Freitag, 29. März 2019

Wanderung von Künast über den Hirnser Großteich in die Karbenschlucht

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Es ist Märzenbecherzeit und so wollen wir der Karbenschlucht (Peklo) seit langem wieder einmal einen Besuch abstatten und zugleich einige am Wege liegende Sehenswürdigkeiten aufsuchen. Zunächst wandern wir von Künast (Sosnová) durch das Harmonietal (benannt nach einer Leipaer Ferialverbindung, die sich zu ihrem Andenken an einem Felsen verewigt hat) nach Zückmantel (Lesna). Hier lebte einst der Alchimist Georg Abert.

Georg Abert lebte in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts, hat sich erwiesenermaßen mit Vorliebe dem alchimistischen Gebiete zugewendet und das Felsenhaus in Zückmalnel für seine Zwecke eigens erbaut und eingerichtet. Noch jetzt sieht man zahlreiche Gewölbe und allerlei Spuren von Öfen, welche zn alchymistischen Zwecken gedient haben mögen. Überdieß soll es noch Phiolen nnd Retorten geben, welche zu demselben Zwecke verwendet wurden. Insbesondere darf, wie man sagt, eine Phiole nicht geöffnet werden, weil sie sonst einen ganz unausstehlichen Gestank verbreiten würde.

Am wichtigsten ist ohne Zweifel eine große Sammlung alter Bücher, welche sich durchgehends mit mathematischen, medicinischen, naturhistorischen und alchymistischen Gegenständen befassen. Ich selbst sah bei einem Besuche mehr als zwei Körbe solcher Bücher, und zwei weitere Körbe können, wie es heißt, noch mit Büchern gefüllt werden. Darunter sind die „Geheimnisse der Natur“ von Gabriel Fallopia, dem hochberühmten Medicus in Padua, der „Zauberarzt von Kräutermann", ein „Chymischer Handleiter", Munsicht‘s „Medicinisch-Chymische Schatz- und Rüstkammer", ferner die „Philosophie Salomonis, durch den großen und kleinen Bauer, wahren Besitzer des königlichen Steines" und viele, viele andere Schriften, die bei den Alchymisten beliebt waren. Auch die Werke des Theoph. Bombastus Paracelsus sind vorhanden; auf dem Deckel dieses Buches befindet sich ein sehr altes, beschriebenes Pergamentblatt, sowie der Bericht über einen chemischen Versuch. …
Außer der Bücherei hat Abert verschiedene Steine - zum Theil für theueres Geld - sich verschafft, aus denen er angeblich Gold machen wollte. Nach seinem Tode hat der Sohn und Erbe gegen zwei Fuder solcher Steine, für welche er keine Verwendung wusste, vor der Thüre seines neben dem Steinhause befindlichen Häuschens in die Erde eingegraben. Und es fehlt auch nicht an Leuten, welche sich der Meinung hingeben, daß diese Steine noch einmal zu Ehren kommen könnten. Warum hätte man sie denn so sorgsam vergraben, da man doch mit viel geringerer Mühe irgend einen Hohlweg mit denselben hätte pflastern können !“ (Amand Paudler, „Forschungen und Wanderungen im nördlichen Böhmen“, 1889)

Über eine leichte Anhöhe erreichen wir bald den Hirnser Großteich. Der Ausblick über den Teich auf die Szenerie mit Bornayberg (Borný), Bösigen (Bezděz) und Ruine Habstein (Jestřebí) ist zwar romantisch, aber durch die Witterungsverhältnisse leicht getrübt. In der Karbenschlucht spielt das keine Rolle. Die Märzenbecherblüte beginnt gerade erst, so dass die flächendeckenden Blütenteppiche noch nicht zu sehen sind. Dafür interessieren wir uns für diverse Höhlen und Felsenwohnungen und legen einen Abstecher zur alten Burganlage Fridland ein, die einst auf den Felsen über der Schlucht thronte.

