Im (sehr sehenswerten) Zittauer Stadtmuseum stehen sie unten im "Folterkeller" rum mit dem Hinweis, man möge sie nicht berühren - die drei Zittauer Richtschwerter. Sie waren bis zum Jahre 1826 durchgängig in Gebrauch und mancher armer Sünder hat mit ihnen Bekanntschaft gemacht. Auf dem Rechten ist in der Klinge dessen Zweck eingraviert: "Ich strafe Das böse". Eine nähere Erläuterung hat uns dazu 1716 der Zittauer Syndikus Johann Benedict Carpzov (1675-1739) in seinen "Analecta fastorum Zittaviensium" hinterlassen (siehe unten), in denen er auch eine Auswahl "merkwürdiger" Kriminalfälle beschreibt, die zur Anwendung dieser oben abgebildeten Gerätschaften durch den in Zittau oder Görlitz bestallten Scharfrichter führten. Seine Aufzeichnungen sind quasi die einzigen Quellen, die darüber noch existieren, denn fast alle Gerichtsakten sind am 23. Juli 1757 (dem Unglückstag Zittaus) verbrannt...
Hat Gott der Allerhöchste, als ein Liebhaber der Gerechtigkeit, den Stand der weltlichen Obrigkeit selbst gestifftet, und selbiger gleichsam sein Bild zum Schutz und benöthigter Autorität angehänget, so hat er ihr auch das Richter-Schwerdt nicht umsonst angegürtet, sondern vielmehr zur Rache und Strafe über die Gottlosen anvertrauet, welches sie ohne Ansehn der Person schneiden lassen, und die Übelthäter als rechte carcinomata und Eiterbeulen von dem gesunden Cörper des gemeinen Wesens absondern soll. Gleichwie nun kein Ort in der Welt zu finden, da nicht böse Menschen unter frommen, wie Spreu unter dem Weitzen, wie räudige Schafe unter einer gesunden Herde, sich einmischen solten; Also ist die Stadt Zittau von dergleichen Unkraut gleichergestalt nicht befreyet geblieben, in dem zuweilen grosse Mißhandlungen von verwegenen Buben ausgeübet, diese aber auch mit exemplarischer Züchtigung angesehen worden, wovon wir in gegenwärtigem Capitul einige Merckwürdigkeiten nach Ordnung derer Jahre zwar anführen, doch nur diejenigen Executiones beschreiben werden, bey welchen etwas sonderbares entweder in dem Verbrechen, oder dessen Straffe vorgelauffen.
...MUTTERMORD
Anno 1518 hatte Nicol Michel ein gottloser böser Mensch zu Seiffersdorf in Zittauischen Gerichten, als man ihn daselbst wegen etlicher Leichtfertigkeiten gefangen eingesetzt, und an eine Kette geschlossen, wovon er sich erstlich loß gebrochen, und hernach zum andern mahl in Stock geleget worden, eine Hechel, so über ihn hieng, ergriffen, selbige in den gemeinen umstehenden Hauffen geworfen, und damit seine leibliche Mutter sehr gefährlich ins Haupt verwundet, daß sie in 8 Tagen verschieden ist. Dieser Nicol Michel nun ist wegen seines begangenen Frevels und Mutter Mordes mit dem Schwerdt vom Leben zu Tode gebracht worden die post trium Regum Anno 1519
EHEBRUCH UND ENTFÜHRUNG
Anno 1584 den 5 Junii ist ein Procurator von Iglau nacher Zittau kommen, welcher einem Handelsmann zu Znaym in Mähren sein Weib mit 2 Kindern entführet, des Weibes Mann aber, der ihnen allenthalben nachgezogen, gelangete selbige Nacht auch anhero, und traff beyderseits in einem Gasthofe vorm Thore zusammen in einem Bette an, da er denn den Procuratorem mit der unzüchtigen Frauen durch die Gerichten fest setzen ließ, biß auf den Morgen, da man ihn in die Stadt in Verhafft gebracht. Hierauff hat der Ehemann von seiner Obrigkeit Attestata wegen solcher Begebenheit und Entführung angeschafft, und dem Procuratorn auf seine eigene Unkosten den Kopff abschlagen lassen, so bey unserer lieben Frauen Kirchhof geschach. Das Weib aber kam auf seine Vorbitte loß, und der Mann nahm sie wieder zu sich.
