Mittwoch, 27. Juli 2016

Auf nach Wiskersch! (Südliches "Böhmisches Paradies")

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Wiskersch (Vysker) ist mir von einigen früheren Besuchen in guter Erinnerung geblieben. Der Ort befindet sich sozusagen auf dem Dach des südlichen Teils des Böhmischen Paradieses (Český ráj). Hier erhält man einen Überblick über das Böhmische Land vom Jeschken (Ještěd) über die Bösige (Bezdězy) bis hin zu Iser- und Riesengebirge. In Wiskersch gibt eine Gaststätte mit überdachter Terrasse, in der man auf halbem Weg ein wohlschmeckendes böhmisches Bier kippen kann. 

Aber so weit sind wir noch nicht. Wir starten im Ortszentrum von Maschow (Mašov), welches schön hergerichtet wurde. Die Wanderung wird uns einige unerwartete Überraschungen bieten, die erste gleich zu Beginn. Oberhalb des Ortes befindet sich die Felsenaussicht Hlavatice, die eine schöne Aussicht über Turnau (Turnov) und Umgebung bietet. Bereits 1894 wurde die Aussichtsplattform vom Turnauer Touristenverein hergerichtet, daneben wurde ein Ausschank eingerichtet, für jene, die hier bereits den ersten Hunger oder Durst verspüren. Das schönste: er ist noch in Betrieb. Man war in Turnau sehr stolz über diese Errungenschaft. Im deutschsprachigen Textteil der Informationstafel heißt es: '… sie (die Stadt Turnov) vergass nicht, damit in allen damaligen Führern und auf vielen zeitgemäßen Ansichtskarten zu prahlen'.

Um die Länge der Wanderung einigermaßen im Bereich des noch Vergnüglichen zu halten, geht es im Zickzack auf diversen Schleichwegen bei dauerndem Auf und Ab um Sandsteinriffs herum oder darüber von einem kleinen Tal in das nächste, wie es eben im Böhmischen Paradies so ist. Auf einer kleinen Lichtung mitten im Wald stehen wir plötzlich vor einem idyllischen gepflegten Waldbauernhof, davor eine Statue des Heiligen Georg, der gerade mal wieder einen Drachen tötet. Hinter diesem Hof fällt das Gelände steil in ein Felstal ab. Wunderliches gibt es hier zu sehen: die Felsen sind mit einer großen Zahl von Reliefs verziert, die vom Leben der Bewohner und ihrer Geschichte erzählen. Siegfried Weiss berichtet darüber in seinem Bildband 'Zauberhaftes Böhmisches Paradies': 

'Falls Sie aber die einsamsten Felsplastiken des Böhmischen Paradieses sehen wollen, müssen Sie auf die Anhöhe oberhalb von Kacanovy gehen und von dort wieder bei dem zweihundertfünfzig Jahre alten Schulzenhof Jirošova rychta, heutzutage unter dem Namen Kopicův statek bekannt, hinab in das kleine Tal Dešt'ove údolíčko steigen. Gleich im Wald unterhalb des Gehöfts begrüßt Sie am Pfad ein mit grünem Moos bedeckter Mufflon. Blicken Sie aber aufmerksam rings umher! Sie werden Tiere, Heilige, eine Orgel und viele weitere kunstvoll gelungene und noch kunstvoller verborgene Geschöpfe (*) entdecken, die Herr Vojtěch Kopic während seines Lebens in die Sandsteinfelsen unterhalb des Bauernhofes gehauen hat. Er verstarb erst vor kurzem in seinen Felsen, im Jahre 1978, nicht ganz siebzig Jahre alt'.

(*) Wenn mich nicht alles täuscht, könnte man ein Konterfei auch dem Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili  zuordnen.

Es ist ziemlich heiß geworden, Zeit also für die herbeigesehnte Rast in Wiskersch. Die nächste Überraschung wartet da schon: das Restaurant öffnet heute erst 16 Uhr. Griesgrämig steigen wir nun über den Kreuzweg hinauf zur Kapelle der Hl. Anna, die auf einem Basalthügel über dem Dorf errichtet wurde. Es ist sagenhaft, wie man unter diesen Bedingungen auch ein Mineralwasser aus dem eigenen Rucksack zu schätzen weiß. Im übrigen ist die Stimmung schnell wieder hergestellt, denn das Panorama hier oben ist traumhaft, besonders geprägt durch die Türme der nahen Burg Trosky, die auf den Pylonen eines alten Vulkans ruhen.

Der Rückweg führt uns dann noch durch die herrlichen Felspartien der Groß-Skaler Felsenstadt hinauf zum Schloss Wallenstein (Hrad Valdštejn), dessen Tore sich allerdings bei unserer Ankunft heute bereits schließen, aber wenigstens der Kiosk davor bietet noch Nahrhaftes für den ausgedörrten Wanderer. 

Von der ausgebauten Janova Aussicht schaut man hinüber zum Kosakow und in das Rund eines Felsgartens mit der Teufelshand (Čertova ruka). Auf diesem archäologisch interessantem Areal soll sich vom Neolithikum bis zur Römerzeit bereits eine menschliche Siedlung befunden haben. Egal, wie die Menschen damals in dieser für sie unwirtlichen Umgebung zurecht kamen, uns, die wir heute auf Leitern und ausgebauten Wegen leicht zu den Felsen empor steigen, berührt und begeistert die Schönheit dieser einmaligen Landschaft.

Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.


Ortszentrum Maschow mit einer kleinen Kapelle


Holzverarbeitende künstlerische Versuche


Aussichtsturm Hlavatice


Schulzenhof Jirošova rychta



Hl. Georg mit seinem Drachen


Reliefs im Dešt'ove údolíčko








Ist er es oder ist er es nicht (*)


Schöne Felspartien begleiten uns auch auf der weiteren Tour und weitere 'pahntasievolle' Plastiken



Schöne Aussichten von Wiskersch aus



Kirche zur Himmelfahrt der Jungfrau Maria


Kapelle der Hl. Anna



Markanter Blickfang: Die Ruine Trosky


Durch die Groß-Skaler Felsenstadt








Die Teufelshand


Die Burg Waldstein (Wallenstein)







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