Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Um Irrtümern vorzubeugen: vom Rannayer zum St. Georgsberg (Říp) läuft man nicht non stop und wahrscheinlich würde auch niemand auf diese Idee kommen, schon weil man sich unter dem Berg, der wie eine umgestülpte Schüssel aussieht und so mutterseelenallein in der Landschaft steht, nichts vorzustellen vermag. Aber irgend etwas muss ja daran sein, dass der St. Georgsberg als tschechisches
Nationalheiligtum angesehen wird, zu dem wahrlich große Scharen Volks pilgern. Wir wollen das einmal ergründen und nehmen uns das Ziel also für die Rückreise von unserem mehrtägigen Ausflug in das Böhmische Mittelgebirge vor.
Zunächst gilt unser Interesse den Launer
Steppenbergen Rannayer und Hoblik. Mangels Logistik haben wir einen weiteren, den Millayer (Milá) aus dem Programm gestrichen. Schon am Morgen des Tages ist der Parkplatz an der Paraglidingstation in Rannay (Raná), in der wir übernachten, gut gefüllt. Wir werden die angereisten Gäste noch wiedertreffen.
Von Rannay strebt nördlich um den
Rannayer Berg herum leicht ansteigend ein Weg durch eine aufgelockerte Heckenlandschaft dem Gipfel entgegen, den Millayer hat man von hier gut im Auge. Schafe und Ziegen sorgen für eine hinlängliche Landschaftspflege. Wuchernde Gehölze werden mit Augenmaß entfernt, um ein Verwachsen des Berges zu verhindern und seinen Charakter zu erhalten. Die Gipfelzone des Massivs ist vollständig unbewaldet, die Halme des
Federgrases, welches den Bergrücken überzieht, wiegen sich sanft im Wind. Auf den Wiesen blühen üppig Frühlingsblumen, auffällig Thymian und Wiesensalbei.
Als wir den Kamm, der noch mit Nebengipfeln verbunden ist, erreichen, sehen wir die Meute der Drachenflieger, die direkt vom Parkplatz mit ihren riesigen Rucksäcken herauf gekommen ist und ihre Schirme in Startbereitschaft gebracht hat. Die anderen sind Schaulustige, welche die mehr oder weniger erfolgreichen Startversuche mit Beifall honorieren. Ganz so einfach scheint es mit dem Flugwesen aber nicht zu sein, denn von den beobachteten Fliegern hat es nur einer geschafft, die richtige Thermik zu erwischen und sich hinauf in das Firnament tragen zu lassen. Die anderen werden Opfer der Erdanziehungskraft und finden sich viel zu schnell am Boden wieder, was im Verhältnis zu uns den Vorteil hat, dass sie sich den holprigen Abstieg in der zunehmenden Mittagshitze ersparen können (dafür müssen sie ihren Schirm wieder nach oben schleppen).
Während des Abstiegs vom Rannayer beobachten wir die zahlreichen Erdlöcher, welche die hier beheimateten Ziesel angelegt haben, natürlich ohne Erfolg. Die Kameraden sind schlau und bleiben vorsichtshalber in Deckung. Zugleich haben wir das nächste Ziel im Blick, den Hoblik. Der Berg erinnert an einen seitlich kahl geschorenen Schädel. Die südliche Hälfte des Berges ist völlig unbewaldet, während die Nordseite bis zum Gipfel mit Laubgehölz besiedelt ist. Der serpentinenartige Anstieg an der Südseite ist extrem steil und verspricht in der prallen Sonne ein schönes Stück Arbeit. Für diesen Aufwand wird man aber mit einer tollen Aussicht belohnt und, man ahnt es schon, der Gipfel ist zu dieser Jahreszeit übersät mit Frühlingsblühern. Der Abstieg auf der Nordseite ist wohltuend schonend für die Knochen, trotzdem findet der Vorschlag, noch auf die folgenden Kuppen Langer Berg (Srdov) und Buschberg (Brník) zu steigen, keinen mehrheitlichen Beifall. Unser Quartier in Rannay haben wir stets im Blick, aber der direkte Weg dahin ist uns durch dichte Heckenstreifen versperrt, so dass wir dauernd eher weg vom, als hin zum Ziel laufen und einen nicht unerheblichen Umweg hinnehmen müssen.
Auf der Heimfahrt war ja noch ein Besuch des St. Georgsberg geplant. Als Route dahin wählen wir den Weg durch das Tal der Eger (Ohře). Das bietet Gelegenheit zu kurzen Stippvisiten in Laun (Louny), in Libochowitz (Libochovice) mit seinem sehenswerten Schloss und in Raudnitz (Roudnice nad Labem). Auf die imposante Hasenburg (
Hazmburk) können wir heute nur von Weitem einen Blick werfen.
Der Zustrom an Ausflüglern zum St. Georgsberg erinnert an einen Volkswandertag. Ob es nun der tiefen Verbundenheit der Tschechen mit ihrem Heiligtum geschuldet ist oder dem schönen Wetter, sei dahin gestellt. Uns begeistert bereits am Fuß des Berges ein phantastischer Ausblick, der bei der heutigen Fernsicht von den Steppenbergen des Mittelgebirges bis zum Kosakow im Böhmischen Paradies reicht - ein erlebnisreicher Abschluss unseres Ausflugs. Gemütlich rollen wir durch die Daubaer Schweiz der Heimat entgegen. Für die ausgewählten, teils miserablen Fahrwege wurde ich ausdrücklich gerügt.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man
hier.
Blick zum
Millayer Berg beim Aufstieg auf den Rannayer
Die Kameraden
sorgen dafür, dass der Rasen schön kurz bleibt
Federgras und Wiesensalbei
Blick zu Hoblik, Langer Berg und Buschberg
Die Flugschau beginnt
Das Flugwesen entwickelte sich bekanntlich, am Rannayer Berg schon
um
1932
Abgang vom Rannayer
Der Hoblik gerät ins Blickfeld
Langer Berg und Buschberg
Noch ein Blick zum Millayer Berg
Der Hoblik bei Abendstimmung
Alte Standtansicht von Laun (über die Eger)
Schloss Libochowitz
Die Hasenburg
Die Eger
In Raudnitz
Flugvergnügen am St. Georgsberg
Die Georgsrotunde
Einige Ausblicke vom St. Georgsberg