Freitag, 21. Dezember 2018

Zu den Tafelbergen und Felsenstädten zwischen Karlsberg und Adersbach, Teil 2/2

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Olbersdorf

An der Grenze zu Polen liegt das Städtchen Braunau (Broumov). Zwischen Braunau und Politz (Police nad Metuji) erstreckt sich ein Höhenzug, der von der Heuscheuer herkommt und als eine Fortsetzung des Sudetenkammes in Richtung Riesengebirge gesehen werden kann. Es handelt sich um das Falkengebirge, auch Braunauer Wände (Broumovsky stěny) oder Sterngebirge genannt. 

`Von einander werden Braunau und Politz größtentheils durch den Kamm eines Gebirgszuges geschieden, welcher von der südlichen Landesgränze in gerader Richtung in einer Länge von anderthalb zweistündiger Meilen bis zum Wege zwischen den Dörfern Birkicht und Bodisch fortläuft, gegen die Braunauer Seite hin steil abstürzend, gegen Politz sanft hingesenkt. Von seinem jähen Abhange gegen die Braunauer Seite hin und der langen Erstreckung in gerader Linie erhielt der Gebirgszug seinen alten, nunmehr im Munde des Volkes verschollenen Namen Stěny (die Wände)`. (Braunauer Wochenblatt 07.12. 1867)


Auch im Falkengebirge dominieren die Felsen. Von Dörrengrund (Suchý Důl) auf der Südseite des Gebirges haben wir uns eine schöne Runde zurechtgelegt. Der Weg führt uns, zunächst über die Höhen sanft ansteigend, bald hinab in die Senke zwischen Heuscheuer und Falkengebirge. Dann plötzlich ein steiler Anstieg hinauf zum Kamm des Falkengebirges. Im Wald verteilen sich unzählige, von Moos besiedelte Felsbrocken, zwischen denen der Weg - oft die Richtung wechselnd – zur Abbruchkante auf der Nordseite Kammes hin zuläuft. Auch kleine Moore sind am Weg zwischen den Felsen anzutreffen. Ein Stichweg führt hinaus zur Koruna-Aussicht, an der uns ein prächtiger Ausblick über den Braunauer Kessel und die Gebirgszüge vom Eulengebirge (Góry Sowie) bis zum Reichensteiner Gebirge (Góry Złote) und auf die Heuscheuer erwartet. Zurück am Hauptweg folgen wir weiter dem Kammweg, bis uns die fortschreitende Zeit zur Rückkehr nach Dörrengrund mahnt. Bleibt man jedoch auf dem Hauptweg und wandert weiter in westlicher Richtung, werden die Sandsteinformationen immer imposanter und bizarrer, sind aber nicht vergleichbar mit denen der Felsenstädte in den Weckelsdorfer – und Adersbacher Sandsteingebieten. 

Die GPS-Daten der Wanderung durch die Braunauer Wände findet man hier.

In der letzten Zeit haben wir viele Felsgebilde in unseren Wanderrevieren besucht, im Böhmischen Paradies, in der Böhmischen- und der Daubaer Schweiz und natürlich auch im Lausitzer Gebirge. Mit Fug und Recht kann man sagen, dass die Adersbach- und Weckelsdorfer Felsen wohl all diese in den Schatten stellen. 

„Adersbach und Wekelsdorf bilden ein einzigartiges Sondergebiet wegen ihrer Felsenstädte mit Quadersandsteinbildungen, wie sie in diesen charakteristischen Formen und in solcher Ausdehnung in Nordeuropa nicht wieder vorkommen. Das Felsengebiet, ein Teil des Falkengebirges, liegt in der sog. innersudetischen Mulde zwischen Riesen-, Eulen- und Aldergebirge. Das Kreidemeer, das zu Kreidezeit den größten Teil der Nordostsudeten überschwemmte, errichtete vor Jahrtausenden diesen gewaltigen Quadersandsteinbau, aus dem Verwitterung und Auswaschung der nachfolgenden Festlandzeit die eigenartigen, über 100 m hohen Felsbildungen herausgearbeitet haben.“

Ein Naturreservat erstreckt sich über beide Felsenstädte, wobei die Adersbacher von den Weckelsdorfer Felsen durch die Wolfsschlucht (Vlci rokle) getrennt sind. Das Weckelsdorfer Areal ist etwas weitläufiger. 

