Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Unsere Wanderung auf dem Kegelweg (Kuželovka) führte uns auch zum Kamnitzberg (Kamenický vrch) und der Mariannenhöhe (Mariánská výšina) bei Reichstadt (Zakupy). Beide Örtlichkeiten sind mir als lohnenswerte Wanderziele in Erinnerung geblieben. Also habe ich mir die Aufgabe gestellt, beide Anhöhen mit einer Tour zu verbinden. Wie sich herausstellen wird, ist das nicht ganz so einfach.
Unter dem Schloss in Reichstadt befindet sich ein großzügiger Parkplatz, von dem aus wir unsere Wanderung antreten. Östlich von Reichstadt wurde ein Wegenetz als Naturlehrpfad ausgelegt, welches einen Einblick in den Tätigkeitsbereich Höheren Forstschule von Reichstadt geben soll. Diesem folgen wir zunächst. Auf dem Berge nämlich befindet sich ein still gelegter Basaltsteinbruch enormen Ausmaßes, der bereits schon früher touristisch erschlossen wurde und an einigen exponierten Stellen herrliche Aussichten für uns bereit hält.
„Vom Capuzinerkloster führt ö. die Kirchelstraße zw. Feldern mäßig bergan in 30 Min. zur Sct. Josephus Kapelle an waldiger Berglehne. Man hat von hier einen schonen Blick nach W. über Reichstadt. Die Capelle wurde, wie eine lateinische Inschrift ober dem Eingange besagt, 1698 von den, im Hofstaate der Großherzogin von Toscana befindlichen vielen italienischen Hofbediensteten err. und bald darauf mit einer Einsiedelei in Verbindung gesetzt, nach deren Aufhebung (1782) die Capelle bis 1834 geschlossen blieb. Im Innern der Capelle oberhalb des Einganges befindet sich ein halbkreisförmiges figurenreiches Bild, welches angeblich die Besitzer von Reichstadt aus dem Hause Berka darstellt. Neben der Capelle befindet sich das Schießhaus der Reichstädter Schützengesellschaft mit Gastwirtschaft, in welcher das Fremdenbuch der Reichstädter Berggesellschaft ausliegt. - Anstoßend n. an die Capelle ist der Kreuzberg mit Stationen, Ölgarten, Grotten. An ihm vorüber führt der bezeichnete, mit Spruchtafeln u. Ruhebänken versehene Weg zum Fuße des Kamnitzberges, eines bewaldeten basaltischen Kammes mit mehreren Kuppen, deren nw. (465 m), die sog. Platte, von der Reichstädter Bergges. im J. 1885 zu einem vorzüglichen Aussichtspunkte hergerichtet worden ist. Die Ersteigung der Kuppe selbst erfolgt auf Zickzackwegen neben einer mächtigen Basaltwand mit herrlichen Säulen in 15 Min. Unterhalb des Gipfels ist ein lieblicher Ruheplatz, die „Ferdinandsruh", zur Erinnerung an Kaiser Ferdinand, welcher den Berg besuchte. Ein anderer Ruheplatz, gerade über dem Steinbruche, der “Karlsplatz“, mit herrlicher Fernsicht, wurde 1893 geschaffen.“ (Franz Hantschel)
Die Josephus Kapelle ist wunderschön restauriert, der Kreuzweg jedoch nicht mehr auffindbar. Der Steinbruch hat gigantische Ausmaße, stellenweise treten die Säulen horizontal aus der vielgestaltigen Wand heraus. Das goldige Herbstlaub, welches die Büsche und kleinen Bäume tragen, die irgendwie an den Wänden ihren Halt suchen, kontrastiert lebhaft mit dem dunklen Basaltgestein. Von der Ferdinandsruh bietet sich nur ein eingeschränkter Ausblick über Reichstadt, aber von der Oberkante des Steinbruches öffnet sich ein tolles Panorama über die westliche Hemisphäre. Zu Hantschels Zeiten dürfte der Aussichtsplatz größer gewesen sein, möglicherweise war der Steinbruch noch weiterer Jahre in Betrieb und hat noch an dem Berg genagt. In Richtung Osten zum Rollberg verwehrt Baumbestand die Aussicht.
Wir steigen ab nach Deutsch Kamnitz, wobei Kahlschläge derzeit auch schöne Ausblicke gewähren. Weil wir Naturliebhaber sind, folgen wir nun weiter dem Naturlehrpfad in nördliche Richtung. Das war ein Fehler, denn leider befindet sich der Weg in einem miserablen Zustand. Man kann sich verirren, da er stellenweise total verwachsen ist und durch sumpfiges Gelände führt. Einzig das Haifischmaul (Žraločí tlama), ein Felsüberhang findet unsere Aufmerksamkeit. Wir sind froh, aus dem zunehmend sumpfigen Gelände wieder herausgefunden zu haben, doch auch der angedachte Weg, der uns jetzt von Neu Reichstadt nach Klemensdorf (Lasvice) bringen soll, ist dem Pflug zum Opfer gefallen und körperlich nicht mehr vorhanden. Klemensdorf selbst hat ein paar hübsche Fachwerkhäuser zu bieten. Weiter geht es nach Schiedel. Wie schon in den letzten Wochen mehrfach beobachtet, wurden auch hier die Wege an einigen Stellen von privaten Grundstückseigentümer eingezogen. Langsam nervt das. Wir finden eine Ersatzvariante zur Mariannenhöhe, auf der von Reichstadt kommend Kaiserin Marianne gerne lustwandelte (gemeint ist Maria Anna von Savoyen)
„N. vom Reichstädter Schlosse führt eine Lindenallee am sog. Pulverthurm l. vorüber in den ehem. herrsch. Thiergarten, einen waldbedeckten u. mit Spazierwegen durchzogenen Hügelrücken, der in der Mariannenhöhe (367m) seinen Gipfelpunkt u. zugleich einen schönen Aussichtspunkt hat. Derselbe ist nach der Kaiserin Maria Anna benannt, die hier mit Vorliebe weilte, u. trug bis in die jüngste Zeit ein Gloriett. Der Sandstein daselbst zeichnet sich durch das Vorkommen schaliger Geoden, sog. Gewitterkugeln aus, auf welche bes. durch den Kronprinzen Rudolf, welcher sie 1876 hier fand, die Aufmerksamkeit gelenkt wurde.“ (Franz Hantschel)
Die Aussicht nach Süden auf die Daubaer Schweiz ist durch Wald behindert, bzw. müsste man sich dafür eine geeignete Stelle suchen, gegen Norden aber genießt man von der Anhöhe eine breite Ansicht des Lausitzer Gebirges bis hin zum Jeschken.
Beim Abstieg nach Reichstadt fängt man sich den leicht verdeckten Anblick des Schlosses (Zámek Zákupy) ein. Es erzeugt zunächst keinen besonderen Eindruck. Das täuscht, folgt man der offiziellen Präsentation zu diesem Komplex
https://www.youtube.com/watch?v=SBBRF4IlnG8
Ich habe das Schloss selbst noch nicht besichtigt. Das soll im nächsten Jahr schleunigst nachgeholt werden.
Fazit: Kamnitzberg und Mariannenhöhe ja – alles andere nein.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
Auf dem Weg zur St. Josephus Kapelle
Eindrücke vom großen Steinbruch auf dem Kamnitzberg
Unterwegs auf Naturlehrpfaden
Ausblick zum Roll
Das Haifischmaul
Hübsche Häuser in Klemensdorf und Schiedel
Aussichten von der Mariannenhöhe
Noch ein Blick auf den Kamnitzberg und das Reichstädter Schloss
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