Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Auf dem Weg von Böhmisch Leipa nach Hirschberg (Doksy) tauchen oberhalb der Ortschaft Mikenhahn (Provodin) mehrere Erhebungen auf, von denen sich der Kahlstein (Lysá skála) am deutlichsten hervorhebt. Das sind die Mikenhahner Steine (Provodínské kameny). Die ansonsten recht auskunftsfreudige Enzyklopädie Wikipedia, hält sich bei der Beschreibung recht knapp. Immerhin erfahren wir, daß es sich dabei um 'durch die Abtragung herausmodellierte Vulkanschlote des tertiären Vulkanismus in Nordböhmen' handelt. Nur der Kahlstein wird noch als herausragender Aussichtsfels hervorgehoben. Zu den weiteren vier Kuppen gibt es jedoch zur Zeit keine Angaben. Dabei verdient neben dem Kahlstein mindestens der Lange Berg (Dlouhý vrch) eine informative Erwähnung. Außerdem ist die gesamte Gegend reich an wertvollen Mineralien, insbesondere Natrolith. Die Zeolithe, insbesondere aus dem Bereich des Neubauer Berges (Puchavec), zieren die berühmtesten Mineraliensammlungen Europas, wie Paudler mitteilt. Schon am Ende des 19. Jahrhundert wurde hier mit dem Abbau von Quarzsand begonnen. Im Jahre 1913 wurde die 'Erste Nordböhmische Glassand- und Sandsteinziegelwerke Wilhelm Schulz in Mickenhan' eingetragen. Die Großen der Branche haben richtig aufgepasst und nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch 1989 die Hände ausgestreckt. Die Quarzwerke Gruppe wurde 1994 Hauptaktionärin der Provodínské písky AG. Vom Kahlstein aus sind die Werke und die Tagebaue am Fuße der Mikenhahner Steine zu sehen. Bleibt zu hoffen, daß mit dem weiteren Abbau auf die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit der Landschaft geachtet wird.
Wir wenden uns jedoch am Beginn unserer Wanderung dem Langen Berg zu, denn hier gibt es neben einer lieblichen Landschaft mit weiten Blicken in die Umgegend auch historische Bezüge. Paudler schreibt
'Geschichtlich denkwürdig ist der Langeberg mit seinen Schanzen, welche zuerst von Jopseph II. im Herbste 1778 erbaut, dann unter Kaiser Franz im Jahre 1813 erweitert wurden. Diese Schanzen reichen aus der Nähe der Sandschänke bis in das Thal jenseits des Berges. Auf dem Kamme des Langeberges hat man den spaltbaren Klingstein an der Südostseite abgesprengt und dadurch eine Art Felsmauer mit Gang hergestellt, auf welchem sich die Wachen bequem und verhältnismäßig gefahrlos die Schanze entlang bewegen konnten'.
Außerdem soll am Langen Berg von einer Försterstochter Edelweiß angepflanzt worden sein, welches auch fortgekommen sein soll. Die Schanzen, davon konnten wir uns überzeugen, sind noch vorhanden, nach dem Edelweiß müssen wir ein andermal suchen. Dafür sind die weitläufigen Wiesen um die Mikenhahner Steine mit einem Flor von Labkraut und Jakobsgreiskraut überzogen, die zahllosen Schmetterlinge sowie das Konzert der Grillen und Vögel sorgt für eine wahrlich sommerliche Atmosphäre. Dazu, je nach Standort, ein herrlicher Blick hinüber zu Lausitzer Gebirge, Rollberg Hügelland (Ralská pahorkatina) oder Daubaer Schweiz ( Dubské Švýcarsko).
Querfeldein verlassen wir den Langen Berg und steuern auf das Kummergebirge (Hradčanské stěny oder Polomené hory) zu, dessen Kamm sich zwischen Polzen (Ploučnice) und Macha See (Máchovo jezero) hinzieht. Da das Kummergebirge Bestandteil des Truppenübungsplatzes Ralsko war und erst 1992 wieder frei gegeben wurde, hält sich die touristische Nutzung bis heute in Grenzen. Entsprechend sind die Wege wenig gekennzeichnet und kaum gepflegt. Das kleine, von tiefen Tälern zerfurchte und von Sandsteinfelsen geformte Gebirge hat aber seine Reize. Insbesondere der nordwestliche Teil ist geheimnisvoll, weil ein großflächiges Wildgehege das Gebiet eingrenzt. Holztreppen an den Sperren verstehen wir als Einladung zum Eintritt. Von Forstarbeitern wurden wir deswegen nicht angesprochen, so daß wir diesen Teil des Gebirges erkunden wollen. Der Kamm, von dem ein Gewirr von Seitentälern abfällt, ist von hohem Buchenwald besiedelt und man wähnt sich, vorbei am Eichberg (Dub) unter dem Dach einer großen Halle zu wandeln. Behält man die Natur im Auge, nimmt man das versprengende Wild mit seinen Jungtieren wahr. Jenseits des Geheges begegnen wir noch den bekannten Steingebilden Felsentor (Skalní brána) und Hundskirche (Psí kostel), zu denen wieder offizielle Wanderwege hinführen.
Den Rückweg wählen wir so, daß wir kurz die Aue des Polzenflusses berühren. Hier, nördlich des Kummergebirges, mäandert der Fluß still durch eine naturbelassene Aue. Im übrigen lohnt es sich, auf der Landkarte einmal den Verlauf der Polzen zu verfolgen. Fast, so scheint es, habe sich der Fluß bei der Wahl seines Laufes durch die nordböhmische Landschaft den Weg durch die schönsten Täler vom Jeschkenkamm (Ještědský hřbet) bis zum Einlauf in die Elbe gebahnt.
Die alten Schanzen am Langen Berg
Blick vom Langen Berg zum Kahlstein und zum Lausitzer Gebirge
Bunte Sommerwiesen am langen Berg
Blick in die Daubaer Schweiz
… zum Rollberg (Ralsko)
… zum Eichberg im Kummergebirge
Hinauf in die Felsen der Daubaer Schweiz
Schwierige Wegverhältnisse...Orientierungssinn ist gefragt
Buchenwald um den Gipfel des Eichberg herum
Unterhalb des Kammes dominieren die Kiefern auf sandigem Grund
Das Felsentor
Die Hundskirche
In der Polzenaue
Straussenberg (Štrausův vrch), Kahlstein und Meichelberg (Michlův vrch)
Tölzberg (Tlustec), Jeschkenkamm und Rollberg
Wilhoscht (Vlhošť), Geltsch (Sedlo) und Ronberg (Ronov)
Der Kahlstein
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