Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Im Herbst wandern wir gerne im Isergebirge, wo der goldene Blätterzauber so richtig zur Geltung kommt, am schönsten in den Buchenwäldern im nördlichen Teil des Gebirges. Heute probieren wir es einmal an der uns bisher wenig bekannten Westseite und sind überrascht, dass auch hier die Hänge in den buntesten Farben glühen. Wir starten in Katharinberg (Kateřinky).
„Eine Stunde von Reichenberg entfernt, liegt in einem wildromantischen Tale des Isergebirges das Fabriksdorf Katharinberg. Durch das Tal, welches auch die „Reichenberger Schweiz" genannt wird, fließt die Schwarze Neiße, ein wilder, über zahlreiche Granittrümmer dahineilender Gebirgsbach, der im Rechstielloch beim Oelberg entspringt, mehrere kleine Gebirgstwässer aufnimmt und bei Alt-Habendorf in die Görlitzer Neiße mündet. Längs des rechten Ufers der Schwarzen Neiße führt die Katharinberger Bezirksstraße höher ins Gebirge. rechts und links von steilen Berggehängen umgeben, die teils dicht bewaldet sind, teils in nackten Felsen hervortreten. Besonders bemerkenswerte Höhenpunkte sind der Drachenberg mit dem „Drachsteine" (674 m.), aus dessen Plattform sich drei kesselartige Wettermulden (sog. „Opfersteine".) befinden und der Reitstein, ein mächtiger, sich steil emportürmender Granitfels mit hufeisenförmigem Eindrucke.“ (Heimatskunde des Reichenberger Bezirkes: Stadt und Land)
Ziel ist zunächst der Drachenstein.. Es geht aus der Ortslage gleich ziemlich steil nach oben. Ein kurzer Stichweg führt zur Martinswand (Martinská stěna), einem schönen, erschlossenen Aussichtsfelsen, der von einem alten Amphitheater umgeben ist. Es hat lange gedauert, um über diese Örtlichkeit überhaupt Informationen in der Literatur zu finden:
„Wir verfolgen den gepflegten Weg weiter und stehen mitten im Walde plötzlich auf freiem Platz. Ein grüner Zaun bewacht Bänke und eine Art Einsagekasten, während im Waldboden der Grundriß eines Hauses durch Bretter und Balken angemerkt ist. Bühne und Zuschauerraum eines Waldtheaters! Da muß auch die Martinswand, nach der es benannt wird, in der Nähe sein! Und richtig führt uns ein Felsentor bald auf die Höhe des Felsens. Eine Bohlenbrücke verbindet die beiden auseinander klaffenden Blöcke, daher der Name »Spaltstein«. Ein starkes Eisengeländer behütet vor dem Absturz. Jäh fallen die Wände hinab in das Tal der Schwarzen Neiße.“ ("Wanderungen um Reichenberg, Erinnerungen an eine unvergessene Landschaft", Josef Preußler)
Wir nehmen unseren Weg wieder auf und wandern weiter durch schönen Herbstwald zum Drachenstein (Dračí vrch)
„Dieser aussichtsreiche und malerische Felsgipfel wird von Reichenberg aus entweder über Katharinberg oder über Ruppersdorf und die Fichtelschenke in 12 Stunden erreicht. Der früher schwer zugängliche Gipfel wurde ebenfalls erst im verflossenen Jahre mit Genehmigung der Gutsherrschaft vom D. G.-V. zugänglich gemacht und mit Stufen und einem Eisengeländer versehen. (vermutlich 1902) … Die Granitfelsmasse hat eine Höhe von 20 Meter und sieht von mehreren Seiten, namentlich von der Waldstraße im Tiergarten aus, einer Ruine täuschend ähnlich. Die Plattform weist mehrere kesselartige Vertiefungen von 1 Meter im Durchmesser und 84 Zentimeter Tiefe mit Abflußrinnen auf, welche fälschlicher Weise als Opferkessel hingestellt wurden. Die Rundsicht vom Gipfel ist prächtig, besonders schön ist der Blick in das dicht bevölkerte Neißetal und auf Reichenberg.“ (Franz Hübler, „Unsere Bilder“)
Auch die Ansicht der Spitzberg- und Hohenwaldgruppe bis in die Oberlausitz ist erwähnenswert. Es folgt ein steiler Abstieg in das Tal der Schwarzen Neiße mit folgendem Wiederanstieg zum Reitstein (Jezdec), auf dem einmal eine Burg gehaust haben soll.
