Naturwunder ...: Über den Rolleberg nach Schemmel (Nordböhmen)

Sonntag, 6. November 2016

Über den Rolleberg nach Schemmel (Nordböhmen)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Bei einer früheren Wanderung zu Kaltenberg (Studenec) und Wüstem Schloss (Pustý zámek) zeigte sich von den Hängen des Himmertschberges (Lipnický vrch) das wunderbare Panorama der Böhmischen Schweiz. Zwischen Ottenberg (Větrný vrch) und Schäferberg (Ovčák) ist ein kleiner Höhenzug eingeklemmt, der unsere Aufmerksamkeit erregte, weil er namentlich auf den Karten nicht bezeichnet ist. Es handelt sich um den doppelgipfligen Rolleberg, der angabegemäß aufgrund seiner Bedeutungslosigkeit keinen tschechischen Namen trägt. Das wollten wir uns einmal genauer ansehen. Der Gipfel schließt mit dem sog. Bilfertstein (Skalka) ab, ein skuriles Felsmassiv mit der Besonderheit, dass der Sandstein mit widerstandsfähigen Quarziten durchsetzt ist, die dem Fels stellenweise eine rostrote Färbung verleihen. Der Berg ist mit Quarzitblöcken übersät, weshalb die darunter liegenden Wiesen früher auch Steinwiesen genannt wurden. Die Wiesen, die sich hinüber zum Ottenberg erstrecken, sind heute von den Steinen befreit und werden als Weidegebiete genutzt.

Wir starten zu Hause an einem sonnenreichen Herbsttag. Schon in Teichstadt (Rybniště) ist zu erkennen, dass die Böhmische Schweiz im Nebel liegt. Haben wir auf die falsche Karte gesetzt? Vom ohnehin wenig aussichtsreichen Rolleberg sind Himmertschberg und Kaltenberg nur im Dunst zu erkennen, aber während einer Rast an dem von uns geliebten Ottenberg lichtet sich der Nebel und die Felspartien um Dittersbach (Jetřichovice), Huttenberg (Stražiště) und der davor liegende Tonelsberg (Borovina), der sich wichtig tuend vor dem Rosenberg (Růžovský vrch) aufbaut, zeigen langsam ihre Konturen.

Wir wollen hinunter nach Schemmel (Všemily). Mehrere, ziemlich wilde Täler führen hinab zum Unterlauf des Kamnitzbaches (Chřibská Kamenice). Da wir die Schweinsgründe (Svinské doly) schon einmal durchwanderten, wählen wir ein namenloses Paralleltal unterhalb des Großeberges (Borek), dessen Einstieg steil und mühsam ist, aber ein bisschen Abenteuer darf schon sein. Wir besuchen in Schemmel die Felsenkapelle und den alten Waldfriedhof, um alsbald durch die ebenso wilde Vejmutovkova rokle wieder hinauf an den Fuß des Ottenberg zu gelangen. Irgendwo Tief in der Schlucht wird das Gelände unwegsam, so dass wir über eine steile Flanke weglos zum Plateau hinauf kraxeln müssen. Der zivile Wanderer wählt die sichere Variante entlang des blau markierten Wanderweges durch die Schweinsgründe, der ihn sicher von Schemmel hinauf bringt. Die schöne Gegend zwischen Ottenberg und dem Tal des Kamnitzbaches wird in der Wanderliteratur viel zu wenig beachtet. Immerhin hatte Amand Paudler schon den richtigen Riecher, wenn er schreibt:

'Durch die Erschließung der Edmundsklamm ist den herrlichen Gründen am Kamnitzbache neuerdings in den weitesten Kreisen eine erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet worden, und man hat insbesondere zur unmittelbaren Verbindung zwischen Kamnitz und Herrnskretschen auch solche Partien herangezogen, welche bis dahin noch viel zu wenig oder auch gar nicht beachtet wurden. Gar keine Beachtung hatten vorher die „Schweinsgründe“ gefunden, obwohl sie für einen großen Theil der Nachbarschaft hochwichtig genug waren, selbst wenn man auch nur Holzleser und Beerensammler berücksichtigen wollte. Manchen heißen Sommernachmittag habe ich zur Zeit meiner Knabenjahre dort zugebracht und werde die dortigen Wälder, Lehnen und Leiten niemals vergessen. Und doch kannte ich damals das reizende Bild noch nicht, welches dem erstaunten Auge sich bietet, wenn man gegen Nieder-Windischkammnitz aus den Gründen heraustritt und sich rechter Hand gegen die fast theatralisch sich ordnenden Felsengebilde wendet!' (Ein Deutsches Buch aus Böhmen, Dritter Band)

Und immer thront der Rosenberg über der Kulisse, hätte Paudler noch ergänzen können.

Die GPS-Daten zu der Tour findet man hier.