Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Bisher hielten wir den Planeyer Grund (Planý důl) mit seinen Felspartien für dem schönsten Ort im Daubaer Bergland. Jetzt, nachdem wir die Felsgalerie im Buckholzer Talkessel gesehen haben, sind wir uns gar nicht mehr so sicher. Aber der Reihe nach.
Kaiserwetter ist angesagt und so ist man gut beraten, sich als Wanderziel ein Örtchen zu erkoren, das garantiert herrliche Aussichten zu bieten hat. Heute haben wir uns für die Nedoweska (Nedvězi) im Daubaer Bergland entschieden. Der Berg zieht uns wegen seiner einmaligen Lage immer wieder an. Wir wählen einen neuen, unmarkierten Weg, der direkt hinter Draschen (Dražejov) über die Felder führt, auf denen sich die reifenden Getreideähren im Wind wiegen. Der Pfad, der dann hoch in den Weiler Nedoweska abzweigt, gehört nicht mehr zum offiziellen Wegenetz und so sieht er auch aus, man kommt gerade so durch. Der Weiler Nedoweska befindet sich in bevorzugter Berglage. Uns erstaunt immer wieder, mit welcher Leidenschaft und welchem Aufwand die Tschechen die alten Häuser hier in Schuss halten; es muss also Geld unter den Leuten sein. Aber es lohnt sich auch, sich in dieser romantischen Gegend zu engagieren. Der kurze Aufstieg zum Gipfel ist schnell bewältigt, so dass wir uns mehr Zeit für eine längere, erste Rast und den großartigen Rundblick nehmen können.
Der steile Abstieg vollzieht sich durch ein beachtliches Felsental, an dessen Flanken mächtige Sandsteinbrocken aufgeschichtet sind, allerdings in vertikaler Lagerung, was irgendwie skurril aussieht. Rechter Hand erblickt man vor dem Einstieg eine erhabene Felsnadel, die für Bergsteiger beachtliche Schwierigkeitsgrade anzubieten hat, es ist der Turm bei Nedoweska (Věž u Nedvězí). Am Fuß der Felszinne wurde eine kleine Gedenkstätte für tödlich verunglückte Kletterer eingerichtet.
Unser nächstes Ziel ist der Berg Ratsch (Ráč), der nach Süden und Westen hin steil zum Buckholzer Tal abfällt. Auf dem Plateau ist eine Aussichtsplattform eingerichtet, von der sich ein schöner Blick über das Tal und die darin liegenden Felsen bietet. Zunächst passieren wir ein Felsmassiv, auf dem einst die Felsenburg Sackschen (Zakšín) gehaust hat. Durch einen schmalen Kamin quält man sich hinauf zum Dach des Felsblocks. Hier findet man noch ausgehauene Räume und Grundrisse der ehemaligen Behausung im Gestein. Man kommt immer wieder ins Grübeln, wie die ehemaligen Besitzer auf die Idee kommen konnten, in dieser ungewöhnlichen Lage ihre Domizile aufzuschlagen und wie sie das technisch vollbrachten. Gesichert ist aber auch, dass die Burg seit Mitte des 15 Jahrhunderts bereits als wüst gilt. Wahrscheinlich war es den damaligen Eigentümern doch zu ungemütlich auf ihrem Herrschaftssitz.
Nun beginnt der überraschende Teil der Wanderung. Auf dem Weg zwischen dem Burgareal und dem Aussichtsplateau zweigt unauffällig rechts ein Pfad ab, der unterhalb des Aussichtsfelsens vorbei läuft und sich etwa 2,5 km an dem Felsenkranz entlang schlängelt, der das zerklüftete Tal auskleidet. Zwar fällt das Gelände stellenweise steil zum Tal ab, aber mit ein wenig Vorsicht ist der Weg unbedenklich zu begehen. Mächtige Wände und Sandsteingebilde bekommt der Wanderer zu sehen. Der Weg führt um vorgeschobene Riffs herum und ändert häufig die Richtung. Unter den Felsüberhängen sind von Naturburschen (*innen) zahlreiche Boofen und Rastplätze eingerichtet worden. Die Krönung ist eine Laube, mit allem was dazu gehört. Dass nun ausgerechnet zwischen den trockenen Kiefern immer auch Feuerstellen angelegt sind, ist angesichts der derzeitigen Waldbrandlage in der Böhmisch-Sächsischen Schweiz ziemlich unverzeihlich. Nach ca. eineinhalb Stunden haben wir den Parcours geschafft und sind eigentlich traurig, dass die Partie schon zu Ende ist. Man schwört sich, in jedem Fall hier wieder einmal her zu kommen.
Über blühende Bergwiesen wandern wir hinunter nach Wosnalitz (Osinalice), wohl wissend, dass es hier weit und breit keine Kneipe gibt, in der man den Durst stillen könnte. Vor Jahren hat uns hier einmal ein alter Zausel über den Gartenzaun ein Bier verkauft. Kaum wagt man zu hoffen, dass der noch anzutreffen ist. Aber, es gibt ihn noch und er hat in seinem alten Fachwerkhaus sogar eine kleine Gaststube, in die wir einfliegen dürfen, richtig kultig ist es hier. Dass hier nicht mehr viel über den Tisch geht, sieht man daran, dass die Bierflaschen erst einmal entstaubt werden müssen. Wir wünschen dem alten Herrn noch ein langes Leben, auf dass diese gelobte Einkehr noch ein Weilchen erhalten bleibe.
Auf den letzten Kilometern hinauf nach Draschen geht es noch einmal richtig zur Sache. Anfänglich ist der Pfad durch eine kleine Schlucht noch gut zu erkennen. Bald aber liegen die Bäume kreuz und quer und wir müssen durch Unterholz und altes Reißig kriechen. Dem einen oder anderen würde wahrscheinlich der letzte Zahn gezogen werden, könnten wir nicht versprechen, dass am Ende dieser Strapaze auch schon unser Ziel in Draschen erreicht ist.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
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