Dank Siegfried Weiß wissen wir, dass sich ein Besuch des
Böhmischen Paradies am besten während der Baumblüte empfiehlt.
Besonders hübsch sind die Eindrücke im Isertal bei Klein Skal
(Mala
Skala) mit dem Pantheon, der Burg Friedstein oder den Dürren
Felsen
(Suché Skály) als Rahmen. Wir haben aber schon früher gesehen,
dass in dem Tal zwischen dem Kosakow-Massiv (Kosakow)
und der Klokotscher- / Beseditzer Felsenlandschaft, durch welches
die
Stebenka der Iser zufließt, sich im Frühling ein Teppich blühender
Obstbäume ausbreitet und die Landschaft sich sozusagen in einem
wahrlich
paradiesischen Gefilde präsentiert. Genauer gesagt befinden sich
die
ausgedehnten Obstplantagen in einer klimatisch begünstigten lang
gestreckten terassenartigen Mulde, die sich westlich zwischen
Klokotsch (Klokočí) und Besediz (Besedice) an die Felsen anlegt
und
östlich weiter zum Talboden hin stark abfällt.
Gemessen an der Reiseliteratur aus der Zeit des erblühenden
Fremdenverkehrs Ende des 19. bis Anfang 20. Jahrhunderts wird man
hier leider kaum fündig. Die Gegend war dünn besiedelt,
hier mischt sich das deutsche mit dem tschechischen Sprachgebiet
und
die Schreibweise der Ortsbezeichnungen ist höchst verschieden.
Zudem
war die Erreichbarkeit mangels Bahnanschluss sehr aufwendig. Dr.
Hantschel, der in seinem Touristenführer nur knapp auf die Region
eingeht, macht zu den Gemeindegrößen folgende Angaben: Beseditz
(41
Häuser), Lochtusch (24 H), Rothstein (13 H), Klokotz (37 H),
Louckzek (80 H), Michowka (32 H). Die schön gelegenen Orte
Hamstein
oder Koberwald finden keine Erwähnung und auch nicht die
pittoresken
Felsenlandschaften. Vielleicht waren die Wanderwege durch dieses
reizvolle Gebiet noch gar nicht erschlossen.
Vom Isertal steigen wir hinauf auf den zerklüfteten
Sandsteinrücken des Naturreservats Klokotscher Felsen (Klokočské
skály ), in dem sich auch zahlreiche Höhlen verbergen. Der Weg
führt bald promenadenartig über die etwa 1,5 km lange Felsenstadt,
die bei der Burg Rothenstein abschließt. Von verschiedenen
Austritten auf den Felsen bietet sich eine formidable Aussicht
über
das Tal hinweg zum lang gezogenen Kosakowrücken. Zugleich
beeindrucken die mächtigen Sandsteinmauern und einzelne
freistehende
Türme und Felsnadeln. Atemberaubend die mächtige Felsnadel Věž
Džbán (Krug), deren Taille bereits so schmal ist, dass man
möglichst geräuschlos vorbei schleicht, um sie nicht zum Einsturz
zu bringen. Das Ende des Weges ist mit ein wenig Kletterei über
Treppen und Leitern verbunden und endet an der Ruine Rothenstein
(Rotštejn).
‚Die Ruine ist für Maler, Architekten und Historiker gleich
interessant; der ganze Felsen erscheint
stockwerkartig
ausgehöhlt und ist ein würdiges Stück zum Einsiedler bei
Bürgstein. Außer den vielen hallenartigen Höhlen, die als
Pferdeställe, Keller und Wohnräume gedient haben, beachte man
den
sehr tiefen Brunnen.‘ (Theodor Schäfer, Nordböhmen mit
Eingangstouren durch die Sächsische Schweiz, das Erzgebirge und
das
Lausitzer Gebirge).
Die Ruine scheint leider gegenwärtig nicht für die
Öffentlichkeit zugänglich zu sein.
Vorbei an den blühenden Obstplantagen wandern wir hinab in das
Tal der Stebenka und im Gegenanstieg hinauf nach Hamstein
(Hamštejn)
am Kosakowkamm zur gleichnamigen Pension, die uns bereits
gut bekannt ist. Wie alle anderen Restaurationen, die heute
am
Wege liegen, hat auch diese geschlossen. Wenigstens die herrliche
Aussicht von Trosky
bis zum Jeschken (Ještěd) verbessert unseren verständlichen Gram.
Ein Stück oberhalb erblickt man vom Kamm das Riesengebirge
(Krkonoše).
Von Koberwald (Koberovy) aus führt ein stetig ansteigender
Gratweg zu den Dürren Felsen. Diese Formation ist
das Endstück der Lausitzer Verwerfung (etwa bei Oschatz
beginnend),
zugleich der eindrucksvollste Abschnitt dieser geologischen
Herausbildung, die auch gern als Böhmische Dolomiten bezeichnet
wird. Sie bilden die Fortsetzung des durch die Iser unterbrochenen
Kleinskaler Felsengrats. Dort, wo die Felsnadeln sich schroff
absetzen, verlässt der markierte Weg das Gelände und ein mehr oder
weniger ausgetretener Pfad umläuft nördlich die Felsmauer, von
Süden her kann man an einigen Stellen über Leitern senkrecht zu
den Zinnen auf-
und absteigen. Von unten sieht sich das gut an, aber von oben
blickt man in die
gähnende Leere (nach Dr. Hantschel Felsabstürze bis 60 m). Danke.
Wir umlaufen das Massiv.
Zu guter Letzt nach leichter Irritationen mit dem Wegnetz
vollziehen wir einen
Querfeldein-Aufstieg nach Beseditz. Aber es kommt schlimmer. Der
Rückweg verläuft ein Stück durch die aufregenden Beseditzer
Felsgärten (Besedické
skály). Genau dort fällt das GPS-System aus (warum auch
immer?)
und meldet sich auch nicht wieder. Normalerweise reicht das
natürliche Orientierungsvermögen, um aus so einer Lage wieder
herauszufinden. Führt man jedoch eine Wandergruppe mit sich,
breitet
sich eine gewisse Mulmigkeit aus, soll doch die Tour im Rahmen
bleiben und keine unnötigen Risiken in sich bergen.
Irgendwie haben
wir uns heraus gemogelt und bei Michowka wieder festen Boden unter
die Füße bekommen. Es bleibt jedoch die Lehre für künftige
Unternehmungen: Der bedingungslose Glaube an die neumodischen
Systeme kann schwerwiegende Folgen haben. Das Mitführen einer
schnöden Wanderkarte kann Leben retten!
Die GPS-Daten zur Tour findet man hier.
Ausblick über das Tal der Iser von der Zdenčina skála
Der nordöstliche Teil der Klokotscher Felsregion wird auch als Betlémské skály bezeichnet
Felsenstadt bei Klokotsch. Die Aussicht ist nach einer regenreichen Nacht wieder einmal eingetrübt
Věž Džbán (Krug)
Ruine Rothenstein
Blühende Landschaften bei Klokotsch
Aufstieg an den
Hanglagen des Kosakow nach Hamstein; mit zunehmendem Anstieg
wird der
Überblick über die Landschaft immer besser
Von Koberwald erreicht man über einen Gratweg die Dürren Felsen
Aussicht von Beseditz überdie Klokotscher Felsen zur Ruine Trosky
Im Beseditzer Felsgarten
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