GIFTMISCHUNG
Anno 1591 vierzehen Tage vor Fastnacht ist George Kleindienst ein Dienstknecht mit dem Schwerdt gerichtet und hernach aufs Feuer geleget worden, um daß er zu Wittgendorff Bernhard Feurigen Bauersmann, bey welchem er gedient, und seinem ganzen Hauß-Gesinde an den Weynacht Feyertagen mit Gifft vergeben wollen, indem er in einen Päppe oder Brey, so sie zu Mittage gessen, Ratten-Pulver gemischet, davon auch des Bauern Weib bald gestorben. Die Ursache war, daß der Bauer ihm seine Tochter zu geben Hoffnung gemacht, welche er hernach an einen andern versprochen. Es hat der Thäter bekennet, daß wenn er biß zu der Tochter Hochzeit Frist gehabt, er ein ganz Viertel Bier vergifften wollen.
MORDTHAT BEYM TRUNCKE UND SPIELE
Anno 1612 den 26. Augusti Sonntags Abends zwischen 9 und 10 Uhr gieng dieses Unglück vor; Peter Kohl, Bürger in der Webergasse, und Caspar Wolckenstein, Bader vor dem Weber-Thore geriethen beym Spiele und Truncke in M. Daniel Burckarts Hause in der Kohl-Gassen in Zank, und endlich zum Schlagen. Wolckenstein hatte jenen auf den Kopff geschlagen, daß er sehr blutete, auch in Finger gebissen, und entwiech alsdenn zu einem andern Tische, wo Schuknechte sassen, welchen er zuruffte: Ich wolte gern Ruhe haben, wo ich sie finden könte. Ihr Söhne stehet mir bey. Da es indessen stille, zeucht Adam Förster, der Tuchscherer etliche etliche Banck-Beine aus, muntert Kohlen auf, und saget: Er solte es nicht leiden. In Grimme fället Peter Kohle Wolckensteinen mit Worten an, und sticht ihn mit seinem Brodt-Messer auf die linke Brust gegen das Herze zu. Wolckenstein, so seinen tödtlichen Stich fühlete, eilete nach Hause, fiel aber bey der ersten Stuffen darnieder und starb bald bey ankommender Wache. Wie Kohle den Stich gethan, wirfft er das Messer auf die Gassen, sincket nieder und weinet bitterlich. Da ihn der Wachmeister ins Gefängnis führet, fraget er in der Bader-Gasse, ob Wolckenstein todt sey? und da dieser es bejahet, giebet Kohle zur Antwort: Ich will gerne wieder sterben, dieweil ich Ursache an seinem Tode, und die Schrifft saget: Wer Menschen Blut vergeust, des Blut soll auch durch Menschen vergossen werden. Des Dienstags hielt man über ihn das Gerichte, und sprach ihme das Leben ab. Mittwochs den 29 Augusti zwischen 9 und 10 Uhr geschahe die Execution auf öffentlichem Marckte, woselbst von 250 Mann junger Bürger aus allen Zechen ein Creis geschlossen wurde. Im Ausführen begleiteten ihn seine Freunde, und sungen mit ihm Sterbe-Lieder. Als er mit dem Schwerdte enthauptet, legten ihn die Todten-Gräber samt dem Tuche, auf welchem er den Tod erlitten, in Sarck, trugen selbigen in sein Hauß, und E.E. Rath verstattete hernach ihme einen Pulß auszulauten, auch eben den Tag um 12 Uhr nebst jenen (den erstochenen Bader) bey der Creutz-Kirchen zu begraben.
FEUER ANGOKELUNG
Anno 1698 den 13 Novembr. ward Heinrich Lode ein Junge von 15 Jahren mit dem Schwerde gericht und hernach verbrand, weiln er den 16 Julii die Mühle zu Hirschfelde angezündet, hernach den 10. Nov. die Scheune sambt einem Stalle abgebrand, darinnen ein Kind von eilff Jahren mit sambt des Müllers gantzen Vorrath im Feuer verdorben. Dergleichen Execution geschach auch den 30 Januarii Anno 1699 mit Nickel Hebers eines Mäuers Eh-Weib, welche den 13. Dec. bey Johann Michel Schillingen in der Kloben-Gassen Feuer angeleget, so aber bey zeiten gedämpffet worden.
Nun, das sind ein paar Geschichten, die mit den flüchtig bestaunten Exponaten in Beziehung stehen, und für die sich heute niemand mehr interessiert...
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oh doch! ich interessiere mich dafür sehr! :)
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