„Eines der landschaftlich schönsten Thäler der Umgebung Reichenbergs ist das Katharinberger Thal. Es wird von der Schwarzen Neiße, einem Wildbache, dessen Wasser für viele Fabriken nutzbar gemacht wird, durchflossen und von steilen, hohen Waldhängen umsäumt. an denen zahlreiche kleinere und größere Felsgruppen zutage treten. Unter den letzteren verdient insbesondere der Reitstein erwähnt zu werden, ein mächtiger Felsausbau, dessen senkrechte Granitmauern bis zur Katharinberger Straße am linken Ufer der Neiße herabreichen. Der Name des Felsens ist nahezu allen Bewohnern Reichenbergs und der Umgebung geläufig. Da aber der Zugang zum Felsgipfel in den letzten Jahren schwer auffindbar war, wurde der Reitstein nur selten aufgesucht. Über Anregung unseres Gebirgsvereines hat die gräflich Clam-Gallas‘sche Herrschaftsverwaltung sich veranlasst gefunden, einen prächtigen Weg zum Reitstein zu bauen. Durch denselben ist einerseits der sagenumwobene Felsen der Vergessenheit entrissen, anderseits aber sind die zahllosen Ausflügler dem Herrn Grafen Franz Clam-Gallas zum wärmsten Danke für die Erschließung dieses Gebirgstheiles verpflichtet worden. Die Weganlage selbst wurde besonders von dem Herrn Oberförster Walter und Herrn Förster Michler so eifrig befürwortet und gefördert, dass dieselbe schon im Herbste des verflossenen Jahres ihre Fertigstellung finden konnte.“ (Josef Matouschek, „Vom Reitstein“)
Weiter geht es durch Herbstwald vorüber an Buschmüllers Kreuz (Mlynářův kříž) und dem Schmiedstein (Skalní útvar Kovadlina), dem wir wenig Beachtung schenken, weil schon das Gemäuer der schön restaurierten Liebig Warte (Liberecká výšina) lockt. Unsere Vermutung, hier auftanken zu können, hat uns nicht getäuscht. Zu erledigen ist noch der Rückweg über Ruppersdorf (Ruprechtice) nach Katharinberg. Beim Austritt aus dem Wald in Ruppersdorf treffen wir auf eine Wallfahrtsstätte
„Der Ruppersdorfer Gnadenort als Wallfahrtsort ist weithin bekannt. Der netten Schule gegenüber führt ein Weg zu einer Kastanienallee mit Kreuzwegstationen empor, an deren Ende sich das sogenannte „Bild“ befindet. Andächtige kamen besonders in früheren Jahren in großen Prozessionen zum Bilde herangezogen, darunter viele, die Heilung ihrer Gebrechen oder Krankheiten zu erlangen hofften wenn sie sich mit dem Wasser des daselbst befindlichen Brunnens benetzten.“ (Heimatskunde des Reichenberger Bezirkes: Stadt und Land)
Die Entstehung des „Bildes“, welches nur noch als Torso erhalten ist, ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Ein Herr aus Ruppersdorf ließ 1807 aus Dank für seine Genesung eine Kalvarie mit Marienstatuen und dem Heiligen Johannes am Brunnen errichten. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde auf dem Hügel eine Kirche erbaut, zu welcher der Kreuzweg heute direkt hinführt. Von dem Kirchhügel, auf welchem zahlreiche Einheimische lagern und die Herbstsonne genießen, schauen wir noch einmal über das Neißetal bis hin zum Jeschken und entschwinden dann über die Kastanienallee von der Szene.
Den GPS-Track zu dieser Tour findet man hier.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen