Die Gegend um Böhmisch Kamnitz (Česká
Kamenice) ist reich an bewaldeten
Kuppen,
zwischen denen sich ausgedehntes Grünland ausbreitet. Von deren
Hanglagen nimmt man die wunderbarsten
Landschaftsbilder wahr. Davon möchten wir heute einmal erzählen.
Unser erstes Ziel ist der Kamnitzer
Schlossberg (Zámecký vrch),
ein Ausläufer des Sonnebergrückens.
„Er
bildet
einen an der
Spitze stark
abgestumpften
Kegel
aus Basaltgestein,
das nach
unten zu
plattenförmig.
oben aber mehr in
Säulen abgesondert ist, die sich nach verschiedenen Weltgegenden
hin neigen. Zur
Zeit, als die Steinburg ,,Kempnitz"
hier oben stand, schützten zwei
feste, mit einer hohen gezackten Ringmauer verbundene
Thore den
Aufgang.
Von
allen
diesen Befestigungen ist keine Spur
mehr vorhanden. Die
einzigen
Burgreste haben sich aus dem höchsten Felsgrate erhalten,
nämlich eine durch eine
Quermauer
getheilte, längl.
4eck. Ruine aus Stein
in der Höhe zweier Stockwerke
mit unregelmäßigen Fensteröffnungen,
s. u. ö.
davon noch Spuren von
Ringmauern. In
diese Ruine hat der Kamnitzer
Anpfl.-
u.
Versch.-V. einen hölzernen Aussichtsthurm
bis zur Höhe von 16
m
einbauen u.
gleichzeitig an
der Ruine selbst die nöthigen Ausbesserungen
vornehmen lassen; außerdem
hat er später einen
Keller u.
Unterkunftsschupfen
zu
Zwecken einer Sommerrestauration
herrichten
lassen, die im Thurme
selbst untergebracht ist.
… Die Aussicht
ist eine
vortreffliche. Jedoch
ö. u.
sö.
durch
die dominirenden Höhen
von
Blottendorf u.
Sonneberg
eingeschränkt.“
(Franz Hantschel, S. 156).
Wir begeben
uns von der
Nordseite auf den
Berg, wo der Wald offenbar nach beträchtlichen Sturmschäden
gerade beräumt
wird.
„Von der Stadt aus läuft südwärts ein Pfad zwischen Aeckern und Rasenplätzen sanft bergan und leitet den Pilger in den Nadelwald, der die schroffen Abfälle des Schloßberges auf allen Seiten bedeckt. Hier schlängelt sich an der Morgenseite der Höhe ein bequemer Fahrweg steil aufwärts, und sich in Schneckenform um den Felsgipfel windend, leitet er den Besucher zu den Burgtrümmern empor, die an der obersten Spitze des klippigen Basaltgesteins lagern.
Aus einem Kranze von Tannen, Fichten und Hainbuchen erhebt sich das fahlgelbe Gemäuer am schroffen Felsriffe, und eine für den Felsengrund üppige Vegetation bedeckt die umherliegenden sparsamen Trümmer. Vielfache Bäumchen, zum Theil schon wieder abgestorben, haben ihre Wurzeln in das zerrissene Gemäuer geschlagen; aus dem Fensterbogen blickt der Ahorn herab, und an den Wandgesimsen grünt freundliches Gesträuch. Dicht am Fuße der südlichen Burgfläche haben uralte und neuere Bergstürze schwindelnde Abgründe erzeugt, aus deren Wänden hin und wieder das Gerippe des Urgebirgs hervorstarrt, spärlich nur durch verkümmertes Strauchwerk verhüllt.“ (Heber, Franz Alexander, 'Böhmens Burgen, Vesten und Bergschlösser', Bd.II)
Der Aussichtsturm, der sich aus der Burgruine heraus erhebt, ist saniert und damit begehbar, von einer Restauration gibt es allerdings keine Spur (wer soll die auch betreiben?) und die Sicht gen Blottendorfer Kamm ist auch durch die Höhe der umstehenden Bäume eingeschränkt. Dafür besticht der stolze Rosenberg (Růžovský vrch), der nordwestlich die Blicke unweigerlich auf sich zieht und den Übergang zur Böhmisch-Sächsischen Schweiz ankündigt. Außerdem erhält man einen guten Überblick über die sanfte fein gegliederte Berglandschaft, die den Anschluss zum Böhmischen Mittelgebirge findet.
Beim
Abstieg vom Schlossberges
gerät der südöstlich gelegene
unscheinbare Forstberg ins
Blickfeld, dem wir uns nun zuwenden. In
der Senkung zwischen Schlossberg und Forstberg verläuft eine
alte
Bahnstrecke, die im Niederort
Steinschönau endet und noch als Museumsbahn betrieben wird.
Früher
wandte sich
die
Bahntrasse um den Steinschönauer Berg
(Šenovský vrch)
bis hinauf nach Steinschönau Oberort,
wo sie ihren Anschluss nach Böhmisch Leipa (Česká
Lípa) fand. Diese Strecken sind heute
stillgelegt. Am Steinschönauer Berg findet man noch das alte
Schotterbett und den Bahnhof von
Oberpreschkau (Horní
Prysk), der
jetzt
Wohnzwecken dient. Der
Abschnitt bis Böhmisch Leipa ist heute als Fahrradtrasse
ausgebaut.
Ein Fahrt auf dieser Strecke gilt Radlern
als ausgesprochen genussreich.
Wir lassen
unterdessen von den Wiesen an der
Ostflanke des
Forstberges die herrliche
Herbststimmung
auf uns wirken,
dabei blicken wir hinüber zum
Steinschönauer Berg), der
uns souverän
daran erinnert,
dass er an Höhe etwas überlegen
ist. Getrennt durch einen
breiten Sattel erhebt sich unweit in
südöstlicher
Richtung ein Basalthügel,
Sustrich (Rozsocha) genannt, der
früher mit einer Aussichtsplattform versehen war und
wo eine Sommergasstätte ihre Gäste bewirtete.
Die gute Aussicht zum Böhmischen
Mittelgebirge wird
hervorgehoben.
„Ringsum ist das abgerollte Gestein in
Form einer Mauer aufgeschichtet; Olivinknollen als Einschlüsse
sind
darin nicht selten. Auf der n. Seite führt der Weg zw.
Haselgesträuch empor zur Gipfelfläche,
die seit 1890 eine Schutzhütte trägt u. zum Teil terrassiert
u. mit
Bäumchen bepflanzt ist. zum Teil aus den Köpfen verwitternder
Basaltsäulen bienenwabenartig sich zusammensetzt u. mit
sprossender
Hauswurz dicht überzogen ist. Auf einer Einsenkung zw. zwei
Felszacken am ö. Rand steht ein Triangulierungsstein. Nö. unter
dem Gipfel
hat
der
Besitzer
(ein Insasse aus
Ullrichstal)
zw. dem
Basaltgestein
einen
Kellerraum für
die Gastw. hergerichtet. Die Aussicht ist nur
ö. gegen
den
bewaldeten
Sonnebergrücken
aufgehalten, sonst aber eine
ungemein befriedigende,“
(Dr. Hantschel)
Anfang des 20. Jahrhunderts war die Abtragung des Felsenam
Sustrich zur
Schottergewinnung vorgesehen. Dies konnte glücklicherweise
verhindert werden.
Jenseits der Straße von Böhmisch Kamnitz nach
Sandau (Zandov) erhebt
sich eine weitere basaltische Kuppe, der Heidelberg oder auch
Henne
genannt (Hana). So rar an Pfaden, die vom Forstberg in das
dazwischen liegende Tal führen, ist
auch das
Angebot an Wegen
zum Gipfel des Heidelberg. Man muss
schon
einen ganz schönen Anlauf nehmen, um das ausgedehnte, von Wiesen
überzogene Gipfelplateau zu erreichen. Den Steilaufstieg
querfeldein
zum Gipfel haben wir jedoch gern
in Kauf genommen, denn beim folgenden
Abstieg auf der Westseite des Berges
werden
wir mit einer anrührenden Aussicht
belohnt, die uns zu einem willkommenen
Verweilen einlädt. Unterhalb vor uns hingestreckt liegt der
Sattelberg (Sedlo), links davon Rosenberg und Huttenberg
(Strážiště),
rechterhand die Felspartien der
Böhmischen Schweiz. Wir erleben ein herbstliches
Idyll, von welchem
wir auf dem Rückweg nach Böhmisch
Kamnitz
noch eine ganze Weile
zehren.
Am Ende der Tour belohnen wir uns
noch mit einem frisch gezapften Bier und einem Imbiss in der
Privatbrauerei von Böhmisch Kamnitz. Es ist unglaublich, wie
viele
derartige Brauereien in der näheren Umgebung aus dem Boden
geschossen sind, die offenbar alle gut existieren können (wie
machen die
das?). Derzeit sind uns (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) in
unserer Wanderregion nachfolgend angeführte Bräuen bekannt:
Böhmisch Kamnitz, Schönlinde, Friedland, Warnsdorf, Böhmisch
Zwickau, Rohozec (Turnau), Swijan,
Kloster an der
Iser, Lobesch, Maffersdorf, Großpriesen – und alle verstehen
sich
auf die Herstellung eines süffigen Gerstensaftes. Darauf
ein kräftiges Prosit!
Die GPD-Daten zu dieser Tour
findet man hier.
Auf dem Schlossberg
Im Umfeld des
Heidelberges
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen