Am östlichen Rand des Lausitzer Gebirges schließt sich der Jeschkenkamm an, der sich in süd-östliche Richtung erstreckt und - geteilt durch den Lauf der Iser - seine Fortsetzung im Kosakowkamm findet. Der Jeschken-Kosakow-Kamm (Ještědsko-kozákovský hřbet) bildet zugleich die südliche Begrenzung des der Sudeten. Der Höhenzug verliert sich dann etwa im Raum Jitschin (Jičín). In dieser Gegend finden wir aber noch einige höchst interessante Wanderziele.
In Lhota Bradletz (Bradlecká lhota) beginnen wir unseren Rundkurs und steigen zunächst nach Osten zum Kamm auf. Die Äste der Apfel- und Pflaumenbäume am Wege ächzen unter der schweren Last der Früchte, die in diesem Jahr reichlich gediehen sind. Am Ende des Anstieges sehen wir zunächst im Wald ein beträchtliches Basaltmassiv. Bei näherem Hinschauen erkennen wir auf den Felsen die offensichtlichen Reste einer Burg, zu denen ein Ringweg hinauf führt. Es sind die Reste der einst mächtigen Burg Bradletz, die bereits seit 1442 wüst ist, nachdem sie aufgrund ihrer räuberischen Bestimmung von der Ritterschaft der Umgebung geschliffen wurde. Ihre Reste zeugen von beträchtlichen Ausmaßen dieser Anlage.
„Wie namentlich
in den Zeiten, wo's noch keine stehende Heere gab, jeder Krieg, so
fand auch das Ende der Kämpfe gegen die Husiten eine Menge Söldner,
die sich nicht wieder zu einer ruhigeren Lebensweise bequemen
mochten. Sie rotteten sich in Banden zusammen, die mit Raub und
Plünderung ihr früheres Leben auf Kosten Anderer fortsetzten und
um
eine sichere Zufluchtstätte zu haben, sich mehrer Burgen,
besonders
in der Jičíner Gegend bemächtigten. Darunter scheint auch
Bradletz gewesen zu sein. Von da aus unternahmen sie ihre Raubzüge
und trieben ihr Unwesen fort, bis endlich die Ritterschaft der
Umgebung sich aufraffte und eines der Raubnester nach dem andern
überfiel und zerstörte. Die Zerstörung von Bradletz
wird in das Jahr 1442 gesetzt und seit der Zeit ward die Burg auch
nicht wieder aufgebaut.“ (*)
Das eigentlich Ziel war aber die Ruine der Kumburg, von der sich ein grandioser Rundblick, vor allem auf den Kamm des Riesengebirges darbietet. Beide Burgruinen waren schon begehrte Ausflugsziele zu Beginn des aufstrebenden Fremdenverkehrs in Böhmen.
„Kumburg
ist einer der schönsten Punkte des dem Riesengebirge
vorgelagerten
Mittelgebirges, und darum ist die Aussicht von dort eine der
schönsten im nordöstlichen Böhmen; nur von hier aus
übersieht man
auf der böhm. Seite die ganze Länge des Riesengebirges. Man
kann
wahrlich nicht müde werden, das Auge in dieses wundervolle
Landschaftsbild zu tauchen; in seiner Art eben so großartig,
wie die
Bilder, welche sich von den Höhen des Kozákov, Täbor und
Visker
aufrollen. Auch darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Gegend
hier
sehr reich an mannigfachen Mineralien ist und daselbst in
Begleitung
von Pyropen gräulich weiße, doppelsechsseitige Quarz
Pyramiden,
dann Pleonast, Körner von Magneteisenstein und Bruchstücke
von
Chalcedon, Karneol, Jaspis und Achat vorkommen.“ (
** E.B., Bad Wartenberg auf Groß-Skal und seine Umgebung,
1871)
Es schließt sich eine gemütliche Wanderung durch das landwirtschaftlich geprägte Riesengebirgsvorland an, welches das Gebiet zwischen Kosakowkamm und Riesengebirge wie eine Senke ausfüllt. Ein farbenfroher Teppich aus Feldern, Wiesenländereien und Gehölzstreifen breitet sich vor unseren Augen aus. Fast möchte man sich sofort auf den Weg ins Riesengebirge machen, welches etwa in einer Entfernung von 25 km gelegen ist. Aber unser Ziel ist der Berg Tabor, den wir von Chlum über aussichtsreiches Gelände erreichen. Ein Kreuzweg führt von Norden hinauf zum Gipfel und endet an der Wallfahrtskirche Verklärung Christi (Kostel Proměnění Páně). Auf dem Berg befindet sich noch eine Gaststätte mit Aussichtsturm, der zwar ebenfalls einen guten Überblick gewährt, aber nicht so umfassend wie von der Kumburg.
