Donnerstag, 10. Juli 2025

Wanderung zu den Vogelwänden

 Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Die Wanderung am Rande der Hochebene zwischen Munker (Mukařov) und Reichen über Zimmers Beile Víťova vyhlídka (Víťova vyhlídka) ist uns noch in guter Erinnerung. Der Panoramaweg zwischen Zimmers Beile und dem Zinkenstein (Bukova hora) schreit quasi nach einer Wiederholung. Während wir damals in südlicher Richtung gegen Saubernitz (Zubrnice) abstiegen, möchten wir nun auch die nördlich gelegene Region kennenlernen. Da bietet sich die Umrundung der Hochebene geradezu an. Die Schau über das wellige Hügelland, welches sich zwischen Zimmers Beile und Matrelig (Matrelik) dem Beschauer darbietet, drängt uns dieses Vorhaben geradezu auf. Die Erfahrung mit Weidegebieten und eine gewisse Vorahnung lassen uns aber vorsichtshalber ein paar Informationen einziehen. So erfahren wir über diese Gegend Folgendes (frei übersetzt)

Früher führte ein blauer Wanderweg von Reichen (Rychnov) zum Buchberg . An der Westseite des Katzenbuschs (Kočičí vrch) führte ein Feldweg an einer Nischenkapelle vorbei. Der Gipfel des „Kočičího les“, wie der Hügel auch genannt wurde, bot den Wanderern an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert noch eine schöne Aussicht. Leider wurde die Landschaft um Wernstadt nach 1989 an einigen Stellen für Wanderer völlig unzugänglich. Obwohl der Stadtplan von Wernstadt aus dem Jahr 2015 den Vorschlag von sechs Wanderwegen eindeutig erwähnt, ist immer noch nichts geschehen. Dies gilt auch für das Gebiet um den Katzenbusch, wo ein markierter Wanderweg vom Buchberg durch die Wiesen nach Reichen und weiter zum Kronhübel (Na Koruně) führen sollte. Die einzigen Ausnahmen sind die markierten Wanderwege von Kleinpriesen (Malé Březno), und Tichlowitz (Těchlovice) zum Zinkenstein, die allerdings fast ausschließlich durch Waldgebiete führen.

Nach 1989 begann der Staatliche Bodenfonds damit, Land an die Eigentümer zurückzugeben, einschließlich der historischen Wege, ohne eine Dienstbarkeit für die Begehung dieser Wege zu verlangen. Die Landwirte haben das Land, auf dem oft Tausende von Tieren weiden, ganz für sich allein, und aus der Sicht der Eigentümer argumentieren sie logischerweise, dass es ihre Produktionsmittel und ihr Eigentum sind. Warum sollten sie es also mit jemand anderem teilen? So kann ein Tourist leider in vielen Fällen einige Orte nicht betreten, ohne zu riskieren, von einem gefährlichen Tier angegriffen oder des unbefugten Betretens von Privatland beschuldigt zu werden.

Lassen wir uns also überraschen. Wir starten in Wernstadt (Vernerice) und wandern zunächst hinauf zum Aussichtsturm auf Zimmers Beile. Die knapp 5 Kilometer lange Höhenwanderung von Zimmers Beile löst erwartungsgemäß bei den Wanderfreunden euphorische Momente aus. Blühende Sommerwiesen und weite Aussichten über die Hochfläche zu den umliegenden Höhenzügen erregen die Gemüter. Kurze Rats unter dem Zinkenstein (mit Aufstieg zur (Humboldtaussicht), dann soll es zum erklärten Ziel des heutigen Tages gehen, den Vogelwänden (Ptačí stěny).

Das Felsengebiet der Vogelwände ist vor allem unter Kletterern bekannt. Es wurde erstmals von František Žid und Jan Džurban im Jahr 1965 besucht. Es handelt sich um Basaltwände, die eine Höhe von bis zu 12 Metern erreichen. Sie befinden sich an einem bewaldeten Hang in der Nähe des Buchbergs. Es gibt 41 Felsmassive und Türme, die von den Bergsteigern benannt wurden. Sie finden hier zum Beispiel einen Felsen namens Osolělý, Bachyně, Sněhurka, Varhany, Zub, Dartagnan oder Krakonošův Kyj.“ (mapy.cz)

Schon beim Einschwenken in den dahin führenden Pfad werden wir von einem Landwirt aufgehalten und darauf hingewiesen, dass der Weg – offenbar der oben beschriebene Wanderweg - nach Reichen nicht weitergeht. Nach einigem Hin und Her machen wir ihm klar, dass wir die Vogelwände besuchen möchten, so dass er uns ziehen lässt. Von den bizarren Basaltfelsen an dem steil zum Elbtal abfallenden Hang sind wir schwer beeindruckt. Der Weg unterhalb der Felsen ist allerdings total verwachsen, so dass wir alsbald wieder zum oberen Weg aufsteigen. Dieser führt ungepflegt noch bis zu einem schön restaurierten Kreuz - links ein Koppelzaun, rechts ein Koppelzaun - und bald ist gänzlich Schluss. Der Weg ist nun von allen Seiten gesperrt mit dem Hinweis, dass es sich um Privatgelände handelt – betreten verboten. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als hinunter nach Biebersdorf (Příbram) zu laufen und einige Kilometer auf der (schwach befahrenen) Asphaltstraße zurückzulegen, nicht wissend, ob der weitere Weg von Reichen bis Wernstadt womöglich auch gesperrt ist.

