Donnerstag, 31. Juli 2014

Wanderung zum Rosenkamm (Růžový hřeben)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz



In seiner Schrift 'Der Elbestrom von Melnik bis Meißen' (Prag, 1841) wagt Johann Hoser die Majestätsbeleidigung und begründet in einer zwölfseitigen Zugabe mit dem Titel 'Vergleiche einiger Elbe- mit den Rheingegenden' die bis dahin unbewusste, aber gleichwohl vorhandene landschaftliche Überlegenheit des Elbtales. Die Rolle des Rheins ergebe sich vorwiegend aus seiner Bedeutung als Wasserstraße 

'Eine kleine Vergleichung unserer Elbegegenden mit jenen des mächtigen Rheins dürfte hier nicht unwillkommen erscheinen.

Mit vollem Rechte wurden bisher die Gegenden des Rheins und vorzugsweise jener in seinem Herzen liegende Strich, welcher mit den pittoreskesken Gestaltungen durch eine Strecke von 25 Stunden reicht, von Mainz bis Köln vielfältig besungen, ohne dass man auch ein Gleiches von unserem, nicht minder schönen heimathlichen Elbestrome sagen kann; allein die eigentliche Schuld liegt zuverläßig in der physischen Lage des Rheinstromes und der mit ihm communicirenden beträchtlichen Nebenflüsse … in Mitte der größten und belebtesten Handelsländer …, durch welche Zustände der Rhein, als der mächtigste und gelegenste Hauptstrom Deutschlands sich schon in früheren Zeiten zur ersten und frequentesten Wasserstraße gestalten musste; …'

Kaum durchatmend trägt Hoser nun die landschaftlichen Schön- und Besonderheiten entlang der Elbe zusammen und lässt den Rhein ziemlich alt aussehen. Wir wissen natürlich, dass er Recht hat und deshalb begeben wir uns heute zum Rosenkamm am Rande der Böhmischen Schweiz (České Švýcarsko), um uns wieder einmal selbst von der großartigen Kulisse zu überzeugen. Eigentlich ist es kein optimaler Wandertag bei etwa 30 Grad und drückender Schwüle, aber wat mutt, dat mutt, oder: geplant ist geplant. 

In dem wunderbaren Ort Neu Ohlisch (Nová Oleška) unterhalb des Rosenbergs (Růžovský vrch) sitzen die Menschen schon im Schatten und staunen über unsere Unternehmungslust. Kaum jemand kann sich vorstellen, dass man von hier zum Rosenkamm läuft und Wege dahin gäbe es schon gar nicht, was uns etwas irritiert. Tatsächlich sind die auf den alten Karten verzeichneten Pfade kaum noch auffindbar und so ist streckenweise die hohe Kunst der Orientierung gefragt, aber irgendwann sind wir dann nach Losdorf (Ludvíkovice) vorgedrungen und von hier beginnt der Aufstieg zum Rosenkamm. Von den hohen Felswänden, die schroff aus dem Tal aufsteigen, hat man tatsächlich einen prächtigen Blick auf das gerundete Band der Elbe und die beeindruckenden Felsgalerien beidseitig des Flusses, ein Stück elbabwärts auf Tetschen mit seinem Stadtschloss. Die Klippen bieten endlich den Platz für eine Rast zur Erholung an diesem extra schönen Tag. Hoser, der sich wohl die Mühe gespart hat und auf dem Flusse fuhr, beschreibt die Szene so

'Bemerkenswert in der Einbiegung der Elbe unter Laube ist die Felsenbastion - die Lange Wand genannt – mit einem an ihrem Ende hervorstehenden Felsenhorne, welches einem abgekappten Thurme ähnelt, und daher auch Hundskirche heißt. … Schwermuth einflößende Kiefern- und Fichtenwälder, aus denen nur hie und da das lichtere Grün buschiger Laubwälder hervorsticht, bedecken die hohen Uferwände des hier einsam fortschleichenden Stroms. Nirgends ist der Kontrast zwischen den früher offenen, gefälligeren Lagen und dem hier in ein verhängnisvolles Dunkel eingeengten Felsenlabyrinthe auffallender, nirgends dieser schnelle Wechsel unerwarteter. Gigantische Felsengruppen springen überall aus den sie rings schwarz umschattenden Nadelwäldern hervor, und thürmen sich hintereinander in senkrechten Wänden schauerlich auf. Manche haben das Gepräge einer abentheuerlichen Stadt, 
andere einer prächtig geregelten Orgel, wieder andere einer wild zerstörten hohen Burg, mehrere entblößen Mißgestalten in ungeheuren Gruppenanhäufungen, über welchen eine Felsenbastion hoch ansteigt.' So gesehen mit den Augen Johann Hosers. 

Kaum haben wir auf dem Weg hinunter nach Binsdorf (Bynovice) einen Blick für die schöne Gipfellinie des herüber schauenden Lausitzer Gebirges und kaum für den Rosenberg nebst den Wänden der Böhmischen Schweiz. Getrieben sind wir nur von dem Gedanken an einen schattigen Biergarten in Binsdorf. Obzwar sich der Ort in sehr gepflegtem Ambiente präsentiert, scheint es leider an einer Restauration zu mangeln, so dass uns nur ein durstiger, strammer Marsch hinunter nach Neu Ohlisch übrig bleibt.


Neu Ohlisch ist ein beschauliches Dorf in der Nähe des Rosenberg



Feld- und Wiesenlandschaft um Neu Ohlisch




Bei Losdorf, oberhalb von Laube (Loubí) befindet sich die erste Aussicht am Rosenkamm





Von den Aussichtspunkten entlang des Kammes gibt es zahlreiche Blickfenster hinter zur Elbe bis hin nach Tetschen










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