‚Unter unseren
Aussichtsbergen nimmt der Hutberg entschieden eine bevorzugte
Stelle ein. Bekanntlich hängt die Weite der Rundsicht durchaus
nicht
allein von der absoluten Höhe ab. Ausschlaggebend ist die
Lage. So
hat ja auch unser Leipaer Spitzberg bei seiner bescheidenen
Höhe
(446 m) eine geradezu überraschende Rundsicht, wenn wir sie
auch
nicht mit der Vom Rigi oder Vom Ütliberg bei
Zürich
vergleichen wollen. Über den Turmbau auf dem Mertendorfer
Hutberg,
dessen Gipfelform die Bezeichnung ,,Hut" Vollauf rechtfertigt,
schreibt die D. Leipaer Zeit vom 17. August 1924:
Die Errichtung eines
steinernen Aussichtsturmes auf dem das mittlere und untere
Polzental
beherrschenden Hutberge (598 m, Basalt), der
die
aussichtsreiche Rabensteiner Höhe mit seiner Felsenpyramide
überragt, ist eine Botschaft, die bei den zahlreichen Touristen
im Polzentale helle Freude auslösen
wird. Schon Vor 50 Jahren war man auf diesen
herrlichen
Aussichtsberg aufmerksam geworden, und der
arbeitsamen Vereinigung der Mertendorfer
Naturfreunde war es zu danken, daß im Jahre
1886 ein Gipfelweg geschaffen wurde, dessen
Eröffnung
am 20. Juni 1886 stattfand. Der
zahlreiche Bergbesuch machte zunächst die
Errichtung einer Schutzhütte erforderlich, die im Jahre
1893 geschaffen wurde. Der Wunsch
nach
einer Aussichtswarte ging erst im Mai 1901
in Erfüllung. Die Rundsicht ist
eine
völlig überraschende, zumal sie
vom Riesengebirge bis zum Erzgebirge reicht, das
ganze
nördliche Bergpanorama, die Daubaer Schweiz,
den
Georgsberg, die Leitmeritzer Berge, den Zschirnstein,
den gr. Winterberg u. a. Gipfel umschließt. Die Kriegsjahre
waren
für den Hutberg leider eine
böse
Heimsuchung, doch ist nunmehr die Mertendorfer
Vereinigung unter dem Obmanne Jofef
Hanke soweit, daß ein Aufzug für das
Baumaterial
erbaut und die Mauerung des Steinturmes
bereits einige Meter gefördert werden konnte. Reichliche
Spenden für
diese touristische Schöpfung wären erwünscht,
da ein Baufond nicht Vorhanden ist und die Mitglieder der
Vereinigung
bei dem Baue selbst Hand anlegen. Der Berg ist
jetzt
täglich bewirtschaftet und ist
eine
weißblaue und eine weiß-rotbraune Markierung
vorhanden. Der Aufstieg kann ans
dem
Polzentale von Ober- oder
Niederpolitz
aus, von Mertendorf oder von
Wernstadt
aus über Klein- uud Groß-Jober,
Rabenstein bewerkstelligt werden.‘
Soweit aus den
Mitteilungen
des Nordböhmischen Vereines für Heimatforschung und
Wanderpflege,
Heft 47 (1924). Möchte man die großartige Aussicht vom Hutberg
genießen, achte man auf eine dies versprechende Wetterlage und
begebe sich kurz entschlossen vor Ort. Als Ausgangsort für
unsere
Wanderung erwählen wir das Polzental, also Ober Politz (Horní
Police), um bei dieser Gelegenheit zu prüfen, ob die
angekündigte
Restauration an der Kirche Mariä Heimsuchung voran geht. Im
Vordergrund steht aber zunächst der Aufstieg zur Rabensteiner
Höhe
(Havraní vrch). Dabei wird man jedes mal von Wehmut ergriffen
angesichts der Ruinen des alten Bauerndorfes Rabenstein, die
sich der
Urwald hier ein Stück unterhalb des Kammes einverleibt hat.
