Bei einer früheren Fahrt durch das Böhmische Mittelgebirge (České středohoří) war mir der schön gelegene Ort Tschersing (Čeřeniště) aufgefallen. An den Ort grenzt das Flächennaturdenkmal Babinaer Orchideenwiesen (Babinské louky), benannt nach dem nicht mehr existierenden Dorf Babina. Ein Grund, dieser Gegend jetzt im Frühjahr einen Besuch abzustatten. Um es vorweg zu nehmen, Orchideen haben wir nicht gesehen, auch nicht die schützenswerte Art Adenophora liliifolia (Becherglocke) – wir sind aber auch nicht in das eingezäunte Areal eingedrungen. Aber die farbigen Frühjahrsblüher, die die Wiesen überziehen, waren unübersehbar und bescheren dem hübschen Ort Tschersing einen blühenden Vorgarten.
Wir beginnen unsere Wanderung in Ritschen (Rýdeč) und müssen zunächst den schroff aufragenden Kamm des Langen Berges (Dlouhý vrch) erklimmen, um die sanften Hanglagen auf seiner Westflanke zu erreichen. Der langwierige und langweilige Aufstieg zum Langen Berg ist mir noch von unserer Kegelwegtour in Erinnerung. Dass der Berg aber eine solche Schokoladenseite hat, wie wir sie heute erleben, war uns damals verborgen geblieben. Von den sich nach Westen ausdehnenden weitläufigen Weideflächen bietet sich mit einem Mal ein prächtiger Blick hinüber zum linkselbischen Teil des Böhmischen Mittelgebirges. Über das ganze Rund reihen sich die Silhouetten der Kegelberge; Lobos (Lovoš) und Milleschauer (Milešovka) sind unmöglich zu übersehen. Es ist eine Freude, dieser Kulisse entgegen zu schreiten.
Zwischen Weiden führt der Weg hinunter nach Tschersing. Das Dorf liegt in einem Kessel, der durch die umliegenden Höhen von drei Seiten umschlossen wird. Die alten Häuser und kleinen Bauernhöfe schmiegen sich an die Hänge. Nur nach Südwest öffnet sich dieser Kessel. Über eine Entfernung von wenigen Kilometern fließt das Wasser des Tschersing Baches durch die Ritina Schlucht (Rytina soutěska) hinunter zur Elbe. Die Menschen lebten bis 1945 vor allem vom Obstbau und der Milchwirtschaft. Die Produkte wurden durch die Ritina Schlucht zur Elbe transportiert und von hier weiter nach Deutschland verfrachtet. Der Ort ist gut in Schuss aber wie ausgestorben. Er dient wohl in erster Linie als Wochenenddomizil. Vor der Kirche Mariä Hilf ist ein Rastplatz eingerichtet, der uns höchst willkommen ist.
Nun führt der Weg bergan vorbei an schön sanierten Häusern zu den Höhen des Kamený vrch in Richtung Nemtschien (Němci). Wieder erscheinen über dem Tal die Kegelberge des westlichen Mittelgebirges.
Den besonderen Reiz unserer Wanderungen machen verwunschene Wege, die noch auf alten Karten eingezeichnet sind. Leider geht heute unsere Rechnung nicht auf. Den Abstieg nach Taschow (Tašov) bahnen wir uns mühsam durch die Wildnis. Der Weg ist nicht mehr vorhanden. Auch die Dörfer Taschow und das folgende Proboscht (Proboštov) fügen sich malersich in die Gebirgslandschaft ein. Von jenseits des Tales schauen von den Berghängen Deutsch Welhotta (Lhota pod Pannou) und Hummel (Homole u Panny) herüber – eine herrliche Gegend!
Das letzte Stück des Wegs von Retaun (Řetouň) zurück nach Ritschen führt über einen kleinen Pass unterhalb der Jungfrau (Panna). Das Band der Elbe, welches scheinbar direkt auf den St. Georgsberg (Říp) zuläuft, wird sichtbar und vor allem die Ansicht des uns schon bekannten Dreiberg (Trojhora) bei Kutteslawitz (Chudoslavice) ruft eine gewisse Begehrlichkeit hervor. Wir notieren uns eine Vormerkung für eine künftige Unternehmung.
Die GPS-Daten zu dieser Tour finden sich hier.
Geltsch und Dreiberg
Wohnanlage der Familie Fuchs
Bilderbuchblick auf das Böhmische Mittelgebirge von den Hanglagen des Langenberges
Der Milleschauer
Tschersing rückt ins Blickfeld
Der Milleschauer schaut herüber
Die Babinaer Orchideenwiese
Die schöne Ortslage von Tschersing
In Tschersing
Der Aarhost
Das Böhmische Mittelgebirge, linkselbisch
Nemschen
Heute erst ab 17 Uhr geöffnet
In Proboscht
Deutsch Welhotta
Häuser von Hummel
Kapelle in Retaun
Die Jungfrau
Links Dreiberg, im Hintergrund der Georgsberg, davor das Band der Elbe
Auf der Heimfahrt noch ein Schnappschuss von Wernstadt (Verneřice)
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