„Die Wekelsdorfer Felsen sind an Größe und Mächtigkeit den Adersbacher Felsen überlegen. Sie sind erst seit 1824 zugänglich, als man durch einen Waldbrand auf sie aufmerksam wurde. Die hohen grauen Felsenmauern steigen wie eine Festung über dem Nadelwald auf; auf den höchsten Zinnen und in den Spalten des Gesteins wurzeln, scheinbar ohne Halt und Nahrung, einzelne Birken und Kiefern und allerhand Gesträuch. Das Innere der Felsenstadt besteht aus einem Gewirr von Gassen, Gängen, Treppen, Höhlen, Türmen; eisigkalte Schluchten mit nie schmelzendem Schnee wechseln mit grünen, sonnigen Plätzen; Seen, Wasserfälle und klare Bäche beleben das ganze Gebiet, dessen Urwaldcharakter an vielen Stellen noch erhalten ist. Wie im Dreißigjährigen Krieg boten die Felsen in der Kampfzeit von 1938 zahlreichen Sudetendeutschen Zuflucht.“ (Griebenreiseführer, Band 18, 1941)

Hier bitte das Bild Weckelsdorfer.png



Ansteigend von Weckelsdorf (Teplice nad Metuji) durchstreifen zunächst ein ziemlich zerklüftetes Plateau mit Felsgruppen unterschiedlicher Größe. Die zahlreichen kleinen verästelten Schluchten sind kaum überschaubar, zumal sich darin Baumbestand ausgebreitet hat. Die Formen der Felsgebilde ändern sich, werden mächtiger und bald gelangen wir hinaus auf die Höhen bei Johnsdorf (Janovice u Trutnova), von wo ein Teil des Sandsteingebietes zu überblicken ist und wandern nun von hier hinunter zu der eigentlichen Felsenstadt. Die mächtigen Wände und phantasievollen Felsennadeln versetzen den Zuschauer in Ehrfurcht und in Erstaunen über die kühnen Versuche der Bergsteiger, die diese Giganten zu bezwingen versuchen. 

Die GPS-Daten der Wanderung in die Weckelsdorfer Felsenstadt findet man hier.



Im Gegensatz zu den Weckelsdorfer Felsen erscheint das Pendant in Adersbach (Adršpach) filigraner und phantasiereicher in seinem Äußeren. Wie auch in Weckelsdorf tragen die meisten Gebilde ihrer Erscheinung nach einfallsreiche Namen, so begegnen uns das Liebespaar, der Bürgermeister und seine Frau, der Zuckerhut und viele andere. Durch die Felsenstadt führt ein ausgewiesener Pfad. Die Seitenwege sind gesperrt, so dass man nur diesen Pfad innerhalb der Felsenstadt begehen kann. Angesichts der Vielzahl von Besuchern und der schützenswerten Natur ist das in diesem Falle auch vollkommen in Ordnung.

Schon der Fernreisende Fürst Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau fand Gefallen an diesem quasi vor seiner Haustür liegendem Naturwunder:

‚Der streng richtende Fürst Pückler-Muskau hält es der Mühe werth, fünfhundert Meilen zu den Adersbacher Steinen zu reisen, und nennt sie „ein wunderbares Felsenlabyrinth, so weitläufig gewunden, so gegen alle Gesetze der Schwerkraft, so mythisch und über Alles, was er gesehen, phantastisch gestaltet, gleich einem abenteuerlichen Walde, in welchem Felsen die Stelle der Bäume vertreten, oder gleich einer Gnomenstadt, die einst eine dichterische Zauberkraft hervorgerufen.“ - „Und findet man auch anderwärts,“ fährt er fort, „noch größere Felsmassen, so imponiren die Adersbacher doch durch Form, Gruppirung und nicht zu übertreffende Seltsamkeit weit mehr, als ihnen sonst an Volumen wohl zehnmal überlegene. … Die verschiedenen romantischen Gebilde haben sich hier durch eine Revolution geformt, die man sich kaum als absichtslos denken kann. Man wird auf jedem Schritt versucht zu glauben, ein Riesengeschlecht, uns eben so sehr an Größe übertreffend, als der Walfisch die Forelle, habe hier einen Lustgarten von dem einzigen Theil des Naturreiches angelegt, der mit seinem Wuchs in einigem Verhältnis stand...‘ (Gerle, Wolfgang Adolph, ‚Der Reisegefährte in Adersbach‘, 1833)

Je nach dem, wie viel Zeit man sich für die Betrachtung dieses Paradieses nehmen möchte, benötigt man dafür 2-3 Stunden, gerade richtig für eine letzte Unternehmung vor Heimfahrt.

Die GPS-Daten der Wanderung in die Adersbacher Felsenstadt findet man hier.



In den Braunauer Wänden







An der Korona Aussicht





Historische Bilder am verlängerten Kammweg





In den Weckelsdorfer Felsen























 In den Adersbacher Wänden























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