Den hohen, steilen Felsen begrenzt an der Ost-und Südseite der tiefe, düstere Höllengrund, an der Nordseite ein tiefer Graben, und westlich, wo derselbe durch einen Kamm mit der Hochebene zusammenhängt, zwei tiefe, breite in Sandstein ausgehauene Wallgräben, welche die Veste auch von diesem Punkte aus unangreifbar machten. Auf der äußersten Kante ostwärts erhob sich die Hochburg, welche dreihundert Schritte im Umfange hatte und von einem ziemlich hohen Erdwalle umgeben wurde, der auch ehemals von Ringgemäuer verstärkt sein konnte, da man hie und da, besonders aber an der Westseite häufig Bausteine findet, die doch kaum durch Zufall hier her gekommen sein mögen. Auf der obersten Fläche des Felsens gewahrt der Alterthümler zwei viereckige, in Stein gehauene Vertiefungen, welche zu Kellern verwendet sein mochten, und da hier nicht die geringste Spur von Mauerwerk zu finden ist, so waren die hiesigen Burggebäude höchst wahrscheinlich nur aus Holz errichtet. Die Hauptzufahrt führte von Abend her über zwei Wallgräben zur Hochburg durch die sogenannte Vorburg, welche selbst durch einen 10 Klafter breiten Graben, in welchem noch Spuren der ehemaligen Brückenauflagsmauer zu zu bemerken sind, von jener getrennt war und für die frühere Bedeutenheit Fridland‘s untrüglich das Wort führt. Die Aussicht von der Höhe ist, besonders an heiteren Tagen, sehr erquickenden Charakters. Oestlich erblickt man das imposante Neuschloß, welches in der Ferne der doppeltbethürmte Bösig überragt; tief zu den Füßen breitet sich das liebliche, von dem in‘s üppige Erlengrün eingehüllten Bächlein durchschlungene und von malerischen Sandfelsen umgrenzte Thal aus, in dessen Hintergrunde die so häufig besuchte Karbe, an ein hohes Felsenriff gelehnt, hervorblickt. Näher sieht man am Eingange des Höllengrundes die einsame Karbenmühle, deren lustiges Geklapper mit der heiligen Ruhe dieses Ortes einen angenehmen Contrast bildet, während nach allen übrigen Seiten ein dichter Nadelwald die Trümmerstätte umgibt und den Beobachter unwillkürlich zu der Bemerkung geleitet, daß der Gründer Fridland‘s ein unfreundlicher, menschenscheuer Mann gewesen sein müsse, da er solch‘ eine Wildniß zu seinem Aufenthalte auserkoren.“ (Franz Alexander Heber, „Böhmens Burgen, Festen und Bergschlösser: Vierter Band, 1846)

Heute ist es aufgrund des Waldbestandes schwer vorstellbar, dass früher von dem Standpunkt der Burg das Schloss Neuschloss und die Bösige zu sehen waren, der Blick hinunter in den Höllengrund ist jedoch bemerkenswert. Durch den mit hohen Felsen besäumten Wassergrund (Studená rokle) kehren wir mit einigen, durch Windbruch verursachten Hindernissen zurück in die Karbenschlucht. Nach wenigen Metern müssen wir jedoch feststellen, dass der weitere Weg gesperrt ist. Ein Felssturz hat den Pfad offenbar unpassierbar gemacht. Schade, denn der Höllengrund ist ein schönes romantisches, naturbelassenes Tal

Das Labyrinth von grotesken Felsmassen, welche der Höllengrund und seine Seitenthäler einrahmen, war wohl ursprünglich eine monotone Ebene von horizontal liegendem Sandgestein, wurde aber durch die zerstörende Kraft des Wassers allmälig vielfach geklüftet, so daß die übrig gebliebenen Felspartien als Ruinen eines zerstörten Landstriches zu betrachten sind.“ (Mitteilungen des Nordböhmischen Excursions-Clubs, Viertes Heft, 1879, S. 208)

Wir verlassen daher das Tal auf der anderen Seite und wandern weiter entlang der oberen Abbruchkante dem Schluchtende entgegen. Auf einer Felszunge des westlich auslaufenden Sandsteinplateaus befindet sich oberhalb der Einschicht Laßmann eine herrliche, besuchenswerte Aussicht, von der sich ein weitläufiges Panorama auf die Stadt Böhmisch Leipa (Česká Lípa) und Umgebung öffnet. Nach ausgiebiger Betrachtung treten wir den Rückweg an, und gelangen durch Felstäler, die Künaster Gründe, wieder an den Ausgangspunkt unserer Tour.

Die GPS-Daten der Tour findet man hier.





Im Harmonietal



Das Felsenhaus in Zückmantel


Am Großhirnser Teich






Vogelwarte


      Klassischer Blick über den Hirnser Großteich


Am Hirnser Schlucken






In der Karbenschlucht














Bei den Resten der Burg Friedland



Durch den Wassergrund zurück in die Karbenschlucht







Schöne Ausssicht über der ehemaligen Einschicht Laßman





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