Ganz im Norden des Friedländer Landes fließt die Katzbach (Kočičí potok). Seit dem Prager Frieden 1635 bildete sie dort die Grenze zwischen Böhmen und Sachsen, heute zwischen Polen und Tschechien. Dahin führt uns unsere heutige Wanderung.
Ein Grenzgebiet wie dieses ist bisweilen infrastrukturell und wirtschaftlich nicht eben bevorzugt, das bringt die Lage so mit sich. Aber hier befinden wir uns im ehemaligen Territorium des Herzogtum Friedland (Frýdlantské vévodství), welches sich etwa zwischen Friedland (Frydlant), Königgrätz (Hradek Králové) und Hirschberg (Doksy) erstreckte und von Albrecht von Wallenstein im 17. Jarhundert innerhalb weniger Jahre zum Musterstaat in Europa entwickelt wurde. Hier, nördlich von Friedland, ist zwar keine Industrie beheimatet, dafür sorgen Forst- und Landwirtschaft bis heute für ein gutes Landschaftsbild. Terra felix nannte man das Herzogtum, terra deserta im Gegensatz dazu das übrige Böhmen.
An der Person Albrecht von Wallenstein haben sich verschiedene Historiker und Künstler versucht. Wer kennt nicht Schillers Wallenstein-Trilogie? Von Wallenstein ein wahrhaftes und vollständiges Bild zu zeichnen, dürfte sehr schwer sein. Zu facettenreich und undurchsichtig ist seine Persönlichkeit. Dies ist wahrscheinlich auch ein Grund für sein gewaltsames Ende. Wallenstein war besessen von Macht und Reichtum, er war ein politisch wie militärisch brillanter Taktiker, verfügte über Organisationstalent und vor allem über ökonomischen Sachverstand. Wie anders erklärt sich sonst der fulgurante Aufstieg des Herzogtums? Golo Mann formulierte dies in seinem 'Wallenstein' so:
'Die Leute spüren, was Friedland für Wallenstein ist : seine liebste Schöpfung, seine Erde, sein Stolz, seine Selbstverwirklichung. Auch die Hauptquelle seines Reichtums. Friedland muss ihm Geld und Sachen für den Krieg liefern. In Friedland zeigt er, was der Kameralwissenschaft bisher unbekannt war : dass der Krieg ein Land reicher machen kann, wenn es nicht selbst sein Schauplatz ist, sondern für ihn arbeitet und, in Kriegs-Auftrag, seine produktiven Kräfte erst ganz mobilisiert.'
Wie Wallenstein – il grand economo – das bewerkstelligt, beschreibt Golo Mann weiter
'Er herrscht über Waldgebirg, Mittelland, Flachland. Jede Region muss das ihre beibringen: das Gebirge Holz, Wildbret, Weideland für Rinder und Schafe; das Mittelland Roggen und Hafer, das Flachland Weizen und Gerste, Hopfen und Obst, Flachs und Hanf. Dazu kommen die Bergwerke, Silber, Kupfer, Blei, Zinn, Eisen; die gleißenden und stehenden Gewässer, Mühlen, Fischzucht; in den Städten Industrie, Handwerk und Handel, Heimarbeit auf den Dörfern. In diesem Staat darf niemand feiern. Landstreicher werden aufgegriffen, gesäubert und gekleidet, zur Arbeit gezwungen, wenn sie zu keiner mehr taugen in Spitälern untergebracht. Das Prinzip ist, dass alles im Lande hergestellt werden soll , was dort hergestellt werden kann; dass nicht Waren eingeführt werden, sondern die Handwerke selber, in denen man im Land noch unerfahren ist'.
Das Buch 'Wallenstein – sein Leben erzählt von Golo Mann' ist ein empfehlenswertes Buch, vor allem für jene, die hier in der Nachbarschaft zu Nordböhmen leben, häufig dort unterwegs und geschichtlich interessiert sind, denn auf Schritt und Tritt begegnen einem hier die Spuren Wallensteins.
Mit diesem Wissen begeben wir uns heute auf die Tour. Es ist auf den ersten Blick eine Flachetappe, die in Bullendorf (Bulovka) beginnt, ein Stück bis Berzdorf (Pertoltice) ansteigt, uns zum Katzbach führt und über den Humrich (Vylídka) und die Gemarkung Bärnsdorf (Horní Řasnice) zurück nach Bullendorf bringt. Eigentlich keine großartige Sache, aber die Wanderung übertrifft alle Erwartungen.
Von den Höhen oberhalb Bullendorf und Bärnsdorf nämlich spannt sich das Panorama vom Heufuder (Stóg Izerski) zunächst in westlicher, dann in nördlicher Richtung bis zur Landeskrone bei Görlitz. Von nirgendwo ist die augenfällige Kammlinie des Isergebirges so detailliert und in dieser Breite wahrzunehmen, wie aus diesen Blickwinkeln, unverkennbar erhebt sich der Hochwald über den Bergzug des Lausitzer Gebirges und gewaltig bauen sich Heufuder und Tafelfichte (Smrk) über dem sanften Tal der Rasnitz (Rasnice) auf. Immer wieder stehen und staunen wir. Nur das Wegstück zum Katzbach hin und entlang der Grenze ist etwas unübersichtlich und selten begangen. Mangels Brücken wurden alte Grenzsteine hie und da quer über den Bach geworfen, um trockenen Fußes hinüber zu kommen, aber die Krönung war dann doch die Beschriftung eines Grenzsteines : schwarzes P in weißem D (Siehe Bildteil). Politisch ist das nicht eben korrekt – so muss man sich nicht wundern, wenn Vorahnungen aufkommen und Spekulationen ins Kraut schießen !
Kirche
Bullendorf vom Friedhof aus
Der Kamm des Isergebirges über der Ortslage von Bullendorf
Kapelle am Ortsrand von Bullendorf
Weite Aussichten auf dem Weg nach Berzdorf
Haflinger
Gepflegte Landschaft um Berzdorf
Der Katzbach bildet die Grenze zwischen Tschechien und Polen ...
… oder ?
Die St. Michaels Kapelle wurde 2002 restauriert
Auf
dem daran vorbei führenden Fahrradweg kann man mit guter
Kondition bis Kleiniser (Jizerka) radeln
Herrliche Sicht auf den Kamm des Isergebirges von den Höhen oberhalb von Bärnsdorf
... zum Käuligen Berg
… zu Heufuder und Tafelfichte
zurück auf Bullendorfer Fluren
Auf das Kleingedruckte ist unbedingt zu achten !
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