Buch 'Meine vertrauten Landschaften' beschrieben wurde. 

Wie vernünftig mit der Ressource Wald umgegangen wird, erleben wir auch im Tal der Einsamkeit oder auch Luzengrund genannt, wohin uns der weitere Weg führt. In teils schwierigem Gelände kann man hier sehen, wie Altholzbestände durch Nachpflanzung verjüngt werden. Die Bewirtschaftung des Waldes scheint langfristig angelegt und auf die Erhaltung der Natur ausgerichtet zu sein. Es erübrigt sich, über Konzepte zu diskutieren, man brauch sich die Waldbestände nur diesseits und jenseits der Grenze anzusehen. Können wir möglicherweise von unseren tschechischen Nachbarn lernen ?

Gewöhnlich lockt einen die Wegmarkierung in den Luzengrund hinein, man durchwandert ihn entlang des Dobernbaches bis Rodowitz (Radvanec) oder Bürgstein (Sloup). Auf der Suche nach Neuem entscheiden wir uns jedoch für einen unmarkierten Weg oberhalb der Schlucht. Ein herrlicher Pfad mäandert entlang der kleinen Seitentäler an der Abbruchkante über dem Talgrund. Im Westen überragt der stolze Kleis die Wipfel der grünen Kiefern, die aus dem Tal heraus wachsen. Am Ende des Luzengrundes treten aus dem Wald der Teufelsfelsen (Čertova skála) und der Jungfernstein (Panenská skála) hervor, deren wirkliches Ausmaß erst deutlich wird, wenn man ihnen unmittelbar gegenüber steht. In absehbarer Zeit werden die Felsen wieder im aufgeforsteten Kiefernbestand verborgen sein.

Alternativ kann man diese Tour auch auf den Luzengrund beschränken. In diesem Falle sind noch die Rabensteine in Reichweite, verbunden mit einem Mehrweg von ca. 2 km (hin und zurück).


Anstelle der früheren Gaststätte Schweizerhaus oberhalb von Kleingrün entsteht gerade eine Aussichtsplattform mit Schutzhütte



Der Blick über Kleingrün zum Roll (Ralsko)


Das nicht mehr betriebene Felstheater am Grünberg


Blick vom Grünberg zum Kleis


… und über abenteuerliches Gelände zum Hochwald


Auf dem Panoramaweg über dem Luzengrund; entlang des gesamten Weges finden wir Grenzsteine mit den Kürzeln B und R, welche die Herrschaften von Bürgstein und Reichstadt bezeichnen









Felsaltar unterhalb des Jungfernsteins



Der Teufelsfelsen



Der Jungfernstein


Teufelsfelsen links und Jungfernstein rechts




Der Ortel


Familie Maulwurf in Aktion


Die Veilchen blühen


Die neue alte Zwickauer Brauerei




1 Kommentar:

  1. Hallo, ich finde den Beitrag sehr gut, da ich hin und wieder auch dort unterwegs bin.
    Kleine Anmerkung: Der Luzengrund heißt eigentlich Luziengrund (Quelle: Meinholds Routenführer)
    Viele Grüße Rainer Danzig, Oybin

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