Diesmal wollten wir nicht die geologische Attraktion der Gegend zwischen Oschitz und Böhmisch Aicha - die berühmte "Teufelsmauer" besuchen, sondern einen Abstecher auf den Kalvarienberg von Kessel (Kotel) machen. Auf der Karte sind die Kreuzwegstationen und die Grabeskapelle deutlich eingezeichnet. Nur der "Kalvarienweg" ist nur noch in Bruchstücken auffindbar.
Also begannen wir uns querfeldein durch das Gestrüpp zum Bergkamm vorzuarbeiten, in der Hoffnung, auf diese Weise den Weg zu erreichen. Und da stand sie unversehens vor uns, eine Kreuzwegstation... Und so ähnlich muß es Stephens und Catherwood ergangen sein, als sie vor fast 200 Jahren auf einmal inmitten des hondurianischen Urwalds vor der Stele von Copan standen...
Das hatten wir nicht erwartet. Was gerade einmal 60 Jahre ausmachen, wenn sich niemand mehr für das interessiert, was davor noch für die Menschen der Gegend lieb und wichtig war. Man kann sich nur noch vorstellen, wie sie an hohen kirchlichen Feiertagen, in ihrer Landestracht herausgeputzt, ihren Weg entlang der Kreuzwegstationen zur Grabeskapelle auf dem Gipfel nahmen, um der feierlichen Predigt ihres Pfarrers zu lauschen. Diese Tradition ist mit ihrer Vertreibung abrupt zu Ende gegangen. Die Menschen, die in den verlassenen Dörfern ihre Stelle einnahmen, hatten keine Beziehung mehr zu den sakralen Bauten der Gegend und auch die Politik zeigte wenig Interesse daran. Aber - wie man allerorten in Nordböhmen beobachten kann - ändert sich das langsam. Die jungen Leute, deren Heimat nun die ehemaligen deutschen Siedlungsgebiete geworden sind, beginnen sich für die Menschen, die lange vor ihnen hier lebten und die Kulturlandschaft prägten, zu interessieren. Und das ist gut so. So wurden z.B. im böhmischen Niederland viele christliche Denkmale und ehemalige Wallfahrtsorte wieder instand gesetzt - und das sicherlich nicht nur, um den Touristen zu gefallen...
Der Hohlweg parallel zu den Kreuzwegstationen ist mittlerweile urwaldartig zugewachsen und nicht mehr passierbar...
Und auch von den Tafeln, die einst den Leidensweg Christi darstellten, ist nichts mehr vorhanden. Man findet lediglich noch den Namen der Person, die damals wahrscheinlich die Station gestiftet hat. Das ist aber nur eine Vermutung. Trotz einer ausführlichen Recherche konnte ich leider nichts, aber auch gar nichts über den Kalvarienweg von Kessel in Erfahrung bringen ...
Von der grob gemauerten Grabeskapelle ist nur noch eine Ruine vorhanden. Sie scheint endgültig vergessen zu sein, denn nicht mal eine ansonsten obligate offene Feuerstelle, wie man sie gewöhnlich an derartigen Orten in Böhmen findet, ist auszumachen. Wie mag sie wohl einmal ausgesehen haben?
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