Mittwoch, 6. Oktober 2021

Wanderung zum Hungerhübel bei Wolfersdorf


 Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz



Zunächst einmal eine kleine Zeitungsschau außerhalb des eigentlichen Themas, denn wenn alles so gekommen wäre, wie uns die Sächsische Zeitung vom 21.07.2021 verkündete, läge der eine oder andere wahrscheinlich bereits im Sterben. Was lesen wir in dem Blatt auf Seite 1 in großen Lettern?

„Prognose: Inzidenz von 850 Ende September“



Um Irrtümern vorzubeugen: der Artikel wird in Verbindung gebracht mit der Bundestagswahl, die in 3 Tagen stattfindet. Es kann sich also nur um das Jahr 2021 handeln. Den Verkünder solcher Parolen sollte man sich gut merken, er heißt Helge Braun, ist Kanzleramtsminister und wird hoffentlich in der neuen Regierung nicht wieder auftauchen. Da wüssten wir gleich, was uns erwartet: Angst- und Panikmache, Impfdruck, Überwachung und so weiter. Wie soll das Land sonst errettet werden? Nebenbei gesagt liegt die Inzidenz heute, da ich dies schreibe, in Deutschland bei 63,1, Tendenz zuletzt fallend, im Landkreis Görlitz bei 26,3. Da stellt man sich doch die Frage, wie bei einer Durchimpfung der Bevölkerung von ca. 70% eine Inzidenz von 850 erreicht werden kann. Erkranken gar die Geimpften (wie böse Zungen behaupten)? Der Letzte muss doch nun langsam verstanden haben, dass nicht eine Krankheit das Problem ist, sondern Leute vom Schlage eines Helge Braun und die Schreiberlinge der Zeitung.

Mir gehen zur Zeit so viele Dinge durch den Kopf, dass ich etwas durcheinander bin. Wie kann es sonst passieren, dass ich an so einem ereignisreichen Tag vergesse, den Akku in die Kamera einzulegen. Alle Bilder hat mir heute also ein Wanderfreund zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür.

Unser heutiges Wanderziel ist das weitläufige Tal von Wolfersdorf (Volfartice), Ausgangspunkt die hübsche, aussichtsreiche Sommerfrische Sonneberg (Slunečná). Obwohl sich zunächst alles gut anfühlt, sind doch einige Hindernisse zu überwinden. Das erste (zu umgehende) Problem ist der versperrte Weg, den ich früher bereits einmal gegangen bin. Es ist leider in Mode gekommen, dass Häuslebesitzer die Wege einfach überbauen. Dreimal haben wir dies heute erlebt. Es scheint das Recht des Stärkeren zu gelten und offenbar interessiert das auch keinen, denn die Pfade sind dem optischen Eindruck nach kaum noch begangen, insbesondere hier am Sonnebergrücken, den es zu überqueren gilt, wenn man hinüber nach Wolfersdorf will. Sofern die Wege überhaupt benutzt werden, dann durch die schwere Technik, mit Hilfe derer die Stämme aus dem Wald geholt werden. demgemäß sehen diese Wege auch aus und zwar nicht nur in diesem Bereich – man kämpft sich durch den Schlamm. Hat man den Wald endlich verlassen, erblickt man das Höhental um den sehr alten Ort Wolfersdorf (begründet 1281) mit seiner schönen Kirche zum hl. Petrus und Paulus. Um 1900 gab es hier 1734 Einwohner, heute ca. 700.

Auf der anderen Talseite erhebt sich der Schossenberg (Radečský kopec), an dessen Flanke wir hinauf nach Schossendorf (Radec) wandern, welches auf der westlichen Seite vom Hofeberg (Dvorský kopec) flankiert wird. Talwärts breitet sich der Ort zwischen diesen beiden Bergen aus, um den herum im Frühjahr zahlreich die Obstbäume blühen. Aus der Hochfläche erhebt sich nördlich kaum wahrnehmbar ein Hügel, dem laut mapy-Karte Aussichtsqualitäten zugeschrieben werden. Das ist der Hungerhübel (Hladovy kopec). Diesen wollen wir uns einmal ansehen.

An beiden Seiten führen Wege an der Kuppe vorbei. Man muss dann einfach querfeldein zum Gipfel hinauf laufen. Man spürt mit zunehmender Höhe, dass sich gleich ein schönes Spektakel bieten wird. Und so ist es auch. Abgesehen davon, dass der Ausblick nach Süden in Richtung Rabensteiner Höhe (Havraní vrch) durch eine Freileitung gestört wird, ergibt sich ein wunderbares Rundbild. Hervorzuheben ist der Blick über Wolfersdorf zum Roll (Ralsko) und dem Leipaer Spitzberg (Špičák). Nach Norden hin blickt man schön auf die im höheren Bereich des Talkessels gelegenen Dörfer Neudörfel (Nová Ves), Meistersdorf (Mistrovice) und Ullrichsthal (Nový Oldřichov). Früher soll auf dem Hungerhübel ein Schlösschen gestanden haben. Schade, dass wir bereits unterhalb des Gipfels Rast gehalten haben (es kam uns ein wenig zugig vor), dennoch nehmen wir uns etwas Zeit, um den Rundblick hier oben auf uns wirken zu lassen.

