Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Aus den 1970-er Jahren ist mir noch der Gasthof „Linde“ in Cosul in Erinnerung geblieben, wenn auch nur in schwacher. Hier nämlich fand anlässlich eines Himmelfahrtsausfluges ein legendärer Umtrunk statt, über den in beteiligten Kreisen bis heute noch gesprochen wird. Was einiges darüber aussagt. Nicht nur deshalb, sondern auch, weil noch angenehme landschaftliche Eindrücke von der Gegend um Cosul in meinem Kopf hängen geblieben sind. Ein Wanderprojekt, von Cosul ausgehend, stand daher schon lange auf der Wunschliste.
Historisch
Gleich bei der Einfahrt im oberen Ortsteil von Cosul liegt der Gasthof an der rechten Straßenseite. Leider befindet sich in einem beklagenswerten Zustand. Man muss davon ausgehen, dass hier nie wieder ein Bier ausgeschenkt wird. Schade, denn der herrlich an dem Gebirgszug des Czorneboh gelegene Ort hinterlässt ansonsten einen angenehmen Eindruck. Das Lausitzer Bergland entfaltet hier beiderseits des Kammes seinen Charme. Unser Ziel ist heute der Czorneboh, wissend, dass an diesem Tag (Dienstag) die Baude auf dem Berg Ruhetag hat.
Wir wandern zunächst über Eulowitz auf den Herrnsberg, wo wir am Gipfel eine gepflegte Wanderhütte antreffen, günstig für eine kleine Brotzeit. Am Fuß des Berges treffen wir auf den nächsten hübschen Ort, Schönberg. Die Panoramen auf dem weiteren Weg bis Klipphausen erfreuen das Auge des Mittelgebirglers. Die sanft gewellten Hügel senken sich gegen das Cunewalder Tal, jenseits des Tales erhebt sich der Kamm des Bieleboh. Von Klipphausen zieht dann der Weg straff hinauf zum Gipfel des Czorneboh.
„Auf dem mit Wald bedeckten Rücken des Czorneboh, dessen wendischer Name „schwarzer Gott" bedeutet (Bieleboh „weißer Gott") ragen Granitfelfen empor, welche Tempelmauern, Kanzeln und Altären ähnlich sind. Der Weg über Wuischke führt zunächst auf die östliche Kuppe, Weiter westlich erregt besonders ein Felsen neben dem Turme unsere Aufmerksamkeit, Teufelsaltar genannt, auf dem die Opferfeuer brannten. Weiterhin, hinter der Restauration, erblicken wir die Teufelskanzel, noch weiter westlich das sogenannte Teufelsfenster. Es ist dies eine Steinspalte, durch welche die heidnischen Priester der Sorbenwenden das Orakel befragten, weshalb der Berg in vorchristlicher Zeit prasica, Frageort, genannt wurde. Der Kessel ist ein großer Felsblock mit zwei Vertiefungen, in denen sich fast stets Wasser befindet.
Die Rundsicht von dem steinernen 1850 erbauten Turme, dessen vier Seiten die Himmelsrichtungen anzeigen, darf sich mit dem Panorama der schönsten Aussichtspunkte der deutschen Mittelgebirge messen. Westlich erblickt man die Höhen der sächsischen Schweiz und östlich das Iser- und Riesengebirge und den größten Teil der Ober- und Niederlausitz: im Vordergrunde das Schlachtfeld des Überfalls bei Hochkirch und weiterhin zwischen Bautzen mit seinen altertümlichen Türmen und Löbau das der Schlachten bei Bautzen am 20. und 2l. Mai 1813. Im Hintergrunde fällt der Blick auf die an Kiefergebüsch reichen Niederungen der sächsischen und preußischem Heidegegenden mit ihren zahlreichen Deichen. Am nord- westlichen Horizont erscheint Kamenz mit seinem Hutberge und im Süden, rechts vom Löbauer Berge, das Zittauer Gebirge, welches Sachsen von Böhmen scheidet. Am Südabhange des Gipfels sieht man noch Überreste eines Walles der Sorbenwenden, welcher wahrscheinlich ihren früheren Opferplatz einschloß.“ [Korschelt, Gottlieb, „Führer durch Zittau und Umgebung und das Sächsisch-Böhmische Grenzgebirge“]
Unterdessen erreichen wir den Gipfel mit der Baude. Schade, dass man sein Proviant im Freien verzehren muss, zumal die Gegenwart von Schneeresten den Wanderer doch etwas frösteln lassen nach dem schweißtreibenden Aufstieg. Obwohl die Baude geschlossen ist, kann man den Turm ungehindert begehen, aber die von Korschelt beschriebene grandiose Rundsicht ist durch den Wald arg behindert. Der Kammweg führt uns nun über den Döhlener Berg / Hromadnik zu Tale.