„Der
Tabor, an dessen Fusse das Dorf Chlum, ist etwa eine Stunde
vom
Bradletz entfernt, die Wallfahrtskapelle (Verklärung Christi)
auf
dessen 2050“ hohem Gipfel ursprünglich schon 1351 von Zdenko
von
Lomnitz erbaut, 1525 von Wilhelm von Waldstein vergrössert,
1704 von
einer Gräfin Morzin im gegenwärtigen Zustande neu aufgebaut.
Ein
uraltes hölzernes Crucifix, das in diesem Kirchlein aufbewahrt
wird,
soll von dem ersten Prager Erzbischof, Ernst
von Pardubitz, eigenhändig geschnitzt sein. Die Kirche wird
namentlich an den beiden Hauptwallfahrtstagen, dem
Pfingstmontag und
dem Sonntage nach der Verklärung Christi, von frommen Pilgern
zahlreich besucht (1813 auch von Kaiser Franz I, der damals in
Jičjn
weilte); wegen seiner herrlichen Aussicht auf das
Riesengebirge und
weithin ins Land wird der Tabor auch sonst fleissig von
Touristen
aus der Umgebung bestiegen.“ (*
Franz
Klutschak, Auf der Reichenberg-Pardubitzer Bahn ins Gebirge,
1860)
„Von
dem Berge Tabor bei Lomnitz hatte man einen umfassenden
Ueberblick
der blutigen Schlacht, die am Tage Petri und Pauli (29. Juni)
geschlagen wurde; denn man sieht vom Tabor in die Straßen von
Jičin
herab, als befände man sich auf einem Thurme mitten in der
Stadt. Es
standen auch den ganzen Tag über Hunderte von Neugierigen auf
dem
Berge, an dessen Fuße der preußische Artilleriepark
aufgefahren war
...“ (**E.B.,
Bad Wartenberg auf Groß-Skal und seine Umgebung, 1871)
Jitschin ist vom Gipfel des Berg Tabor Luftlinie ca. 8 km entfernt. Deswegen muss man natürlich an dieser Stelle wissen, dass die Menschen zu der Zeit, als dies aufgeschrieben wurde, wesentlich bessere Augen hatten, als die Menschen heute.
Der Abstieg nach Lhota Bradetz führt uns durch das idyllisch gelegene Dorf Kyje mit wiederum herrlichsten Aussichten. Auf den Fahrten durch diese Region Böhmens treffen wir häufig auf Ortsbezeichnungen mit der Wortverbindung Lhota oder Aujezd (Újezd). Wissenswert dazu ist, dass es sich dabei um Namensgebungen im Zusammenhang mit der Ortsgründung handelt. Lhota bezeichnet dabei Ansiedlungen, die befristet von Abgaben und Frondiensten befreit waren, während es sich bei Aujezd um ein durch Umritt abgegrenztes und in Besitz genommenes Land handelt.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
Die Bäume biegen sich unter der Last der Früchte in
Lhota Bradletz
Ruine Bradletz
Erster Blick zum Berg Tabor
Ruine Kumburg
Zwischen Kumburg und dem Berg Tabor wandern wir durch
das Riesengebirgsvorland
Herrliche Aussichten vom Berg Tabor
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