Fährt man über Friedland und Bad Flinsberg ins Riesengebirge, passiert man Neustadt (Nove Mesto), jenen etwas vergessen erscheinenden Ort am Fuße der Tafelfichte (Smrk). Zwangsläufig nimmt man schmucklose ausgediente Fabrikanlagen wahr, wenn man den Ort durchfährt. Mit der Wende ging auch an diesem industrialisierten Standort das Licht aus und nun scheint man auf die Fördergelder zu warten, die zur Beseitigung der Industriebrachen erforderlich sind. Wir kennen das und nehmen es deswegen kommentarlos zur Kenntnis. Verschont vom gesellschaftlichen Umbruch blieb jedoch die Natur und die herrliche Landschaft, von der Neustadt an der Tafelfichte umgeben ist. Dahin führt uns unsere heutige Wandertour.
Naturgemäß fühlt man sich zunächst von hohen Bergen angezogen. Unübersehbar thront die Tafelfichte über der Stadt. Aber was verbirgt sich im Norden hinter dem Höhenzug, der als Heinersdorfer Forst (Jindřichovicky Hreben) bekannt ist? Richtig: Heinersdorf (Jindřichovice pod Smrkem). Kaum jemand erinnert sich heute noch daran, daß diese Gegend früher als Sommerfrische sehr beliebt war und mit zahlreichen gastronomisch-touristischen Einrichtungen aufwarten konnte. Aber vor einigen Jahren schaffte es Heinersdorf mit einer ganz anderen Nachricht in die Schlagzeilen. Am 12.09.2003 titelte die Sächsische Zeitung - und zwar wie folgt:
Asterix und die Prager Beamten
'Es ist wie mit Asterix und den Römern. Nur dass der Kämpfer nicht in einem kleinen Dorf in Gallien wohnt, sondern in Jindrichovice im nördlichsten Zipfel von Tschechien. Und die Römer keine Besatzer sind, sondern Staatsdiener und meistens aus Prag.
Genau das ist es, wogegen sich Bürgermeister Petr Pavek (Asterix) wehren will. Der große Feind heißt Bürokratie. Deshalb hat er diese Woche Warnschilder am Ortseingang anbringen lassen. Darauf steht: „Achtung Beamte! Betreten verboten!“ Darunter ist auch gleich vermerkt, was eine Zuwiderhandlung einen aufmüpfigen Beamten kostet, wenn er auf Jindrichovicer Grund und Boden erwischt wird: 10 000 Kronen, das sind umgerechnet über 300 Euro. ...'
Ist das eine Initiative?! Keine Frage, dieser mutigen Gemeinde wollten wir unbedingt unsere Aufwartung machen. Wir haben keine kommunalpolitischen Gespräche geführt, aber trotzdem einen ausgesprochen positiven Eindruck gewonnen. Hier scheint sich mit Eigeninitiative eine Menge zu tun. Dieser Ort mit ökologischem Selbstverständnis hinterlässt einen charmanten Eindruck, auch wenn jetzt (Anfang März) das Ortsbild noch nicht durch die frischen Farben der Natur unterstützt wird.
Verläßt man das große Waldgebiet des Heinersdorfer Forst, fällt ein erster Blick auf die weiten Weidegebiete in einer sanften Hügellandschaft, die den Ort umgibt. Nördlich führt der Weg weiter hinauf zum Steinberg (Kamenny vrch) und spätestens hier und auf der folgenden Strecke begegnen wir, was wir uns von dieser Wanderung erwartet haben. Hier erkennt man, warum diese Landschaft auch das 'Land unter der Tafelfichte' genannt wird. Tafelfichte und das sich anlehnende Heufuder (Stóg Izerski) beherrschen die Kulisse und überragen die sanften Hochflächen. Noch beeindruckender wird das Bild, als wir den langen Weg vom Humrichberg (Vylídka) hinunter nach Bärnsdorf (Horní Řasnice) gehen. Hier breitet sich vor uns der gesamte Isergebirgskamm vom Spitzberg (Oldřichovský Špičák) bis zum Heufuder aus. Ein tolles Panorama, welches uns häufig zum Innehalten verleitet.
Allein die kurze Wegstrecke vom Steinberg bis nach Bärnsdorf, die wir schnell hinter uns lassen, führt an einer kolossalen Sandgrube vorbei, die für einen Moment die gute Stimmung vermiest. Am Steinberg allerdings gibt es noch etwas seltenes zu sehen. Hier siedelt die Kahlrückige Waldameise (Formica polyctena), die unter strengen Schutz gestellt ist. Auch Naturbanausen wird es nicht gelingen, deren zahlreiche Behausungen zu übersehen.
Gerne schauen wir uns auf unseren Wanderungen auch den Zustand der Wälder an. Sicher kann man die Gesundheit der Bäume nicht allein durch das Bauchgefühl bestimmen, aber man kann erkennen, daß kein Raubbau an der Natur betrieben wird, die Bäume in geordneten Beständen stehen, die Wege in Ordnung sind und Pflege stattfindet. Auch das ist ein Grund, warum unsere Wanderziele überwiegend in böhmischen Landen zu finden sind und nicht in den Zittauer Stadtforsten.
Diese empfehlenswerte Wanderung ist mit 24 km Länge schon etwas ambitioniert, aber vom Profil her stellt sie keine besonderen Anforderungen. Man kann auch mit der Eisenbahn nach Heinersdorf in den allerletzten Winkel Böhmens reisen und hat dann vielleicht mehr Zeit sich umzusehen und die Natur zu genießen.
Eine Lindenallee führt aus Neustadt hinaus in den Heinersdorfer Forst
Die Kirche von Heinersdorf, ihre Ursprünge gehen zurück auf das Jahr 1550
Heinersdorfer Dorfidyll
Schmuckes Altersheim in Heinersdorf, in dem Ort gibt es eine Reihe stattlicher Villen
Weite Wiesenlandschaft um Heinersdorf
Formica polyctena bei der Arbeit
Einen herrlichen Blick auf den Kamm des Isergebirge genießt man von den Höhen um Bärnsdorf
Der Frühling
kann kommen, Obstbäume werden mit Kalkmilch bepinselt, um die
Stämme
vor Austrocknung durch Sonneneinstrahlung zu schützen
Die Buschwindröschen lassen sich blicken
Eine typisch böhmische Erfindung
Ein neuer Wanderrastplatz im Heinersdorfer Forst …
… ist nur ein Argument für eine Wanderung durch das einladende Isergebirgsvorland
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Hihihi - Formica ….; hoert sich richtig nobel an mit 'Taufnamen' :-D !
AntwortenLöschenKenne hier ihre Verwandtschaft, genannt 'Bull Ant' nur zuuu genau: macht mich oefter zum suuuper sportiven Hochspringer - naemlich aus den Stiefeln in ungeanter Geschwindigkeit ^^
Ansonsten werde ich mir den 'Asterix-Ort' mal lieber merken; der hoert sich an, als ob er mir schwer gefallen koennte mit seinen 'Alles-muss-man-selber-Machern' - Hut ab, ich dachte so was waere schon ausgestorben.
LG, Gerlinde