„Hromadnik ist ein alter Flurname, der nach Mucke (1926) im sorbischen Sprachgebiet sechzehnmal vorkommt und Versammlungsort bedeutet. Der Berg wurde zur Zeit der Romantik in den Kreis der Czorneboh-Mythen einbezogen. Köhler (1855) führt in einem der ersten Wanderführer der Oberlausitz aus: „Der Romanik (!), d.h. Versammlungsort, wird durch eine Reihe von sonderbar gestalteten Granitfelsen gebildet, die sich auf dem sogenannten Rachlauer oder Pielitzer Berge befinden. Hier versammelte sich vielleicht das Volk, ehe es nach dem Opferfelsen des gefürchteten Götzen zog.“ Das Opferbecken gehört zu den besonders großen Vertiefungen im Granodiorit. Ein noch nicht vollständig zerstörter Einschluß auf dem Kammweg ergibt eine sogenannte Roßtrappe.“ [Werte der Deutschen Heimat, Bd. 24 „Zwischen Strohmberg, Czorneboh und Kottmar“]
Der Kammweg ist sehr kurzweilig, denn die sagenumwobenen Felsmauern können mit wahrhaftigen Teufelsbeweisen aufwarten, wie das Teufelsfenster, das Teufelswaschbecken und den Teufelsfuß, über den man leicht stolpern kann, weil es dem Deibel gefallen hat, seinen Abdruck mitten auf dem Weg zu hinterlassen, wo man ihn zunächst nicht vermutet. Die Gesteinsmassen entlang des Weges sind von bemerkenswertem Ausmaß.
„Die Felsenklippen erreichen hier Ausdehnungen von über 100 m Länge, 30 m Breite und 10 m Höhe und sind von der Zerstörung durch die Gletscher in der Eiszeit verschont geblieben. Das von Sagen umwobene Teufelsfenster ist eine ausgewitterte Grauwackendruse im Zweiglimmergranodiorit. Durch Spaltenfrost sind die matratzenartigen Verwitterungen im Fels entstanden.“ Dies verkündet eine aufgestellte Informationstafel. „Matratzenartig“ klingt so phantasievoll, dass sich bei den Wanderfreunden eine Assoziation mit dem Dänischen Bettenlager einstellt.
Von Cosul zieht sich ein idyllisches Tal dem Kamm entgegen und teilt den Czornebohrücken, wodurch dessen letzte Erhebungen - Schmoritz und Drohmberg – von der Bergkette getrennt werden. An der Nordseite des Schmoritz lockt in wahrlich lauschiger Lage das Berghotel „Rote Schenke“. Wenigstens hier sollte doch am Ende der Tour noch eine Einkehr möglich sein. Im Prinzip ja, aber leider außer an Mon- und Dienstagen. Grantig ziehen wir weiter, nehmen noch den Gipfel des Schmoritz mit, den ein Doppelringwall aus slawischer Zeit bekrönt und erfreuen uns beim Abstieg wenigstens noch an dem herrlichen Blick über Klein Kunitz hinüber nach Cosul. Angemerkt werden soll noch, dass der Ursprung des Gasthaus „Rote Schenke“ auf ein Wirtshaus zurückzuführen ist, welches hier bereits 1809 an einem viel begangenen Wanderweg erbaut wurde und seit 1859 die jetzige Bezeichnung führt.
„Von hier aus hat man einen ausgezeichneten Blick zum nahen, steil aufragenden Czorneboh, zu der gesamten Kette bis zum Sornßiger Berg und ostwärts über das Rachlauer Tal und Hochkirch hinweg zum Wohlaer Berg, zum Königshainer Bergland und zur Landeskrone bei Görlitz.“
Wir erfahren dies aus dem Band 12 der „Werte der Deutschen Heimat“ („Um Bautzen und Schirgiswalde“). Es handelt sich dabei um eine Buchreihe, die von der Akademie der Wissenschaften der DDR zwischen 1957 und zuletzt 2018 herausgegeben wurde (Leibnitz Institut seit 1992) und unterdessen 79 Bände umfasst. Ziel dieser Publikation war die flächendeckende landeskundliche Bestandsaufnahme der DDR beziehungsweise der östlichen Bundesländer und sucht wohl vergeblich nach seinesgleichen.
Unterschrift:
Ältere werden sich an die Buchreihe "Werte unserer Heimat" noch
erinnern. Beispiel hier: Band 16
Die GPS-Daten zu
dieser Tour findet man hier.
Hier sieht man, wie schön meine nähere Heimat ist. Vielen Dank für die herrlichen Bilder und den Tipp.
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