Sardinien sei im Mai ein blühender Garten, lasen wir. Das wollten wir gern erleben. Die Insel im Mittelmeer ist so groß, daß man während eines Aufenthaltes nicht das ganze Eiland sehen kann, jedenfalls nicht richtig. Wohin also ? Berge ziehen uns immer an und zum Baden wird es im Mai noch zu kalt sein, also geht es in die Berge. In den Bergregionen zeigt sich die Insel am ursprünglichsten, aber touristisch am unerschlossensten. Quartiere und die üblichen touristischen Angebote sind hier nur eingeschränkt verfügbar, aber damit können wir gut leben. Baunei am Rande des Gennargentu-Massivs erwies sich als geeigneter Ausgangspunkt für die Erkundung des Nationalparks. Inmitten des kleinen Bergdorfes ist man nah dran an den Menschen und erlebt authentische Verhältnisse. Sardinien ist zwar Italien, aber es ist hier vieles anders als drüben auf dem Festland. Man erlebt keine Hektik und nicht das quirlig-lebendige Treiben, welches zwischen Bozen und der Stiefelspitze herrscht. Auf das 'dolce vita' wird man kaum treffen. Das Wesen der Menschen ist sachlich und durch das Dasein des Hirtenvolkes der Sarden geprägt.
Die Natur hielt das, was wir uns von ihr versprochen haben. Überall blühen Ginster und Zistrosen. Aber vor allem die Wolfsmilchgewächse , die an den Steilhängen der Küste gedeihen, sorgen für ein unglaubliches Farbspektakel. Es ist ein Fest für die Augen. Die Macchia, eine dichte, oft undurchdringliche Strauchvegetation verströmt einen unwiderstehlichen Geruch, der sich, so scheint es, aus Aromen verschiedener Kräuter und Sträucher mischt. Frische Kräuter, wie Rosmarin oder Fenchel verdienen gesammelt zu werden. Sie bereichern die Küche und lassen jedes Gericht zu einer mediterranen Gaumenfreude werden.
Teils ist die Bergregion für Wanderer gut erschlossen, teils ist Eigeninitiative gefragt. Etliche Wege gehen durch schroffe Täler hinunter an die Küste, wo kleine Strände vom türkisblauen Meer umspült werden. Weiter im Inselinneren führen einsame Wege durch Wälder und ausgedehnte Bergweidelandschaften. Hier ist Orientierungssinn und ein wenig Wandererfahrung erforderlich. Wer das aber wagt, wird Sardinien in seiner natürlichsten Form erleben. Ein Tour in die Su Gorroppu – Schlucht, eine der tiefsten Schluchten Europas mit bis zu 500 m überhängenden Wänden sowie in das Monte Albo Gebiet ist lohnenswert.
Wer sich einen Tag Ruhe gönnen möchte, dem sei eine Fahrt mit einer der historischen Eisenbahnen empfohlen. Von Arbatax bis Mandas verkehrt der Trenino Verde. Die Strecke schlängelt sich auf einer abenteuerlichen Trasse hinauf ins Gebirge, durchquert Berge in Tunneln und setzt auf Brücken über Schluchten, für die es nach hiesigen Maßstäben wohl keine Zulassung mehr geben würde. Man erhält aber während der Fahrt einen ausgesprochen guten Überblick über diesen Teil der Insel. Auf der Strecke bis Sadali (ca. 100 km) sind für Hin- und Rückfahrt 7 Stunden Zeit einzuplanen. Der Schaffner läuft geschäftsmäßig während der ganzen Fahrt im einzigen Wagen auf und ab, und das heute mit 4 Fahrgästen. An kleinen Bahnübergängen hält grundsätzlich der Zug, damit bloß nichts passiert. An größeren Bahnübergängen sperrt ein Bahnwärter (für zwei Züge am Tag) die Straße – mit einer Kette. Zeit für ein Schwätzchen zwischen Lokführer und Bahnwärter oder Streckenarbeitern muß sein. In Lanusei ist erst einmal Pause. In der kleinen überfüllten Bahnhofsbar trinkt man einen Espresso oder Capuccino. Vom Fahrgast wird das auch erwartet. Warum nicht ? Es ist gemütlich und man kommt unter Leute; wie kann man besser ein Land kennenlernen ? Der homo oeconomicus (Frank Schirrmacher) hat hier nicht das Sagen, die Uhren gehen anders, als hierzulande gewohnt. Die Stunde hat mindestens 90 Minuten – alles sehr entspannt und sehr angenehm. Fährt der Teutone nicht gerade deshalb in den Süden, weil das der Seele so gut tut ? Wer das kennt schwärmt davon und unterwirft sich daheim dann doch wieder dem unerträglichen Streß. Oder schlimmer, verlangt das von anderen. Ist das normal ?
Noch eine gute Botschaft für alle Leser der südlichen Oberlausitz : Wir hatten uns entschieden, von Prag nach Sardinien zu fliegen. Die mutmaßlichen Logistikprobleme bei der Erreichung des Flughafens in Prag lösten sich trotz mehrmaligen Umsteigens schnell auf:
Eisenbahn Zittau – Reichenberg (Liberec) 37 Kronen
Reichenberg - Prag (Bus bis Cerny Most) 95 Kronen
Cerny Most – Zličín (U-Bahn) + Zličín – Flughafen (Bus)* 48 Kronen (12 Kronen für Gepäck)
Gesamt Fahrzeit ca. 3 Stunden 180 Kronen
Perfekter geht es nicht und ist somit auch eine gute Alternative für jeden Prag-Besuch.
* Das Umsteigen Bus – U-Bahn – Bus geht reibungslos am jeweiligen U-Bahnhof. Die U-Bahn fährt aller 2 Minuten, der Zubringer zum Flughafen viertelstündlich.
Sardinien ist auch durch seine faszinierende Tierwelt bekannt...
www.wincontact32.de
ein gelungener beitrag über den frühling auf sardinien! ich bin oft im frühling dort und ihr bericht deckt sich mit meinen erlebnissen und erfahrungen. dieschönen fotos bebildern ihre worte sehr anschaulich. das macht lust, loszufahren :-)
AntwortenLöschenich werde ihren beitrag auf meinen blog verlinken: www.o-solemio.de/blog/
vielen dank, sigrid von o-solemio