Dienstag, 14. August 2012

Panorama vom Ronberg (Ronov) bei Drum in Nordböhmen


Und hier noch einmal ganz groß (Achtung: Eventuell lange Ladezeiten).

Fast auf den Tag genau vor 169 Jahren besuchte der böhmische Burgenforscher Franz Alexander Heber die uralte Ronburg auf dem Ronberg bei Drum (Stvolinky). Er hatte von dort oben ein ähnliches Panorama wie wir heute (13. August 2012), weshalb ich ihm das Wort zu dessen romantischen Beschreibung geben möchte - kannte er sich doch weitaus besser in Böhmen aus als ich heute...

"Beklommen eilte ich, als ich im August 1843 diese Ruine besuchte, aus den düstern, efeuumstrickten Mauern aufwärts zur kahlen Felsenzinne, da der Abend bereits mit Macht heranzubrechen anfing, und ich die trüben Bilder der Vergangenheit, durch einen freien Blick in die paradiesische Umgegend, aus dem Gedächtnisse verdrängen wollte. - Großartig und unbeschreiblich war das vor mir liegende Panorama. Sprachlos, in sich selbst versunken, schweifte der staunende Blick über die Masse der vorliegenden Gegenstände, während die Seele über alles Irdische hoch emporgehoben wurde. - Der Gesichtskreis schränkte sich allmählich ein, die Sonne näherte sich der anderen Hemisphäre; purpurner glühte das Gewölk, unzählbare Ströme von Licht bemalten die Decke des Himmels und glänzten aus den spiegelglatten Gewässern des Thales wieder. Sie war hinabgesunken. Die Kühe kehrten zurück von der Weide, melancholisch hallte des Hirten Horn von den Bergen zurück, stiller wurde es in Laub und Gras, und kühner umfaßte die Luft mit ihren Armen den Baum. Das Auge konnte weniger umfassen, aber dies Wenige war so schön; nur Ahnungen des Gesehenen dämmerten mit den Bergen am Rahmen des zart hingehauchten Bildes; mit Wohlgefallen und mit zarter Freude tauchte die Seele sich in die lichte Glorie der Umgebung. Sie hatte das Gepräge heitern, großen Lebens voll Thätigkeit und Thatkraft mit dem Charakter des süßesten Traumes aus einer idealischen Welt vertauscht. Geisterstimmen lispelten, wo das bunte, regellose Treiben Millionen Einzelner sich zum herrlichen Ganzen ordnete; und so hatte ich jetzt ein schöneres Schauspiel, wenn auch die Thürme von Auscha, Graber und Bleiswedel nicht mehr so bestimmt in der grauen Ebene zu unterscheiden waren. Der Wald unter mir lag im tiefsten, schattendunklen Grün; die Thürme vom hohen Neuland, die über den jenseitigen Thalgrund hervorragten, standen, vom letzten Wiederschein des Abends matt angeleuchtet, über der grünen Flur und schimmerten, wie ein ausglimmender Brand, einsam, wunderbar. Die ferne Hasenburg, der Kosstal leuchteten im purpurnen Abendgolde, und der blaue, duftige Geltsch zeigte seine schönen Saumlinien nur unbestimmt und zur Hälfte, denn um sein Haupt hatten sich malerische Nebelzüge gelagert, schwarzgraue Geisterschaaren, die ihn zur nächtlichen Behutung umwebten. Das Auge schweifte auf und ab in dem weiten Bergrevier, über waldige Höhen, durch tiefe, langgewundene Gründe, zu blauen Fernen über den pittoresken Wilsch auf die Trümmer der Ruinen von Alt-Perstein, Kikelsburg, Blumstein und Böhmisch-Kamnitz. Ostwärts lag die Ebene mit ihren glänzenden Teichspiegeln und Dörfern, grau-rötlich im Nebel und rosigen Abglanz des Abends. Die Thurmspitzen hoben sich schwarz aus der Niederung, und ließen die Ortschaften mehr errathen als erkennen. Doch zog der Blick gern diesen schwarzen Meilenzeigern nach und überflog die Wege, die der Fuß mühsam durchwandert, mit zauberischer Schnelligkeit. - Ich stand in den Anblick tief versunken. Eine schaurige Abendstille umgab mich, der Wind zog hohlrauschend über den Wald zu meinen Füßen hin, späte Nachtvögel umflatterten die Burgtrümmer; die scheue Wildtaube kreiste um den Fels und suchte ihr Nest im Gestein. Raben zogen krächzend über mir und ein Raubvogel schwebte, von ruhigen Flügeln getragen über des Berges Scheitel langsam dem jenseits wogenden Fichtenwalde zu und verschwand, majestatisch steigend, im Gewölk.

Wer erklärt mir die stille, erhabende Macht des Abends, der Einsamkeit, der Höhe, der Fernsicht des Gebirges? Ach, was von dem, das unsere Seele im Tiefsten bewegt, ist denn erklärt? Erkläre man mir Liebe, Schmerz, Glück und das Entzücken - so hat man Alles erklärt, das Dasein und den Tod, die Zeit und Ewigkeit und Gott und alle Räthsel, um deren Lösung der Mensch seit Jahrhunderten sich müht und in die er nicht tiefer eingedrungen ist, als in seine Werkstätte, die Erde, die er kaum die Haut geritzt!"


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