Montag, 1. Oktober 2012

Burg Hammerstein bei Machendorf in Nordböhmen



Um zur Burg Hammerstein bei Machendorf (Machnin) an der Neiße zu gelangen, muß man sich nur in Zittau in die „Trilex“ in Richtung Reichenberg (Liberec) setzen, wobei man nicht vergessen sollte, hinter Engelsberg (Andelska Hora) dem Lokführer mit einem Tastendruck an der Ausgangstür ein „Halt“ zu signalisieren. Der Zug hält dann mitten in der Botanik neben einer Blechhütte, die sich Haltepunkt nennt und über der unübersehbar der Schriftzug „MACHNIN hrad“ prangt.  Jetzt nur noch warten bis der Zug weitergefahren ist und dann geradewegs über die Gleise - und man ist schon auf dem Aufstieg zu den Resten einer alten Burganlage, die einst dem mächtigen Geschlecht der Biebersteiner gehörte und die insbesondere während der Hussittenkriege von sich reden machte.


Alternativ kann man natürlich auch direkt mit dem Auto bis Machendorf fahren, um dort am Ortsausgang,  kurz vor dem Bahnübergang auf einer Freifläche, auf der linken Seite zu parken.  Dann sind nur noch ein paar wenige Meter bis zur Bahnstrecke Zittau – Liberec zu laufen. Am Bahnübergang muß man dann rechts in den parallel dazu verlaufenden Trampelpfad über den zwar schon leicht zerbröckelnden, aber immer noch eindrucksvollen Neiße-Viadukt einbiegen, um nach ca. 400 m zu dem oben beschriebenen Haltepunkt zu gelangen.


Die Burg Hammerstein erhebt sich hoch über einen Mäander der Neiße und ist deshalb nur von der Nordseite her zugänglich.  Nach einem steilen Aufstieg durch einen Buchenwald, der die vulkanische Kuppe an den Flanken dicht bedeckt, erreicht man die Gipfelfläche, die rechts und links zwei felsige Erhebungen aufweist, auf denen jeweils die Reste eines Wachturms (Bergfried) und die eines ehemaligen Wohnturms stehen.  



Hammerstein um 1840

Fast die gesamte Westflanke der  länglich-ovalen Ringmauer ist bis in eine Höhe von zwei bis vier Meter erhalten und deutet die doch recht ansehnlichen Ausmaße dieser um das Jahr 1350 erbauten Wehranlage an. 


Wo sich das ehemalige Burgtor befunden hat, ist leider nicht mehr auszumachen.  Gegen Süden kann man mit etwas Phantasie höchstens noch erahnen, daß hier  vielleicht einmal am etwas sanfter verlaufenden Abhang so etwas wie ein Wallgraben vorhanden war. 

Der heute noch eindrucksvollste Teil der Veste ist ohne Zweifel der schon arg eingefallene Wachturm, der auf den Gipfel einer Felsenzinne erbaut worden ist. Mit etwas Mut und Kletterei läßt er sich über eine grob in den Felsen eingehauene Treppe besteigen. 


Die meterdicken, mit Mörtel kaum noch zusammengehaltenen Restmauern vermitteln jedoch nur noch einen schwachen Abglanz von seiner ehemaligen Größe und Festigkeit.




Noch weniger ist von dem noch weitaus mächtigeren Wohnturm auf dem gegenüberliegenden Gipfelplateau erhalten. Nur noch eine größere „Zinne“ als Teil davon erhebt sich mehrere Meter in die Höhe und läßt in Verbindung mit den gegenüber liegenden Mauerresten erkennen, daß hier einmal ein hoher Wohnturm gestanden hat, in dem der Burgverwalter mit seiner Familie einst wohnte.




Wann die Burg genau gegründet wurde, kann nur noch ungefähr ermittelt werden. Es muß so um das Jahr 1350 gewesen sein, als Friedrich von Bieberstein (1306 (?) - 1360), der  zu jener Zeit Herr über die von König Premysl Ottokar II an seinen Großvater als Erblehen übergebenen Länderreihen um Friedland  war, an diesem strategisch gut gewählten Ort die Burg errichten ließ. Die Biebersteiner  sollen der Sage nach im dreizehnten Jahrhundert aus der Schweiz nach Böhmen eingewandert sein. Belege gibt es aber dafür offenbar nicht. Die erste erhalten gebliebene urkundliche Erwähnung von Hammerstein stammt aus dem Jahre 1357, in dem der Besitzer der Burg seine Treue als Vasall Kaiser Karl IV bekräftigte.  Schon zuvor war er in Prag einer der engsten Vertrauten des Kaisers, der an vielen wichtigen Staatsakten tätig teilnahm. Zu nennen ist hier insbesondere die Gründung der „Alma Mater Carolina“, der ersten deutschsprachigen Universität überhaupt, in Prag am 7. April 1348. Auch dürfte Johann von Bieberstein der Grundsteinlegung des berühmten Veitsdoms beigewohnt haben (1344). Seine Hauptburg und die seiner Nachfahren war bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts das Schluß Friedland  an der Wittig, zu dessen Herrschaft neben Reichenberg auch Hammerstein gehörte.


