Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Madeira - eine Perle im Atlantischen Ozean
Madeira ist ein Außenposten Portugals im atlantischen Ozean, dem afrikanischen Kontinent vorgelagert, etwa auf der Höhe von Marokko. Es wurde vermutlich bereits im 6. Jahrhundert von den Phöniziern entdeckt, aber erst ab dem 15. Jahrhundert von den Portugiesen besiedelt. Madeira ist eine 'grüne' Insel vulkanischen Ursprungs, deren schroffe und stark gegliederten Gebirge bis zu knapp 1900 m aufragen. Bedingt durch den Nordostpassat regnen sich im Stau des Gebirges die anstehenden feuchten Luftmassen ab, während auf der flacher abfallenden Südseite in den Sommermonaten ausgeprägte Trockenheit herrscht. Aufgrund des geografischen Profils ist aber fast nur auf der Südseite eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung möglich. Schon früh bestand daher der Bedarf, das feuchte Nass von der einen, zu den Terassenfeldern auf der anderen Seite der Insel zu leiten. Bereits im 15. Jahrhundert, kurz nach Wiederentdeckung der Insel durch portugiesische Seefahrer, begann man mit dem Bau einzigartiger Bewässerungssysteme, den sogenannten Levadas, die das Wasser aus den feuchten Regen- und Nebelwäldern in den trockenen Süden transportieren. Anfänglich wurden für den Bau der Levadas Sklaven aus den nordafrikanischen und arabischen Besitzungen der Portugiesen eingesetzt, die über Erfahrungen im Bau solcher Systeme verfügten. Diese noch funktionsfähigen Bauwerke nötigen dem Betrachter noch heute höchsten Respekt ab. Entlang der Levadas führen Wanderwege an steilen Abstürzen bis zu den Quellen tief in die Täler hinein, nicht selten überspült von Kaskaden oder durch enge Tunnel, weshalb man sich nicht ohne Taschenlampe und Regenausrüstung auf den Weg machen sollte. Die Wege sind heute hilfsweise durch Geländer gesichert, um den Wanderern ein einigermaßen sicheres Gefühl zu geben. Nicht gesicherte Levadas am Fels sollten tunlichst gemieden werden. Auch in den letzten Jahren wurden noch Levadas angelegt, die allerdings bei weitem nicht von der Kunstfertigkeit und Kühnheit der frühen Baumeister künden. Für mich gehören die alten Levadas unbedingt auf die Liste des Weltkulturerbes, wo sie aber bislang nicht zu finden sind. Zum Weltkulturerbe gehört aber der Lorbeerwald von Laurasilva, der sich, bedingt durch Nebel und Niederschläge mit seinen Flechten und Moosen stellenweise gespenstisch darbietet und in dem das Wasser von den Levadas aufgefangen und abgeführt wird. Sicher sind die Levadawanderungen die Attraktion auf Madeira. Man sollte aber beachten, dass die schönsten Wanderungen in jedem Reiseführer aufgeführt sind und auch die Pauschaltouristen organisiert dahin geführt werden - da ist Bewegung im Gelände. Vielleicht ist es besser, sich eine Wanderkarte vor Ort zu kaufen. Wir haben auch markierte Wege gesehen, die nicht in den üblichen Reiseunterlagen notiert und dementsprechend weniger frequentiert sind.
Neben den beeindruckenden Bergszenerien bietet Madeira trotz seiner geringen Ausdehnung auch ansonsten eine abwechslungsreiche Landschaft und historisch interessante Gegebenheiten. Beeindruckend die wüstenartige Halbinsel Sao Lourenco im Osten der Insel oder die an das schottische Hochland erinnernde Hochebene Paul da Serra, der Lorbeerwald und die Weideregion im Fanal, ferner atemberaubende Steilküsten. Badeurlauber werden an den schroffen Küstenabschnitten hingegen wenig Befriedigung finden. Hat man einen Mietwagen zur Verfügung, wird man sich die aufregenden Fahrten ins Gebirge nicht entgehen lassen, Zeit ist dafür ausreichend einzuplanen. Abenteuerlich sind die alten Verkehrswege entlang der Steilküsten, die heute aber weitgehend gesperrt und durch aufwendig in den Fels getriebene Tunnelsysteme ersetzt sind. Auf der Suche nach den letzten Paradiesen können diese Wunderwerke der Gegenwart durchaus irritieren.
Wer sich in die Natur begibt, muss sich auf Madeira vor bösartigem und giftigem Untier nicht fürchten. Allerdings waren wir über die gefräßigen Madeira-Mauereidechsen auf Sao Lourenco doch erstaunt, die sich ohne Berührungsängste auf alles Nahrhafte stürzten und in ihrer Fresssucht eher an das Verhalten von Piranhas erinnerten.
Aufgrund des günstigen Klimas gedeiht auf Madeira eine zauberhafte Vegetation, Madeira hat sich daher auch den Beinamen Blumeninsel verdient. Der Spätherbst ist immer noch eine gute Reisezeit, um dem aufkommenden tristen Wetter in der Heimat zu entfliehen, aber an dem sagenhaften Flor mangelt es zu dieser Zeit auf der Insel. In klimatisch besonders begünstigten Nischen wurden in der Nähe der Hauptstadt Funchal botanische Gärten angelegt, die dem Botaniker in jedem Fall zu empfehlen sind und die für die üppige Natur in günstigeren Jahreszeiten entschädigen. Im Jardim Tropical Monte findet sich auch eine schöne Galerie madeirensischer Kachelmalerei, die einem vielerorts auf der Insel begegnet. Die Motive zeigen Szenen aus dem Leben der Menschen, der Religion und der portugiesische Geschichte. Der Garten ist thematisch angelegt und beherbergt auch eine sehr sehenswerte Ausstellung über Edelsteine.
Des guten Klimas wegen war Madeira auch in der Vergangenheit ein beliebter Ort zum Genesen, Entspannen und Mühsaltreiben für manch europäische Eliten. Besonders die Briten kamen (da historisch eng mit Portugal verbunden) gern, stellvertretend sei Sir Winston Churchill genannt. Der namhafteste Großkopferter aber dürfte der (letzte )österreichische Kaiser Karl I. sein, der hier 1922 verstarb und dessen Gebeine sich in der Wallfahrtskirche Nossa Senhora do Monte noch heute ausruhen. Nach dem Kaiser Karl noch 1921 intrigant versuchte, das habsburgische Reich zu restaurieren, wurde er von der Triple Entente nach Madeira verbannt. Warum der Vatikan den Monarchen in 2004 noch seligsprach, darüber muss ich jetzt in der Tat erst einmal nachdenken...
Sehr schöne Bilder zum interessanten Reisebericht. Beeindruckend was da seinerzeit von Menschenhand geschaffen wurde.
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