Das ist glücklicherweise nicht der Fall (bloß die einladend aussehende Kneipe in der Ortsmitte hat zu), so dass wir unser letztes Tagesziel unschwer erreichen können, den Gottesberg (Boží vrch) vor den Toren von Wernstadt.

„Im Westen von Wernstadt erhebt sich ein 554 m hoher, basaltiger Berg mit einem freundlichen Kirchlein, welcher unter dem Namen ,,Gottesberg" bekannt ist. Ehemals führte er den Namen „Zwergelberg", und er ist auch reich von der Sage umwoben. Damals war er wüst und wie heute noch mit Bäumen und Sträuchern, besonders Haselnußsträuchern, bewachsen. Es hat freilich viel Mühe gekostet, das Gestein abzuarbeiten, um dem Berge ein freundliches Aussehen zu geben. Die größten Verdienste hat sich in dieser Hinsicht der ehemalige Pächter Schindler erworben. In alter, vorchristlicher Zeit dürfte der Berg wohl einen Ort für die heidnische Götterverehrung gebildet haben. Auf dem Gipfel hatte zu Beginn des 18. Jahrhundertes Adam Goldammer aus Wernstadt das dort befindliche morsche Kreuz durch ein neues ersetzen und einweihen lassen. Dorthin wurde nun häufig an Festtagen nachmittags von Wernstadt aus in feierlicher Prozession gezogen, um daselbst Andachten abzuhalten. Da faßte der aus Wernstadt gebürtige Pater Johann Heinrich Hein, Altarist an der Prager Hauptkirche Skt. Veit, den Entschluß, zu Ehren der allerheiligsten Dreifaltigkeit auf dem Zwergelberge eine Kapelle zu erbauen. Er erlegte den zur dauernden Erhaltung notwendigen Betrag von 50 Schock Groschen 2 Kc 66 h) und erwirkte dann beim bischöflichen Konsistorium in Leitmeritz wie auch bei der Grundobrigkeit in Liebeschitz und bei der Besitzerin, der Witwe Maria Elisabet Goldammer die Erlaubnis zum Bauen. Im Winter 1731-1732 wurde das Material zugefahren und der Platz geebnet. Im Frühjahre 1732 wurde der Bau begonnen. Der ehemalige Pfarrer von Wernstadt, Herr Christoph Fiedler, damals Domherr in Leitmeritz, trat ebenfalls für den Bau ein, aber er wünschte, daß das Kirchlein dem hl. Prokopius geweiht werde und leistete ebenfalls Beiträge. Ueber den Winter blieb der Bau mit Kuppel und Dach als Rohbau stehen. Da die Kirche aber der hl, Dreifaltigkeit, jedoch zugleich auch dem hl, Prokopius geweiht werden sollte, stellte Domherr Fiedler seine Unterstützungen ein. Deshalb sah sich P. J. Heinrich Hein genötigt, den Bau auf seine Kosten, die damals bereits 800 Schock Groschen betrugen, allein durchzuführen. Im Frühjahre 1733 wurde das Kirchel samt Altären und Einrichtung vollendet und am Montage nach dem Dreifaltigkeitsfeste 1733 von dem Domherrn Christoph Siegmund Weiß aus Leitmeritz nach gehaltener Prozession aus Wernstadt in Begleitung des dortigen Magistrats und einer großen Volksmenge eingeweiht. Zugleich wurde bestimmt, daß der Berg von nun an „Gottesberg" genannt werde und auch nach der päpstlichen Bulle so zu benennen sei.“ (Josef Schmied, Beiträge zur Geschichte der Stadt Wernstadt“, 1932)

Das Kirchlein galt als die schönste Wallfahrtskirche Nordböhmens. Aber es kam, wie es kommen musste: nach dem Zweiten Weltkrieg war sie der Plünderung und Zerstörung ausgesetzt und 1975 wurde sie gesprengt. Neuerdings wurde dort, wo sie einst stand, ein Wanderrastplatz mit einer Erklärtafel eingerichtet und ein Kreuzweg am Fuß des Gottesberges. Der Gipfel des Gottesbergs ist heute von Wald umgeben. Das war’s.


Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.




Aufstieg zu Zimmers Beile














Um den Matrelig herum














Am Zinkenstein/Humboldtaussicht














An den Vogelwänden










        Impressionen aus Reichen






Der Gottesberg mit historischer Aufnahme der Wallfahrtskirche






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