Der Name „Hammerstein“ läßt sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Existenz eines Hammerwerkes für Eisenerz in der unmittelbaren Umgebung der Burg zurückführen. Gerade das Gebiet um Engelsberg (Andelska hora) und dem Christophsgrund ist  reich an alten, heute nicht mehr zugänglichen Stollenanlagen, in denen einst Eisen- und Kupfererz sowie Bleiglanz und Silber abgebaut wurde. Einige, heute vergitterte Mundlöcher, können noch besichtigt werden, vorausgesetzt, man findet sie abseits der Wege in den dichten Wäldern der Umgebung…

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde die Burg von einem Burggrafen verwaltet, der hier mit einer kleinen Besatzung wehrhafter Männer, dem Gesinde und wahrscheinlich auch seiner Familie lebte.  Erst in einer Urkunde aus dem Jahre 1411 erfährt man, daß die Burg in den Zuständigkeitsbereich des Herrn Johann  von Bieberstein (1342-1424) fällt, der  einige Jahre zuvor die Burg unter das Kommando des aus Schlesien stammenden Burggrafen Hans Dachs gestellt hatte. Ab 1411 war dann ein Niklas Dachs Castellan von Hammerstein, dem drei Jahre später ein Herr Fredemann von Gersdorf folgte. In der Zeit der  grausamen Hussitenkriege, die neben Böhmen auch die Oberlausitz sowie Schlesien verheerten, war wieder Niklas Dachs Burgherr auf Hammerstein . 


1421 erschien Jan Zizka von Trocnov (1360-1424) mit seinem Heer persönlich in Reichenberg und ließ die Stadt plündern und verwüsten. Dann wandte er sich Hammerstein zu, wo er die Burg trotz tapferer Gegenwehr einnahm. Die von den Hussiten abgebrannten Holzbauten wurden aber – nach dem der Kriegshaufen weitergezogen war – schnell wieder erneuert und die Besatzung verstärkt. Als im Herbst 1428 ein hussitisches Heer (ein Teil der Taboriten, die sich nach Zizkas Tod „die Waisen“ nannten und die zuvor unter dem Feldherrn Prokop des Kleinen, eines ehemaligen Mönchs, halb Schlesien verheert hatten)  unter ihrem Hauptmann Kralowec  mit reicher Beute bei Kratzau in der Nähe des Hammersteins vorbei kam,  wurden sie von den Mannen Ulrich II von Biebersteins zusammen mit Söldnern und Soldaten des Sechsstädtebundes unter Führung des Landvogtes Albrecht von Kolditz überfallen und zu einem großen Teil aufgerieben. Über 1000 der „Waisen“ sollen dabei getötet oder gefangengenommen worden sein. Ein Großteil ihrer mit Raubgut beladenen Wagen konnten dabei erbeutet werden, wie der Zittauer Stadtschreiber Johann von Guben in seiner Chronik notiert hat. Daß die Oberlausitzer  mit den Feinden, die außerdem noch „Ketzer“ waren, nicht gerade zimperlich umgegangen sind, dürfte klar sein. Der Zittauer Stadtschreiber notierte z.B. auch, daß allein einige Hundert Gefangene bei Machendorf lebendig in Scheunen verbrannt worden sind…

Aber auch die Verluste unten den Sechsstädtern und ihren Verbündeten  waren enorm, wie in den überlieferten Aufzeichnungen berichtet wird.  Die Chroniken vermelden eine Zahl von 1300 Toten, darunter der Zittauer Hauptmann Wanko von Mochau und der Adelige Leuther von Gersdorf, die das Reiterheer anführten. Letzterer ist in der Kirche von Sohland / Spree begraben. 

Es ist sicherlich nicht verwunderlich, daß die Hussiten, die sich nach Reichenberg retten konnten und die obendrein auch noch ihrer reichen Beute verlustig gegangen sind, ziemlich sauer waren.  Johann von Guben schreibt diesbezüglich „Umb sulche Slachtunge die Weisen dieser Stat ne und ne desto gramer geworden“ . 

Bereits ein Jahr später,  im September, belagerten ein paar Hundert „Waisen“ und Taboriten erfolglos den Berg und das Kloster Oybin. Schon nach kurzer Zeit mußten sie aber ihr Scheitern eingestehen und sie begannen erst die unmittelbare Umgebung (Olbersdorf und Ostritz) zu verwüsten um dann die halbe Oberlausitz zwischen Görlitz und Bautzen heimzusuchen.  Danach ebbten die Hussitenkriege langsam ab, aber dafür machten um so mehr Adelige aus der Umgebung den Oberlausitzer Städten zu schaffen (Stichwort:  Beginn der Wartenberger Fehde im Jahre 1433).

Der Burghauptmann von Hammerstein, Niklas Dachs, wird erst wieder im Jahre 1451 als „Dachs von Hammerstein“ erwähnt. Zu dieser Zeit muß er sich in Prag aufgehalten haben, als der spätere böhmische König Georg von Podiebrad von Kaiser Friedrich II  zum Landesmarschall erhoben wurde.

Es scheint, daß zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch Hammerstein zu einem Raubritternest verkommen ist. Wahrscheinlich wurde sie deshalb zerstört (nach C.A.Peschek 1512 durch den Burggrafen Nikolaus von Dohna auf Grafenstein), denn um das Jahr 1558 muß sie bereits in Trümmern gelegen haben.  



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