Wenigstens die Märzenbecher, die die alten Gemäuer umsiedeln,
beleben diese schaurige Kulisse.
Erreicht man die
Rabensteiner Höhe, wird unverzüglich die Entschlusskraft zum
Weitergehen gelähmt, denn die Aussicht, vor allem auf die Höhen
des
Lausitzer Gebirges ist hier so faszinierend, das zunächst einmal
gerastet wird. Vergeblich versuchen wir noch, auf der
Südostseite
der Rabensteiner Höhe den „Tschaschelstein“ zu finden, der in
alten Wanderführern beschrieben ist und auf dem man auf dem
Hosenboden sitzend zu Tal tschascheln kann. Anstelle dessen
bescheiden wir uns beim Aufstieg zum Gipfel des Hutbergs mit
einer
Visite beim Glöckelstein (Zvonkový
kámen), einem
ansehnlichen, mehrfach zerklüfteten Gesteinsblock. Das grobe, um
den
Stein verstreute Geröll vermittelt eine Vorstellung vom
Entstehungsprozess einer Blockhalde.
Der heutige hölzerne
Aussichtsturm auf dem Hutberg (Strážný vrch) wurde 2006
eingeweiht. Über die abwechslungsreiche Geschichte des
Hutberggipfels erfährt man mehr auf dieser
Seite. Mit Fug und Recht kann man behaupten, dass die
Aussicht
vom Turm zum besten gehört, was die Region an
exponierten Lagen zu
bieten hat. Wie oben schon gesagt: die Lage macht‘s. Jenseits
des
Mertendorfer (Merboltice) Tales erspähen wir an der Flanke des
Steinberges eine mächtige Blockhalde.
Diese wollen wir noch in Augenschein nehmen. Einen richtigen Weg
über
den Kamm des Steinbergs scheint es jedoch nicht zu geben und der
Abstieg zu den Geröllfeldern ist etwas schwierig, aber immerhin
haben wir ein für uns neues Landschaftselement erkundet.
Aus dem Mertendorfer Tal
zieht der Weg noch einmal ein Stück hinauf zu den Hanglagen
unter
dem Hutberggipfel, bevor er sich gen Ober Politz wendet. Langsam
tauchen aus dem Tal die Türme der Kirche Mariä Heimsuchung auf.
Auf dem letzten Stück des Weges ist der gesamte Komplex der
Wallfahrtskirche nebst dem Politzer Schloss einsehbar. Natürlich
wollen wir einen Blick in die Kirche werfen und sind erstaunt,
dass
sie geöffnet ist. Allerdings werden wir umgehend wieder hinaus
komplimentiert, denn die Restauratoren sind am Werke. Das
Bauwerk
sieht einer umfangreichen Sanierung entgegen. Auch der Altar
soll
abgebaut und in Prag restauriert werden. Frühestens in zwei
Jahren
soll die Wallfahrtskirche wieder für die Öffentlichkeit
zugänglich
sein.
Die GPS-Daten zur Tour findet man hier.
Frühlingsgefühle
Überraschende Accessoires am Wegrand in Neugrund (Novosedlo)
Die Märzenbecher blühen auf den Fluren des früheren Dorfes Rabenstein…
… welches heute von Urwald überwuchert ist
Kaum vorstellbar, dass Rabenstein früher ein Grundbuch hatte
Endlich auf der Rabensteiner Höhe … in aussichtsreicher Lage
Auch der Geltsch (Sedlo) grüßt herüber
Der Turm auf dem Hutberg
Der Glöckelstein
Umfassende Aussicht vom Mertendorfer Hutberg
Blick über Mertendorf
Im lang gezogenen Mertendorfer Tal findet man einige schön restaurierte Bauwerke
Blockhalde am Steinberge
Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung und Schloss Ober Politz
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