Dienstag, 15. Mai 2018

Wanderung aus dem Tal der Iser zu den Klokotscher- und den Dürren Felsen


Dank Siegfried Weiß wissen wir, dass sich ein Besuch des Böhmischen Paradies am besten während der Baumblüte empfiehlt. Besonders hübsch sind die Eindrücke im Isertal bei Klein Skal (Mala Skala) mit dem Pantheon, der Burg Friedstein oder den Dürren Felsen (Suché Skály) als Rahmen. Wir haben aber schon früher gesehen, dass in dem Tal zwischen dem Kosakow-Massiv (Kosakow) und der Klokotscher- / Beseditzer Felsenlandschaft, durch welches die Stebenka der Iser zufließt, sich im Frühling ein Teppich blühender Obstbäume ausbreitet und die Landschaft sich sozusagen in einem wahrlich paradiesischen Gefilde präsentiert. Genauer gesagt befinden sich die ausgedehnten Obstplantagen in einer klimatisch begünstigten lang gestreckten terassenartigen Mulde, die sich westlich zwischen Klokotsch (Klokočí) und Besediz (Besedice) an die Felsen anlegt und östlich weiter zum Talboden hin stark abfällt.

Gemessen an der Reiseliteratur aus der Zeit des erblühenden Fremdenverkehrs Ende des 19. bis Anfang 20. Jahrhunderts wird man hier leider kaum fündig. Die Gegend war dünn besiedelt, hier mischt sich das deutsche mit dem tschechischen Sprachgebiet und die Schreibweise der Ortsbezeichnungen ist höchst verschieden. Zudem war die Erreichbarkeit mangels Bahnanschluss sehr aufwendig. Dr. Hantschel, der in seinem Touristenführer nur knapp auf die Region eingeht, macht zu den Gemeindegrößen folgende Angaben: Beseditz (41 Häuser), Lochtusch (24 H), Rothstein (13 H), Klokotz (37 H), Louckzek (80 H), Michowka (32 H). Die schön gelegenen Orte Hamstein oder Koberwald finden keine Erwähnung und auch nicht die pittoresken Felsenlandschaften. Vielleicht waren die Wanderwege durch dieses reizvolle Gebiet noch gar nicht erschlossen.

Vom Isertal steigen wir hinauf auf den zerklüfteten Sandsteinrücken des Naturreservats Klokotscher Felsen (Klokočské skály ), in dem sich auch zahlreiche Höhlen verbergen. Der Weg führt bald promenadenartig über die etwa 1,5 km lange Felsenstadt, die bei der Burg Rothenstein abschließt. Von verschiedenen Austritten auf den Felsen bietet sich eine formidable Aussicht über das Tal hinweg zum lang gezogenen Kosakowrücken. Zugleich beeindrucken die mächtigen Sandsteinmauern und einzelne freistehende Türme und Felsnadeln. Atemberaubend die mächtige Felsnadel Věž Džbán (Krug), deren Taille bereits so schmal ist, dass man möglichst geräuschlos vorbei schleicht, um sie nicht zum Einsturz zu bringen. Das Ende des Weges ist mit ein wenig Kletterei über Treppen und Leitern verbunden und endet an der Ruine Rothenstein (Rotštejn).

Die Ruine ist für Maler, Architekten und Historiker gleich interessant; der ganze Felsen erscheint stockwerkartig ausgehöhlt und ist ein würdiges Stück zum Einsiedler bei Bürgstein. Außer den vielen hallenartigen Höhlen, die als Pferdeställe, Keller und Wohnräume gedient haben, beachte man den sehr tiefen Brunnen.‘ (Theodor Schäfer, Nordböhmen mit Eingangstouren durch die Sächsische Schweiz, das Erzgebirge und das Lausitzer Gebirge).

Die Ruine scheint leider gegenwärtig nicht für die Öffentlichkeit zugänglich zu sein.

Vorbei an den blühenden Obstplantagen wandern wir hinab in das Tal der Stebenka und im Gegenanstieg hinauf nach Hamstein (Hamštejn) am Kosakowkamm zur gleichnamigen Pension, die uns bereits gut bekannt ist. Wie alle anderen Restaurationen, die heute am Wege liegen, hat auch diese geschlossen. Wenigstens die herrliche Aussicht von Trosky bis zum Jeschken (Ještěd) verbessert unseren verständlichen Gram. Ein Stück oberhalb erblickt man vom Kamm das Riesengebirge (Krkonoše).

Von Koberwald (Koberovy) aus führt ein stetig ansteigender Gratweg zu den Dürren Felsen. Diese Formation ist das Endstück der Lausitzer Verwerfung (etwa bei Oschatz beginnend), zugleich der eindrucksvollste Abschnitt dieser geologischen Herausbildung, die auch gern als Böhmische Dolomiten bezeichnet wird. Sie bilden die Fortsetzung des durch die Iser unterbrochenen Kleinskaler Felsengrats. Dort, wo die Felsnadeln sich schroff absetzen, verlässt der markierte Weg das Gelände und ein mehr oder weniger ausgetretener Pfad umläuft nördlich die Felsmauer, von Süden her kann man an einigen Stellen über Leitern senkrecht zu den Zinnen auf- und absteigen. Von unten sieht sich das gut an, aber von oben blickt man in die gähnende Leere (nach Dr. Hantschel Felsabstürze bis 60 m). Danke. Wir umlaufen das Massiv.

Zu guter Letzt nach leichter Irritationen mit dem Wegnetz vollziehen wir einen Querfeldein-Aufstieg nach Beseditz. Aber es kommt schlimmer. Der Rückweg verläuft ein Stück durch die aufregenden Beseditzer Felsgärten (Besedické skály). Genau dort fällt das GPS-System aus (warum auch immer?) und meldet sich auch nicht wieder. Normalerweise reicht das natürliche Orientierungsvermögen, um aus so einer Lage wieder herauszufinden. Führt man jedoch eine Wandergruppe mit sich, breitet sich eine gewisse Mulmigkeit aus, soll doch die Tour im Rahmen bleiben und keine unnötigen Risiken in sich bergen.

Irgendwie haben wir uns heraus gemogelt und bei Michowka wieder festen Boden unter die Füße bekommen. Es bleibt jedoch die Lehre für künftige Unternehmungen: Der bedingungslose Glaube an die neumodischen Systeme kann schwerwiegende Folgen haben. Das Mitführen einer schnöden Wanderkarte kann Leben retten!


Die GPS-Daten zur Tour findet man hier.



Ausblick über das Tal der Iser von der Zdenčina skála


Der nordöstliche Teil der Klokotscher Felsregion wird auch als Betlémské skály bezeichnet








Felsenstadt bei Klokotsch. Die Aussicht ist nach einer regenreichen Nacht wieder einmal eingetrübt








Věž Džbán (Krug)






Ruine Rothenstein



Blühende Landschaften bei Klokotsch



Aufstieg an den Hanglagen des Kosakow nach Hamstein; mit zunehmendem Anstieg wird der Überblick über die Landschaft immer besser


Von Koberwald erreicht man über einen Gratweg die Dürren Felsen






Aussicht von Beseditz überdie Klokotscher Felsen zur Ruine Trosky



Im Beseditzer Felsgarten




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