Als Winterwanderung,
die wir in diesem Jahr unter dem Sammelbegriff Koitschetouren
zusammenfassen möchten, wollen wir heute von der Koitsche hin zur
Lausche
gehen. Der zwischen trüben Herbsttagen angekündigte Sonnenschein
verleitet geradezu zu einen Aufstieg. Die Lausche verkörpert als
höchster Berg des Lausitzer Gebirges für den Einheimischen ohne
wenn und aber das
Heimatsymbol
schlechthin. Johannes
Brussig fand für
sie liebevolle
Worte
‚Sei mir
gegrüßt, mein Berg! Hab wohl ein gutes Recht, sie so zu nennen,
die
liebe, schöngeformte Lausche! Sie ragt hinein in die Träume meiner
Kindheit; denn in unser Fenster grüßte sie, blau und schön, wohl
erhaben über den stinkenden Qualm der Fabriken, im Winter glänzend
weiß, im Frühjahr blau und weiß, auf den beiden Lauschewiesen ihr
Hemdlein bleichend. Sie war des lieben Vaters ganzer Schwarm;
jedem
fremden Gast zeigte er sie durchs Fenster seiner Studierstube mit
wahrem Besitzerstolz: „Mein Berg!“. Lange, lange konnte er in
Musestunden in seinem Stuhl sitzen, Rauchwolken aus der langen
Pfeife
blasen und seine verehrte Lausche anhimmeln; er war sichtlich in
sie
verliebt!
…
Und zu jeder
Jahreszeit war die Lausche schön! Im zeitigen Frühling: Drunten
der
Lenz, droben der scheidende Winter mit seiner ganzen
Höhenklarheit,
im Mai das Buchengrün, zart, golden, die sonnenleuchtende
Bergwohlverleihwiese; im Sommer die Bergfrische über der brütenden
Hitze des Tales oder des Gewitters Majestät, in der Höhe
tausendmal
herrlicher als im Tal, im Herbst Farbenlust am Tag,
Sternengefunkel
in der Nacht, im Winter schweigender Märchenglanz von Rauhreif und
Schnee beim Aufstieg; jauchzende Schlittenlust bei der Talfahrt.
Herrlich, herrlich, herrlich, oft zum Schreien schön!‘ (Grenzlandfahrten, 1931)
Ja, und früher gab
es ein Gasthaus auf dem Berg. Das stattliche Objekt wurde nach dem
2. Weltkrieg durch Brandstiftung ein Opfer der Flammen. Ein
nachhaltiger Frevel, denn unter den heutigen Verhältnissen ist ein
Neubau – unabhängig von der Finanzierung - undenkbar. Selbst die
angestrebte Errichtung eines einfachen Rastplatzes unter
Einbeziehung
der Funkeinrichtung zu Aussichtszwecken scheitert schon an den
Genehmigungen. Auch Brussig erinnert sich an das Gasthaus, welches
sowohl auf deutschem wie auch auf österreichischem (später
tschechischem) Territorium erbaut war.
‚Ein erhebendes
Gefühl stellt sich ein, wenn man auf dem Platz vor dem Berghaus
den
großen Grenzstein besteigt und oben Platz nimmt. Das politische
Fluidum, das dann durch die beiden hier deutsch, hier tschechisch
sitzenden Rückenfortsatzhälften einströmt, ruft im
Inneren bei unruhigen Menschen ein merkwürdiges Gefühl von
politischem Hin- und Hergeschaukeltsein hervor, bei ruhigen
Persönlichkeiten das Gefühl wahren Besitzerstolzes, was in beiden
Fällen meist dazu führt, noch einen zu genehmigen.‘ (Also,
fast wie heute, bloß aus dem Rucksack.)
Machen wir uns also
auf den Weg von der Koitsche hinüber an den Fuß des Breiteberges
und weiter zum Pocheberg.
‚Vom Hieronymusstein in Jonsdorf
schwingt sich ein Höhenzug über Pocheberg, Breiteberg zum
Scheibenberg in nördlicher Richtung. Er trennt das
Seifhennersdorf-Varnsdorf-Großschönauer Becken von dem Zittauer
Becken. Der Höhenzug stellt eine Aufwölbung des Untergrundes dar,
denn am Pocheberg erscheint der Granit bei 430 m über NN
an
der Oberfläche.‘ (Geographische
Berichte, 1965).
Von diesem Höhenzug, besonders vom Kamm des Pocheberges, wird uns
ein
weiträumiger Blick über diese Senken gewahr, westlich umrahmt
vom Höhenzug des Lausitzer Gebirges, östlich zu den Höhen des
Isergebirges. Bei guter Sicht konnte ich vor Jahren im Frühling
den gleißenden, noch verschneiten Kamm des Riesengebirges sehen –
eine famose Kulisse. Wie ich schon gelegentlich betonte, gehören
solche Anhöhen (z.B. Pferdeberg,
Lindeberg,
Oderwitzer
Spitzberg, Scheiber
Spitzberg etc.) zu den schönsten Gefilden der
Oberlausitz. Den Wegwarten und Förderern des
Fremdenverkehrs scheint das weniger bekannt zu sein, denn keine
Broschüre verrät ihren Gästen solcherart Geheimnisse.
Wir wandern indes
weiter entlang der schönen Felsformation der Zeisigsteine und durch
die Sinti- und Roma-Stuben (volksmundartlich, jedoch nicht ganz
korrekt Zigeunerstuben
genannt) zum Nonnenfelsen,
ersteigen die Aussichtsplattform und erfreuen uns an dem
vollkommenen
Panorama. Weiter geht es nun zur Lausche. Bald wird uns klar, dass
wir trotz des schönen Wetters nicht zum Lauschegipfel aufsteigen
werden, denn die Wege sind vereist und die Knochen kann
man sich auch zu Hause brechen, wie man so beiläufig sagt.
Es ist zwar schade angesichts der Fernsicht heute, aber nicht ganz
so
dramatisch, weil jedem von uns der Berg vertraut ist. Einstimmig
wird
beschlossen, den Rückweg über Schwarzes
Tor, Eisgasse und Sängerhöhe hin zur nächsten Bushaltestelle
zwecks Rückfahrt anzutreten. Ein letzter Blick von der
Sängerhöhe
über Waltersdorf hin zu Breite-
und Pocheberg lässt uns mental über den verpassten Lauscheaufstieg
hinweg kommen.
Übrigens lohnt es,
hier und da die Augen offen zu halten. Dann entdeckt man so manch
lustige Devotionalie am Wege (siehe
unten).
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
Auf dem Weg von der Koitsche zum Pocheberg
Ausblicke am Pocheberg
An den Zeisigsteinen
Durch die Zigeunerstuben
Auf der Aussichtsplattform am Nonnenfelsen
Devotionalien
Blick vom Ottoberg zu Sängerhöhe und Breiteberg
Basaltfels an der Sängerhöhe
Die Reste einer deutschen Bank
Waltersdorf mit Lausche
Abstieg nach Waltersdorf mit Breiteberg im Hintergrund
Traumhafte Landschaft, traumhafte Stimmung, traumhafte Fotos.
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