Heute wollen wir die Felsenburg Falkenstein (Falkenštejn) besichtigen, deren Zugang durch umfassende Sanierungsmaßnahmen verbessert wurde (SZ vom 23.03.2018). So fahren wir zunächst nach Dittersbach (Jetřichovice). Damit sich der Ausflug lohnt, soll auch die Felsenburg Schauenstein (Šaunštejn) mit in das Programm genommen werden. Weil sich das Wetter im Laufe des Tages noch bessern soll, beschließen wir, den Falkenstein erst am Ende des Tages zu besuchen.
So wandern wir zunächst gen Hohenleipe (Vysoka Lipa) und zwar teils - wie so häufig - auf ziemlichen Abwegen. Hier trifft man mit großer Gewissheit kaum auf andere Wanderer, mit Ausnahme eines Forstmannes, welcher den schlimmen Waldschaden begutachtet, der hier vor nicht allzu langer Zeit durch einen Orkan angerichtet wurde.
Durch ein stilles Tal wandern wir hinauf nach Hohenleipe. Der Himmel ist inzwischen abgeräumt und stahlblau.
‚Der Ort hat sich seit einer Reihe von Jahren zu einer beliebten Sommerfrische aufgeschwungen. Unmittelbar an die Ortsmitte stößt der Hof- o. Schlossberg (387 m). An dessen Fuße stand bis in die neuere Zeit, d. i. bis zur Erbauung des jetzigen Forsthauses, ein herrsch. Schlösschen; die letzten Reste wurden zum Baue der Dittersbacher Straße verwendet, die Kellereien bestehen noch. Im J. 1666 saß hier Joh. Paul Graf von Aldringen; 1700 wurde Schloss u. Gut Hohenleipa ein Bestandtheil der Herrsch. Binsdorf. Auf der Höhe des Hofberges, dessen Rücken jetzt ein Crucifix ziert, stand früher ein herrsch. Lusthaus; es brannte ab, die Stelle heißt aber heute noch „auf‘m Lusthäusel“. Von da genießt man eine reizende Aussicht.‘ (Dr. Hantschel, Nordböhmischer Touristenführer, 1894)
Nach ausgiebiger Wahrnehmung des Ausblicks begeben wir uns in das Niederdorf von Hohenleipe und erspähen im gegenüberliegenden Waldstück die Felswand des Raubschlossfelsen.
‚Derselbe ist durch 2 Treppenleitern gut zugänglich gemacht. Oben kommt man über mehrere Brücken zum Aussichtspunkte. … Dass der Felsen einst bewohnt war, darauf deuten verschiedene Aushöhlungen im Sandsteine, ferner auch verschiedene Funde (Scherben, Pfeilspitzen), eine cisternenähnliche Vertiefung auf der Oberfläche u. eine Aushöhlung am Fuße des Felsens, die eben für ein Pferd genügt u. deshalb Stall genannt wird. Geschichtlich aber war über diese Felsenwohnung bis in die neueste Zeit nichts bekannt, u. galt allgemein die Annahme, dass sie ein Schlupfwinkel für Wegelagerer gewesen. Durch die Forschungen der Herren Dr. G. Pilk in Dresden u. A. Paudler in Leipa ist mit ziemlicher Sicherheit nachgewiesen, dass hier die vermuthlich von den Birken auf Wildenstein gegründete Burg Schauenstein, die alte Hohenleipaer Burg, stand, welche in der Zeit von 1431-1446 wiederholt urkundlich genannt wird u. in der Kriegsgeschichte des nordböhm. Grenzgebietes keine ganz unbedeutende Rolle spielte.‘ (Dr. Hantschel, s.o.)
Der Steilaufstieg durch die Klamm auf das Plateau ist für ältere Herren durchaus aufregend. Dafür entschädigt die tolle Aussicht hier in luftiger Höhe. Aber wie hat man sich eigentlich das Erklimmen der Feste durch die Wachmannschaft im 14./15. Jahrhundert vorzustellen? Wurde die Rüstung zuvor unten ausgezogen oder was? Wir wissen es nicht und auch die Herren Dr. Pilk und Paudler scheinen sich darüber nicht den Kopf zerbrochen zu haben.
Zurück nach Dittersbach gehen wir auf dem alten Handelsweg Böhmerstraße, heute als Lehrpfad Dittersbacher Wände (Jetřichovické stěny) ausgewiesen. Er führt fast ohne größere Anstrengungen durch eine bezaubernde Felslandschaft. Während die Böhmerstraße bald den Abgang nach Dittersbach sucht, führt unser Steig weiter hinauf um den Golischt (Koliště) herum in die Dittersbacher Felsen. Er windet sich von Felsenriff zu Felsenriff sowie um Talfurchen herum und gewährt hin und wieder eine schöne Ausschau auf die umliegende Landschaft. Rudolfstein (Rudolfův kámen), Wilhelminenwand (Vilemínina stěna) und Marienhütte (Mariina skála) rücken alsbald überwältigend ins Blickfeld.
Für den Aufstieg zum Rudolfstein ist es zu spät geworden, aber einen Abstecher zu der Aussicht auf der Wilhelminenwand, früher Schwarze Wand genannt, gönnen wir uns noch.
‚An ihr sind die Felsen-Absätze, gleich Stufen durch die Wogen des ehem. Diluvialmeeres eingeschnitten, bes. großartig. Oben gewährt das auf der äußersten Steinkante erb., mit Baumrinden bedeckte Häuschen einen angenehmen Anblick. Eine kühn über das stark zerklüftete Plateau geschlagene Holzbrücke bildet den Zugang zu dieser originellen Einsiedelei.‘ (Hantschel. s.o.)
Die Einsiedelei ist verschwunden, aber die Rundschau von der Aussichtsplattform ist gewaltig.
Der Abstieg nach Dittersbach ist sehr beschwerlich, so dass wir heute einen unmarkierten Weg testen, der an Balzers Lager (Balzerovo lezeni) vom Hauptweg abzweigt. Eine sehr angenehme Alternative, wie wir feststellen. Zwar verzichtet man damit auf den Aufstieg zur Marienhütte, aber uns erwartet ja noch die Burg Falkenstein. Dachte ich, aber die Begleiter halten heute nichts mehr davon und streiken. Es versöhnt mich aber zu hören, dass die Ansichten über die Erschließung der alten Burganlage sehr weit auseinander gehen. Es wird behauptet, das Plateau sei zugeschlossert, das heißt, verschandelt worden. Ich werde mir ein andermal ein Bild davon machen.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
Hütte
auf dem Rudolfstein und Marienhütte
Aussicht von der Wilhelminenwand
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