Sonntag, 9. August 2015

Wanderung zum Hühnerwasserwald

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Bei unserer Wanderung nach Kloster (Klášter Hradiště nad Jizerou) waren wir auf den kleinen Ort Mukarow (Mukařov) mit seiner schönen Kirche gestoßen und ich hatte mir vorgenommen, diese Gegend noch einmal näher unter die Lupe zu nehmen. Sie liegt am Rande des ehemaligen Sperrgebietes, welches seit 1947 als Truppenübungsplatz genutzt und 1991 von der sowjetischen Armee geräumt wurde. Landschaftlich ist die Gegend daher relativ unberührt und eigentlich recht hübsch mit ihren Tälern, Wiesen und Feldern, über die hinweg die markanten Erhebungen der angrenzenden Gebiete auftauchen, so Jeschken (Ještěd), Roll (Ralsko) und Bösige (Bezdězy), aber auch die Sandsteinwände des Böhmischen Paradieses. Jedoch, bei dieser Wanderung erlebten wir eine ungeplante Überraschung.

Zwischen Mohelka, Kleiner Iser (Zábrdka) und Mukarowbach verlaufen mehrere Höhenzüge in nord-südlicher Richtung. Von Straschischt (Strážiště), gelegenen auf einem dieser Höhenrücken zwischen Mohelka und der Kleinen Iser, treten wir die Tour an. Witzmanow (Vicmanow) ist der letzte erhaltene Ort am Rande ehemaligen Sperrgebietes, dann geht es hinein in den Hühnerwasserwald. Aber bereits im nächsten Tal ist uns der Weg versperrt. Ein schnurgerade gezogener Zaun verläuft hier quer durch das Gelände und zerschneidet das Wegenetz, welches auf alten Karten noch eingezeichnet ist. Kein Hinweisschild verrät den Grund des neuen Sperrbezirks und auch neue Karten geben keine Auskunft. 

Ein Blick auf die Internet- und Satellitenkarten lässt den Grund der Abriegelung erahnen. Im Bereich des in der Nähe gelegenen untergegangenen Dorfes Chlum ist ein Industriekomplex erkennbar, ausgewiesen mit der Bezeichnung FVE Ralsko. Danach kann man im Internet suchen und erfährt auf diesem Wege, dass es sich um ein Photovoltaik-Kraftwerk handelt und zwar mit einer installierten Leistung von 38 MW. Bei seiner Inbetriebnahme 2010 war es das größte Kraftwerk dieser Art in Tschechien und das 12. größte in der Welt. Mit Blick auf die Erblast der militärischen Hinterlassenschaften in diesem Gebiet ist eine derartige Nutzung vielleicht tolerabel, aber aus landschaftsästhetischen Gesichtspunkten ist die Anlage ein Ärgernis. Von den Bösigbergen und dem Roll ist das Betriebsgelände mit bloßem Auge zu erkennen.


Uns bleibt nichts weiter übrig, im ungewissen dem Zaun zu folgen, bis unser Weg eine andere Richtung einschlägt und wir offenes Gelände erreichen. Die Bösige grüßen von Nah herüber und erinnern uns daran, dass ein Besuch dieses böhmischen Nationalheiligtums endlich einmal fällig ist.

Erkundungen in bislang unbekannten Gefilden sind immer ein besonderes Erlebnis. Unter diesem Aspekt wollen wir die Begegnung mit dem unerfreulichen Hindernis dann aber auch abhaken.




Das Provisorium über die Kleine Iser lässt darauf schließen, dass diese Gegend selten besucht wird


Motive aus Witzmanow



Über den Feldern bei Witzmanow zeigen sich Roll und Jeschken





Westlich an Witzmanow grenzt der Hühnerwasserwald


Die Sperren erinnern unerquicklich an Grenzanlagen längst vergangener Zeiten



Die Bösige in Reichweite




Kirche und Fachwerkhaus in Mukarow





Blick zum Jeschken in der Nähe von Straschischt

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