Zur Rückkehr müssen wir zunächst hinunter nach Wolfersdorf, um auf der Gegenseite wieder zum Sonnebergrücken anzusteigen. Dabei treffen wir auf einen Asphaltweg, der sich um die Taleinschnitte bis hinauf nach Steinschönau (Kamenický Šenov) windet. Es handelt sich dabei um einen Fahrradweg, der auf einer alten, von Böhmisch Leipa (Česká Lípa) heraufkommenden Bahntrasse angelegt wurde. Der Personenverkehr wurde auf dieser Strecke 1979 eingestellt, der Güterverkehr 1992. Die sanft ansteigende, 17 km lange Strecke ist eine der schönsten Fahrradrouten, die ich gefahren bin, da man während der gesamten Fahrt herrliche Ausblicke auf das Mittelgebirge genießen kann. In Betrieb genommen wurde die Bahntrasse 1903.

„Die Lokalbahn Steinschönau-Böhmisch Leipa mit den Zwischenstationen und Haltestellen Oberpreschkau, Parchen-Steinschönau, Ullrichsthal, Meistersdorf, Neudörfel, Wolfersdorf, Ober- Liebich, Manisch und Böhm. Leipa-Schützenhaus wurde am 29. August 1903 für den Verkehr eröffnet.

Das größte Interesse an der Durchführung des Projektes der Erbauung einer Bahnlinie zwischen dem Bahnhofe Steinschönau und Böhm. Leipa zeigten besonders die Gemeinden Parchen- Schelten, Ullrichsthal, Meistersdorf und Wolfersdorf. In Steinschönan nahmen einige bedeutende Handelsfirmen gegen das Projekt eine ablehnende Haltung ein. Dem tatkräftigen und unermüdlichen Bemühungen des Vollzugsausschusses, dem als Vertreter Steinschönaus der Bürgermeister Adolf Helzel und die Fabrikanten Engelbert John und Adolf Palme angehörten, gelang es nach jahrelanger Vorarbeit dennoch, den Bahnbau zu verwirklichen.

Am 24. März 1902 wurde die Baukonzession an die Firma Chiericci und Picha verliehen. Am 30. April desselben Jahres erfolgte beim Bahnhofe Meistersdorf der erste Spatenstich. Die Erbauungskosten der Bahnlinie, mit 2.900.000 K veranschlagt, wurden durch Zeichnung von Stammaktien zu je 200 K durch die betreffenden Gemeinden und deren Bevölkerung sowie durch Übernahme von 410.000 K dieser Aktien durch den Staat aufgebracht. Der restliche Betrag wurde durch ein Landesdarlehen bedeckt. Gemeinde und Bevölkerung von Steinschönau zeichneten für ungefähr 68.000 K dieser Aktien, die ihren Wert infolge der Unrentabilität der Bahn bei Übernahme derselben durch den Staat (1. Jänner 1925) vollständig verloren.

Das erste Betriebsjahr wies bereits einen Abgang von 98.000 K auf, dessen Höhe in einigen späteren Jahren noch überschritten wurde. Gegenwärtig hat jedoch die Strecke durch die Errichtung der Rohglasfabriken in Parchen-Schelten und Ober-Steinschönan (die Glasfabrik in Ullrichsthal wurde bereits 1885 in Betrieb gesetzt) sowie durch die Einführung eines direkten Verkehres zwischen Böhm. Kamnitz über Steinschönau nach Böhm. Leipa und in entgegengesetzter Richtung viel an Bedeutung gewonnen.“ (Steinschönau, Publikation des Stadtrates, 1930)

Wie wir sehen, erfolgte die Finanzierung dieser Erfolgsgeschichte wie einst am „Neuen Markt“ geschehen. Die Kleinaktionäre waren ihr Geld alsbald los und der Staat musste am Ende qua Bürgschaft den Laden übernehmen.

Ein Stück wandern wir entlang der Bahntrasse und steigen dann hinauf zum Kamm des Sonnebergrückens. Bedingungen wie gehabt, zerfahrene Wege und - ganz neue Erfahrung – Verfüllung derselben mit Schnittholz, für das wohl niemand Verwendung hat. Am Tschachenberg (Čachnov) verliert sich der Weg völlig und so stolpern wir halsbrecherisch über Geröll zur nächsten Landstraße. Ein Stück wandern wir den Kamm entlang und steigen dann steil ab zu den in Hanglage angesiedelten Häusern von Sonneberg. In dieser Traumlage hat sich einiges getan. Die besten Leckerbissen haben sich wohl einige zahlungskräftige Landsleute gesichert, woraus sich das Selbstverständnis ableitet, den vorbei führenden Weg zu Privateigentum zu erklären. Der bissige Hund, der den Wanderer abschrecken soll, hat scheinbar dienstfrei und so kommen wir ungehindert durch. Schöne Ausblicke hinüber zu Kottowitzer (Chotovický vrch) und Langenauer Berg (Skalický vrch), denen wir letzte Woche einen Besuch abgestattet haben, stimmen uns versöhnlich.

Fazit: das Wolfersdorfer Tal ist ein landschaftlich schönes Wanderziel, aber die Überschreitung des Sonnebergrückens ist eher etwas für Abenteurer.




Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.




Schöne Fachwerkhäuser in Sonneberg


Wolfersdorfer Kirche zum hl. Petrus und Paulus


Auf dem Weg nach Schossendorf






Auf dem Hungerhübel, auf der alten Karte findet sich der einzige Namenshinweis auf diese Erhebung






Man glaubt es kaum, dieses Vehikel aus Karl-Chemnitz-Stadt ist noch fahrbereit





Blick von der anderen Talseite auf den Hungerhübel


 Ausblick zum Schossendorfer Berg



Früher nannte man das Wanderwege





In der Ortslage Sonneberg





   Ausblick zu Kottowitzer- und Langenauer Berg



1 Kommentar:

  1. Beim Hochladenn ist scheinbar ein Fehler passiert, so dass die eingebetteten Links nicht funktionieren. B.E.

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