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Der Prager Sankt-Wenzels-Vertrag
Und nicht zu vergessen, hier, in Prag, wurde 1517 der Sankt-Wenzels-Vertrag geschlossen, der es adeligen Grundeigentümern erlaubte, auf ihrem Grund und Boden Bier zu brauen. Dieses Privileg führte um 1570 zur Gründung einer Brauerei im rund 50 Kilometer nordwestlich von Prag gelegenen Dorf Kruschowitz (Krušovice), die, seitdem sie 1581 von Kaiser Rudolf II. erworben wurde, als „Königliche Brauerei Kruschowitz“ firmiert. Wenn Sie also einmal durch Böhmen reisen, achten Sie auf das auffällige Logo mit dem Namenszug „Krušovice“ und der Jahreszahl 1581 beidseitig der Krone.
Kruschowitzer Dunkel
Dann lohnt es sich allemal, einmal anzuhalten und einen halben Liter „Kruschowitzer Dunkel“ (Krušovice Černé) zu genießen, so wie es einst Kaiser Rudolf II. auch des Öfteren getan hat. Ein Bierkenner hat es wie folgt beschrieben:
„Das Bier fließt tiefschwarz mit schönem, bräunlichen Schaum ins Glas und duftet nach kräftigen Röstmalz-Aromen, Kaffee und Rauch. Umso überraschender ist dann der Geschmack: Im An-trunk kommen zwar wie erwartet, schön ausgeprägte Röstaromen, Kaffee, einen Hauch bittere Schokolade und Getreide, doch sofort danach bleibt jegliche Schwere aus. Das Bier fließt leicht die Kehle hinab und wirkt dabei erfrischend mild. Es klingt mit einem dezenten Bitteren süffig aus und erinnert entfernt an ein Pils. Ein Blick auf den Alkoholgehalt erklärt dann diese Leichtigkeit.“ (Bierindex.de)
Braunschweiger Mumme
„Schwarze“ Biere sind eine urdeutsche Erfindung. Es lässt sich urkundlich mit einiger Unsicherheit bis zum Jahr 1390 zurückverfolgen, und zwar in Form der „Braunschweiger Mumme“. Ganz sicher und offiziell wird dieses spezielle, extrem haltbare dunkle Bier seit 1492 in Braunschweig gebraut – und man kann es auch heute noch kaufen… Lange Zeit war die „Mumme“ das Bier der Seefahrer. Sein hoher Alkohol- und Zuckergehalt machte es auch ungekühlt für lange Zeit haltbar und schützte die Seefahrer so vor dem gefürchteten Skorbut. In Niedersachsen war über Jahrhunderte hinweg dieses Getränk quasi ein Grundnahrungsmittel, und man sagte sich:
„Ein starker Sachse wird, wie alle Völker sagen - Nie schmal in Schulter seyn und schlappe Lenden tragen. - Fragt einer, welches denn die Ursach dessen sey? - Er isset Speck und Wurst und trinket Mumm’ dabey“.
Bier mit Blume
Ein frisch gezapftes Bier ist nicht nur ein kulinarischer sondern auch ein ästhetischer Genuss, wenn es eine „Blume“ (oder andernorts auch „Krone“ oder „Haube“ genannt) besitzt. Darunter versteht man den feinsahnigen Schaum, der sich beim Einschenken über der Flüssigkeit bildet und fast immer von weißer Farbe ist. Ihre Entstehung ist dem beim Gärungsprozess entstandenen und im Bier gelösten Kohlendioxid zu verdanken. Beim Einschenken kommt es zu einer minimalen Druckentlastung und auch zu einer leichten Erwärmung der Flüssigkeit, so dass Kohlendioxid-Gasbläschen entstehen, die aufgrund der von Archimedes schon vor einiger Zeit entdeckten Gesetzmäßigkeit nach oben steigen und dabei aufgrund des abnehmenden Drucks weiter wachsen. Dabei werden spezielle Eiweißstoffe (Proteine) mit nach oben gerissen, die beim Erreichen der Oberfläche der Flüssigkeit Schaumbläschen bilden. Kleinere können sich dabei noch zu Größeren vereinigen und der Nachschub von Unten schiebt sie zusammen mit ihren Nachbarbläschen weiter nach oben, so dass über dem Bier eine Schaumkrone – „die Blume“ – entsteht. Die Wände der Bläschen sind dabei durchsichtig, aber an ihnen kann sowohl Licht gebrochen als auch reflektiert werden. Fällt Licht auf den Bierschaum wird er deshalb dieses Licht nach allen Richtungen streuen und es entsteht unabhängig von der Farbe der Biersorte ein weißer Schaum. Das Besondere dabei ist dessen Stabilität, die eine längere Zeit anhält, obwohl an der Schaumbildung keine Tenside (wie bei Geschirrspülmittel oder beim Badeschaum) beteiligt sind. Diese Eigenschaft, die gern zur Prüfung der „Schalheit“ eines Bieres herangezogen wird, war über Jahrhunderte hinweg rätselhaft. Denn bei „normalen“ Proteinen ist solch eine relativ lange andauernde Schaumbildung eher ungewöhnlich. Seit der Einführung des Reinheitsgebotes (welches Geschirrspülmittel im Bier explizit verbietet) mussten 496 Jahre vergehen, bis dieses Rätsel gelöst werden konnte. Und schuld daran waren, wie konnte es auch anders sein, die Gene. Und zwar ganz speziell ein Gen des Hefepilzes Saccharomyces pastorianus mit dem Namen CFG1, wobei „CFG“ die Abkürzung für „Carlsbergensis foaming gene“ ist. Wird dieses Gen in der Zelle des Hefepilzes exprimiert, dann entsteht an den Ribosomen, den Eiweißfabriken der Zellen, das Hüllenprotein Cfg1p, welches den Bierschaum stabilisiert. Und das scheint den Hefen in den bei Bieren der dänischen Carlsberg-Brauerei offensichtlich besonders gut zu gelingen. Carlsberg und Tuborg waren übrigens die Lieblingsbiere der Mitglieder der „Olsenbande“ Egon, Kjeld und Benny. Stabile Schäume sind aber nicht nur beim Gerstensaft erwünscht.
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